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Neuer Glanz für alte Klamotten

Eng, unmodern, löchrig - zerschlissene Kleidung landet oft in der Altkleidersammlung. Die aussortierten Klamotten werden zum Teil nach Afrika weiterverkauft. Dort werden alte Hosen und Pullis nicht weitergetragen, sondern kreativ umgestaltet.

Von Katharina Nickoleit | 04.09.2013
    Auf dem Altkleidermarkt von Nairobi gibt es wirklich alles an Textilien, was man sich nur denken kann, doch der Modedesigner Bonney Wanyera lässt die Vorhänge, Bettwäsche, Stofftiere, Schuhe, Gürtel und Unterwäsche links liegen und steuert stattdessen auf einen Stand mit Pullovern zu. Er ist auf der Suche nach Gebrauchtem um daraus Neues zu machen.

    "Etwas, das so verschmutzt ist, will normalerweise niemand kaufen, denn es muss erst aufwendig gereinigt werden. Aber ich nehme es, mir ist schon etwas eingefallen, womit ich die Flecken verdecken kann."

    Zufrieden packt Bonney den giftgrünen Pullover ein, auf dem ein Kugelschreiber ausgelaufen ist. Der 34-jährige Kenianer hat sich darauf spezialisiert Pullover, T-Shirts und Jeans zu bemalen und zu besticken. Am liebsten arbeitet er mit Baumwolle – die ist für das Klima in Afrika ideal. Doch Baumwolle ist ein wertvoller Rohstoff. Ihre Produktion verschlingt Unmengen Wasser, Düngemittel und Pestizide. Das macht neue, qualitativ hochwertige Baumwollkleidung selbst für gut verdienende Kenianer unerschwinglich.

    "Baumwolle ist sehr teuer. Wenn ich den Stoffe kaufen, nähen und dann noch bemalen würde, dann ist das ein langer Prozess und ich muss jeden einzelnen Schritt berechnen. Das würde bedeuten, dass meine Sachen zu teuer würden. Aber ich will, dass jeder sich meine Entwürfe leisten kann."

    Altkleider aus Europa und den USA haben in Afrika einen großen Markt. Zwei Drittel der Kenianer trägt ausschließlich Dinge, die in Europa und Nordamerika weggeworfen wurden. Es wird oft behauptet, dass die günstigen Altkleider die afrikanische Textilindustrie zerstören. Sie helfen ihr gewiss nicht auf die Beine – aber afrikanische Textilproduzenten haben mindestens genauso sehr mit dem Import billiger Neuware aus China zu kämpfen. Sie kostet ein Viertel weniger als in Afrika gefertigte Textilien. Die gebrauchten Textilien lassen sich nicht nur verschönern, manche liefern auch einfach Rohmaterial. Evi schneidet ein riesiges "American-Size-T-Shirt" immer im Kreis herum zu einem langen, schmalen Streifen. Daraus häkelt sie Hausschuhe.

    "Not macht erfinderisch. Ich hatte kein Geld um Garn zu kaufen, aber ich suchte eine Einkommensmöglichkeit. Dann hatte ich die Idee, ein altes T-Shirt auseinander zu schneiden. Und ich sah, oh, der Faden ist ja stabil genug um ihn als Garn zu verwenden und habe angefangen, ihn zu verwenden. Das funktioniert so gut, dass ich dabei bleibe."

    Das Material für die Hausschuhe kostet Evi 50 Cent, das Häkeln dauert einen Tag und die Nachfrage im weiten Bekannten- und Familienkreis ist gut.

    "Wenn das Wetter so kalt ist wie jetzt, dann wollen die Leute daheim nicht nur in Socken rumlaufen, aber auch ihre Schuhe nicht anbehalten. Deshalb wollen viele meine Hausschuhe haben. Ich verlange umgerechnet 4,50 Euro. Diesen Preis kann ich anbieten, weil das Material so günstig und recycelt ist."

    Bonney steht an seinem Pult. Auf der Jeans vor ihm entsteht nach und nach ein Gecko mit Flügeln. Bei genauem Hinsehen haben die Flügel die Form Afrikas. Dem Designer ist es wichtig, dass die abgelegten Kleider nicht einfach aufgetragen werden, sondern aus ihnen etwas Neues, Eigenes entsteht. Das Motiv Afrika taucht in vielen seiner Entwürfe auf:

    "Ich verwende viele Elemente aus der Popkultur, aber die Herausforderung besteht darin, nicht einfach etwas aus dem Westen zu kopieren. Dieses T-Shirt hat ein Rockthema, das siehst Du an dem Totenkopf. Afrika kommt hier: Diese Augenhöhle hat die Form Nordafrikas, das Nasenloch darunter den südlichen Teil. Und das andere Nasenloch ist Madagaskar."

    Diese Designersachen können sich auch junge Kenianer leisten.