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Neuer EU-Kommissar
Lord Hill - der gute Zuhörer

Der umstrittene designierte EU-Finanzkommissar Jonathan Hill ist in Großbritannien kein politisches Schwergewicht. Um den Posten in Brüssel hat sich der Konservative offenbar nicht gerissen. Seine Haltung zu Europa blieb bis dato undurchsichtig.

Von Jochen Spengler | 01.10.2014
    Jonathan Hill ist bislang weder durch dezidierten EU-Skeptizismus oder durch europafreundliche Töne aufgefallen. Allerdings begann die Politik-Karriere des heute 54-Jährigen bei einem bekennenden Europäer. Nach Privatschulausbildung und Geschichtsstudium in Cambridge heuerte Hill mit 26 als Berater bei Kenneth Clarke an, einem EU-freundlichen Konservativen, der als Minister in mehreren Kabinetten diente und sogar Schatzkanzler gewesen ist.
    Doch Jonathan Hill bleibt stets in der zweiten Reihe. Als Anfang der 1990er-Jahre der Maastricht-Vertrag ausgehandelt wird, arbeitet er als politischer Sekretär des damaligen Premierministers John Major; vorher und nachher ist er immer wieder in der Privatwirtschaft tätig für PR- und Kommunikationsunternehmen. Eine Beratungsfirma für Politik und Wirtschaft gründet er selbst und verkauft sie im Jahr 2006 für mehrere Millionen Pfund.
    In den Adelsstand erhoben
    Nach dem Sieg der Konservativen 2010 wird der einfache Bürger Hill in den Adelsstand erhoben. Im House of Lords schwört der neue Baron den Treueeid auf die Queen. Kurz darauf beruft ihn David Cameron als Unterstaatssekretär ins Schulministerium. Im Januar 2013 wird Lord Hill Vorsitzender des Oberhauses und hält in dieser Funktion wenig später die Trauerrede auf die verstorbene und umstrittene Margaret Thatcher: "Wie auch immer unsere Ansichten und unsere Herkunft sind - ich glaube wir stimmen alle darin überein, dass Frau Thatcher für das Land, das sie liebte, sehr viel bewegt hat, dass sie geholfen hat, Großbritannien wieder auf die Füße zu stellen und die politische Debatte formte."
    Lord Hill hat sich nicht um den Kommissars-Posten gerissen. Es gefalle ihm sehr gut zu Hause auf den Britischen Inseln, erklärt er noch einen Monat vor seiner Nominierung. Danach aber verspricht er, zur Stärkung Europas beitragen zu wollen. Ian Duncan, konservativer Europaabgeordneter sagt über Lord Hill, er sei gut vernetzt und: "Er ist ein guter Zuhörer und ein kluger Verhandler. Er ist mitverantwortlich dafür, Camerons Agenda durchzusetzen. Als Kommissar, so glaube ich, wird er fähig sein, zu sichern, was das Vereinigte Königreich für seine Finanzdienstleister benötigt. Das ist bedeutsam, denn es ist unsere wertvolle und lebenswichtige Industrie."