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Neuer Genuss für Quasselstrippen

Um die Wachstumsbranche Mobilkommunikation auf Kurs zu halten, suchen Hersteller ständig nach Neuerungen und Features. Ein Highlight der kommenden Weltmesse der Mobilfunkbranche "3GSM" wird der AMR-Codec sein, der Handynutzer mit gutem Klang verwöhnt.

Von Wolfgang Noelke |
    Für einen Feldversuch im letzten Herbst entwickelte das Team um den technischen Projektleiter bei T-Mobile, Dirk Kistowski, gemeinsam mit dem Mobilfunktelefonhersteller Ericsson die ersten Labormuster der Geräte, die nach dem so genannten "Adaptive Multi-Rate Codec for wideband speech" arbeiten, kurz AMR. Dies ist ein Standard, der die Verständlichkeit eines Telefongesprächs erheblich verbessern soll, so Dirk Kistowski:

    "Das Sprachsignal wird heute abgetastet aus dem Frequenzbereich zwischen 300 Hertz bis 3400 Hertz. Diese Sprachsignal wird für die Luft-Übertragung aufgearbeitet. Für GSM und UMTS wurde in den letzten Jahren ein neuer Sprachcodec, der AMR-Wideband Codec standardisiert, der jetzt in der netzseitigen Hardware und im Endgerät implementiert wird. AMR Wideband, das ist das Sprachsignal aus dem 50 Hertz Raster bis hinzu 7000 Hertz hoch, erhöht die Sprachenatürlichkeit im unteren Bassbereich. Der obere Bereich, die Hochtöne, verbessern deutlich die Sprachenatürlichkeit des Sprechers, was dazu führt, dass man sein Gegenüber deutlich besser erkennt, deutlich besser versteht, auch in Situationen, in denen es heute schwer ist, zu telefonieren, weil hohes Hintergrundgeräusch existiert oder ähnliches."

    Die Sprachverbesserung erfordert eine hohe Rechenleistung im Endgerät. Diese hohe Rechenleistung verzögert das Sprachsignal im folgenden kurzen Beispiel, indem zwischen normaler GSM-Qualität und der neuen AMR Qualität umgeschaltet wird. Im Echo der normalen Sprache erkennt man die Qualitätsverbesserung. Zunächst die GSM Qualität:

    "Wo wir jetzt gleich hin schalten ist Wideband-AMR, und was wir jetzt hören, ist der Standard, den wir im kommenden Jahr einführen."

    Der Unterschied zur normalen Sprache ist im letzten Echo kaum noch zu vernehmen. An der Übertragungsbandbreite, so Dirk Kistowski, soll sich angeblich nichts ändern:

    "Der AMR-Wideband Codec geht zwar hoch bis hinzu 23,85 Kilobit pro Sekunde, während der Narrowband AMR 12,2 Kilobit pro Sekunde arbeitet. Wir haben jedoch in Sprachproben, durch eigene Tests und durch Literaturrecherchen herausgefunden, dass bereits ein AMR-Codec mit 12,65 Kilobit pro Sekunde Übertragungsbandbreite eine signifikante Erhöhung der Sprachqualität bringt. Die Codecs darüberhinaus bringen im Bereich Sprachübertragung nur eine geringfügige Verbesserung, würde jedoch noch mal eine Verbesserung im Bereich Musikübertragung gewährleisten."

    Hier eine Demonstration, in welchem Rahmen sich die Übertragung von Musikstücken zwischen Mobiltelefonen verbessern könnte: zunächst ein Originalausschnitt, dann die Bandbreite im heute gültigen GSM-Standard, darauf folgt der Laborstandard für AMR, im Vergleich mit dem Originalton der Musik.

    Ungeübte Ohren nehmen nur einen geringfügigen akustischen Unterschied zwischen der AMR-Übertragung und dem Original war. Moderne Mobiltelefone, so Dirk Kistowski, seien heute schon in der Lage, die für das nächste Jahr geplante Softwareimplementation zu verarbeiten:

    "AMR-Wideband erfordert eine höhere Komplexität, einen erhöhten Processing-Aufwand im Terminal. In den neuen Generationen der Mobilfunkgeräte, den 2G-, 3G-Dual-Mode Endgeräten ist es jedoch kein großes Problem, da wir hier ja sowieso eine ausreichende Processing-Kapazität zur Verfügung haben. Das heißt, wir können diese Software, diese erhöhte Komplexität ohne signifikante Zusatzkosten in dem Terminal einbauen. Es ist dahingehend abwärtskompatibel, weil jedes Wideband-AMR-Endgerät auch einen niederratigen Codec implementiert hat. Falls kein Wideband-AMR Codec aufgebaut werden kann, wird automatisch, ohne dass der Endkunde das merkt, ein Narrowband-AMR Codec aufgebaut."

    AMR-Wideband ist jedoch hauptsächlich für den Mobilfunk gedacht, funktioniert auch mit ISDN Telefonen, dort aber nicht in der speziell für den ISDN-Bereich entwickelten sieben Kilohertz-Bandbreite:

    "AMR Wideband ist leider ein End-to-End-Standard, das heißt beide Teilnehmer müssen den AMR- Wideband-Codec unterstützen. Die heutigen ISDN-Telefone unterstützen den Wideband-AMR-Codec noch nicht. Eine Einführung im Festnetz ist auf jeden Fall denkbar, im ersten Schritt fokussieren wir uns jedoch auf die Einführung im Mobilfunknetz."