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Neuer Konfliktherd am Schwarzen Meer?

Die blaue Bucht im Süden der Halbinsel Krim. Es ist Frühling. Zwischen den steilen Felsen an der Küste des Schwarzen Meeres blühen Zypressen- und Wacholderbäume. In der anderen Richtung, im Landesinneren, eröffnet sich ein prächtiges Bergpanorama. Der Blick reicht bis zu den Spitzen des 1200 m hohen Aj-Petri-Massivs.

Von Tatjana Montik und Florian Kellermann | 22.05.2004
    Aber die Idylle ist nicht vollkommen. Am Berghang erstreckt sich auf 3,5 Hektar ein Freizeitpark mit Wasserrutschen und Sprungtürmen, so hoch wie ein dreistöckiges Wohnhaus. Der so genannte Aquapark von Jalta – Hassobjekt für eine Gruppe von Krimtataren, die dieses Land für sich beanspruchen.

    Da unten im Dorf steht noch immer das Haus meiner Vorfahren. Mein Großvater hat es gebaut. Wir erheben keinen Anspruch darauf, obwohl wir es könnten. Ich bin vor 15 Jahren hierher gekommen und habe uns in die Liste für die Landverteilung eintragen lassen. Soviel Zeit ist vergangen, aber nichts ist passiert. Ich will selber bauen, von meinem Geld, aber dafür brauche ich Land. Ich habe vier Kinder: Glauben Sie wirklich, dieser Staat wird einem eine Wohnung geben?

    Deshalb hat Iset Memetov zusammen mit 150 Krimtataren hier, neben dem Aquapark, Land besetzt. "Samawaswrat" nennen sie es, zu deutsch: "Zurückeroberung". Von hier aus führen sie ihren Kampf um das Land ihrer Vorfahren.

    Bis zu ihrer Vertreibung vor 60 Jahren lebten über zwei Drittel aller Krimtataren an der Schwarzmeerküste. Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion durften sie aus ihrer Verbannung in Usbekistan zurückkehren. Etwa eine Viertelmillion von ihnen hat sich seither auf der Halbinsel angesiedelt, aber das Land ihrer Väter blieb für sie dabei Tabu. Der Grund dafür liegt auf der Hand: Der Süden der Krim gilt als das attraktivste Urlaubsgebiet der ehemaligen Sowjetunion. Entsprechend begehrt und teuer ist das dortige Bauland.

    Statt an der Küste wiesen die ukrainischen Behörden den Krimtataren Grundstücke im kargen Steppenland im Landesinneren zu. Ohne ihnen gleichzeitig Ackerland zu geben. Von Tag zu Tag wird die Stimmung unter den Repatrianten gereizter. Kein Wunder: Die Zeit für sie wird knapp. Vom kommenden Jahr an darf Land auf der Halbinsel Krim, das bis heute noch staatlich ist, verkauft werden. Die Filetstücke an der Küste werden sicher als Erste den Besitzer wechseln. Bereits heute verkaufen die örtlichen Behörden unter der Hand – in vielen Fällen an zahlungskräftige Russen. Dort, wo Krimtataren auf die Spur korrupter Lokalpolitiker kommen, greifen sie ein und besetzen Land. Lager wie das an der blauen Bucht erstrecken sich über die gesamte 200 Kilometer lange Südküste.
    Achtem Ibragimov ist heute 68. Die Vertreibung erlebte er als 8-Jähriger:

    In der Früh schlugen uns drei Menschen mit Maschinenpistolen die Türen ein. "Macht euch fertig", schrien sie, "ihr habt eine halbe Stunde Zeit!" Unsere Mutter fing an zu packen. Nach 15 Minuten trieb man uns aus dem Haus auf die Straße. Als die Mutter noch ihren Koran holen wollte, drohte man ihr mit der Pistole: "Noch ein Schritt, und du wirst erschossen!"

    Da sich die Sowjetunion im Krieg befand, gab es unter den Deportierten nur wenige Männer. Meistens waren es Greise. Die Truppen des sowjetischen Innenministeriums NKWD behandelten sie alle äußerst brutal. Auch bei Frauen und Kindern kannten die Soldaten keine Gnade. Wochenlang wurden die Menschen durch die heiße Steppe gefahren – ihrem unbekannten Schicksal entgegen. In von außen abgeriegelten Eisenbahn-Waggons, wo es weder Fenster noch Toiletten gab.

    Zu essen und zu trinken bekamen sie nur selten. Zum ersten Mal – nach einer Woche – ein Stück salzigen Stockfisch. Sehr viele Menschen starben. Die Waggon-Türen wurden dann ab und zu aufgeschoben, die Leichen einfach in die freie Steppe geworfen. Futter für die Schakale. Das Schluchzen verwaister Kinder - so erinnern sich Augenzeugen - wollte nicht aufhören.

    Am Ende der wochenlangen Fahrt fanden sich die Deportierten schließlich in einem abgelegenen usbekischen Dorf wieder, wo sie, Groß und Klein, im Bergwerk Wolfram-Erz abzubauen hatten:

    Gearbeitet haben alle, sogar die kleinen Kinder.Ausweise hatten wir nicht. Sie haben unser Alter geschätzt, und diejenigen, die ihnen groß genug erschienen, mussten ran. Zu essen bekamen wir so gut wie nichts. Unsere arme Mutter hat sich geplagt, uns vier Kinder am Leben zu erhalten. Zu zweit haben wir uns eine Erbse geteilt.
    Dass sie einmal in ihre geliebte Heimat, auf die Krim, zurückkehren würden – daran haben Achtems Landsleute nie gezweifelt. Und ihr Traum ging in Erfüllung – aber erst im Jahre 1989, kurz vor dem Ende der Sowjetunion.

    Achtem Ibragimovs Lebensbilanz fällt bitter aus:

    Seit 60 Jahren leben wir im Gefängnis. Und es wird nicht besser: Kaum ein Krimtatare bekommt in der Ukraine eine Arbeit. Irgendwann ist die Geduld am Ende - bei mir ist es soweit. Ich selbst habe ja nichts zu verlieren. Meinen Kindern zuliebe halte ich still. Aber wie lange noch?

    Solche unbestimmten Drohungen gegen den ukrainischen Staat werden zusehends populärer unter den Krimtataren.

    Die Ukraine, zu der die Krim heute gehört, ist das einzige Land der ehemaligen Sowjetunion, das einer unter Stalin vertriebenen Nation offiziell die Rückkehr wieder ermöglicht hat. Doch die Finanzmittel, die es für die Re-Integration ausgibt, sind spärlich – keine 8 Millionen Euro im vergangenen Jahr.

    Ein Gesetz über die Rehabilitierung des kollektiv verurteilten krimtatarischen Volkes gibt es allerdings in der Ukraine bis heute nicht. Das einstige Vermögen der Vertriebenen wird nicht zurückerstattet, von einer Wiedergutmachung für den erlittenen Schaden, den moralisch-menschlichen wie den wirtschaftlichen, ist keine Rede.

    In ihrem Widerstand gegen die bestehende Ordnung stützen sich die Krimtataren auf den Medschlis, eine Art inoffizieller Regierung der Krimtataren. Nadir Bekirov, Leiter der Rechtsabteilung des Medschlis, bezeichnet die Politik der Ukraine gegenüber den Krimtataren unumwunden als "Politik der Apartheid".

    Schauen Sie, früher hatten die Krimtataren fast eine Million Hektar Ackerland. Heute verfügen sie über gerade mal 118 000 Hektar. Ein Krimtatare besitzt im Durchschnitt nur sechs Prozent dessen, was ein Russe an Land hat. Wenn ich deshalb von Apartheid spreche, schmeiße ich nicht mit Sprüchen durch die Gegend, sondern ich beziehe mich auf die internationale juristische Definition.

    Ihre Regierung, den Medschlis, wählen die Krimtataren alle fünf Jahre. Doch bis heute verfügt dieses Gremium über keinerlei rechtlichen Status. Seine Vertreter lehnen es ab, sich als Verein oder als politische Partei eintragen zu lassen. Die ukrainische Regierung in Kiew ihrerseits ist ebensowenig bereit, den Medschlis als gewählte Vertretung der Krimtataren anzuerkennen.

    Immerhin richtete der ukrainische Präsident eine Vertretung des krimtatarischen Volkes ein, die ihn persönlich beraten soll. Dieses Gremium besteht aus den Mitgliedern des Medschlis. Aber eine bloße Beraterfunktion sei noch lange nicht genug, meint Nadir Bekirov.

    Eine der wichtigsten Forderungen des Medschlis ist die Anerkennung der Krimtataren als Stammvolk der Halbinsel. So wollen sie als Urbewohner der Krim an der Nutzung der natürlichen Ressourcen beteiligt werden. Außerdem verlangen sie für das Krimtatarische den Status einer offiziellen Sprache – und: die uneingeschränkte Möglichkeit der Schulbildung in dieser Sprache.

    Erklärtes Fernziel des Medschlis ist die Gründung einer autonomen krimtatarischen Republik.Wohl um keinen Anstoß zu erregen, treten sie in der Öffentlichkeit zurückhaltend auf. Refat Tschubarov, Vize-Präsident des Medschlis, gesteht zu, dass zum jetzigen Zeitpunkt für die Krimtataren ein eigener Staat wohl nur schwer zu verwirklichen sein dürfte:

    Das sehen wir ein: Einen nationalen Staat, sprich: einen Staat, gegründet nur durch eine einzige staatsbildende Nation "Krimtataren", wird es nicht geben. Aber wir verlangen gleichzeitig schon, dass der Status der Krim auch uns zufrieden stellen muss. Wir fordern Garantien für die Erhaltung der krimtatarischen Nation.

    Seit einigen Wochen kommt es auf der Krim immer häufiger zu gewalttätigen Auseinandersetzungen. Beinahe täglich berichten die Zeitungen von Messerstechereien, Anschlägen auf Friedhöfe und Denkmäler. Skinheads überfallen Krimtaren in der Hauptstadt Simferopol auf offener Straße. In Feodosia begossen Krimtataren darauf hin den verhassten Polizeichef mit Benzin und zogen ihn durch die Straßen der Stadt.

    Was die Behörden als harmlose Schlägereien bezeichnen, ist in Wahrheit die Entwicklung eines handfesten ethnischen Konfliktes. Auf der einen Seite Krimtataren, die ihre Rechte immer ungeduldiger durchsetzen wollen. Auf der anderen Seite die slawische, russisch-ukrainische Bevölkerung, die sich von den Re-Migranten zunehmend bedroht fühlt. Örtliche Zeitungen verschärfen die Spannungen noch, indem sie einseitig Partei ergreifen.

    Anstatt die Gemüter zu besänftigen, gießen auch einflussreiche Politiker immer wieder Öl ins Feuer. Iwan Schuwajnikov zum Beispiel, Fraktionsvorsitzender der Partei "Kongress russischer Gemeinden" im Krim-Parlament, ist so einer:

    Die Ukraine ist ein slawischer Staat, hier liegt der Ursprung des russischen Imperiums. Ukrainer und Russen, das sind Brüdervölker. Unser Glaube ist orthodox, wir finden immer eine gemeinsame Sprache. Mit den Moslems ist das nicht so einfach.

    Ihm pflichtet der ehemalige Parlamentssprecher Leonid Gratsch bei, Chef der Kommunistischen Partei auf der Krim.
    Die Deutschen, die Griechen, die Armenier, die Bulgaren – sie alle wurden von der Krim deportiert. Sie alle haben Schlimmes erlitten, aber sie brüsten sich nicht damit. Keine Volksgruppe stellt ihr Leid so zur Schau wie das die Krimtataren tun. Man sollte nicht so viel über die Probleme von Minderheiten reden – sondern viel mehr über den nationalen Radikalismus, der hier unter muslimischer Fahne gedeiht.

    Während sich die Politiker die Köpfe heiß reden, müssen die einfachen Leute täglich miteinander auskommen. Zum Beispiel in Potschtowoje, einem Dorf südlich von Simferopol. Mit seinen 3000 Einwohnern bildet es das Verwaltungs-Zentrum der umliegenden Orte.

    Die Hauptstraße von Potschtowoje ist vollgestellt mit Marktständen. Händler sind hier vor allem Krimtataren. Vor der Kulisse schmutziger Plattenbauten bieten sie in erster Linie Lebensmittel zum Kauf an.

    Die Klasse 7a aus der nahe gelegenen Schule hat sich zwischen den Marktständen an die Arbeit gemacht. Mit Schaufeln beseitigen die Zwölf-Jährigen das Gras, das durch die Fugen des Pflasters gewachsen ist. Zu einem Drittel bestehe ihre Klasse aus Krimtataren, erzählen die Jugendlichen. Ja, von den Ereignissen an der Küste und in Simferopol hätten sie gehört. Aber das habe keinen Einfluss auf die Atmosphäre im Schulalltag, sagt der Lehrer der 7a, Michail Domaschenko. Die Schüler nicken bei diesen Worten, aber nur, solange der Lehrer dabei ist.

    Mit einer ganzen Gruppe von Jungen ist sich der 12-Jährige Dima einig, dass Krimtataren in der Ukraine eigentlich nichts verloren hätten.
    Viele von den Krimtataren rauchen Haschisch. Und Metall klauen sie. Das wird schlimmer und schlimmer. Ich finde, die Krimtataren sollten in ihrem Land leben, dort wo sie geboren sind. In Usbekistan oder in der Türkei. So wie Russen in Russland und Ukrainer in der Ukraine leben sollten. Ich würde gerne nur mit Russen zusammen leben, das heißt in einem Land, wo es nur Russen gibt.

    Dass die Krimtataren schon lange vor den Slawen auf der Halbinsel gelebt haben - das wissen die Schüler nicht.

    Gegen Nachmittag verwandelt sich die Hauptstraße von Potschtowoje in ein Meer breiter Pfützen. Aus dem Klub der Veteranen, der Alten-Tagesstätte, untergebracht in einem der Plattenbauten, tritt eine alte Frau im roten Kordmantel auf die Straße – die 77-jährige Froßja Srelnik. Auf ihr Verhältnis zu den Krimtataren angesprochen zuckt sie nur die Achseln.

    Sie haben gut mit uns zusammen gelebt. Aber als die Deutschen gekommen sind, im Krieg, da haben sie denen geholfen. Deshalb sind sie auch ausgesiedelt worden. Heute erzählen sie, wie unglücklich sie sind. Dabei fahren sie gute Autos, und in den Weinbergen, in der Sowchose, arbeitet keiner von ihnen. Sie handeln, das ist alles. Und wenn sie bauen, bekommen sie Geld. Ich habe 40 Jahre gearbeitet, kriege 150 Rubel Rente - und mir hilft keiner.

    Am Stand von Alenora Deleschajewa gibt es Süßigkeiten, Hülsenfrüchte und Nudeln. Gerade packt sie Nudeln kilogrammweise in Plastiktütchen ab.

    Schokoladenbonbons hat ein kleiner Junge verlangt, Alenora schüttet sie in ein Töpfchen und hängt es an die kleine Federwaage. Sie ist nicht glücklich darüber, dass sie als Händlerin arbeiten muss. Sie habe einen Beruf, sagt die 22-Jährige, sie sei Chemielaborantin. Aber für Krimtataren wie sie sei es besonders schwer, einen Arbeitsplatz zu finden. Die Slawen, klagt sie, stellten Krimtataren nur ungern ein.

    Aber auch Alenora hat ihre Vorbehalte gegen die Slawen. Sie hält viele von ihnen für Trinker. Einen Russen oder Ukrainer würde sie nie heiraten, sagt Alenora.

    Erstens würden das meine Eltern nicht erlauben. Und zweitens gilt bei uns, dass wir Tataren untereinander heiraten sollen. Höchstens könnte ein Tatare, ein Mann, eine Russin heiraten. Sonst geht doch unsere Nation unter, wir sind ja nicht viele.

    Eine Reihe von Untersuchungen des UNO-Büros auf der Krim bestätigt das Bild, das sich in Potschtowoje bietet: Obwohl die gegenseitigen Vorurteile zunehmen, funktioniert das Zusammenleben bis jetzt mehr oder weniger, besonders auf den Dörfern. Auch der kleine Dima, der sonst ja am liebsten nur unter Russen leben würde, kauft sich nach Schulschluss bei Alenora ein paar Kekse.

    Das Schicksal der Krimtataren wird in diesem Jahr nicht zufällig so hitzig diskutiert. Im Herbst stehen in der Ukraine Präsidentenwahlen an – und die Krimtataren werden dabei zum Spielball unterschiedlicher politischer Gruppierungen. Auf der einen Seite unterstützt der Oppositions-Kandidat Wiktor Juschtschenko die Forderungen der Krimtataren – nicht zuletzt, um in der westlichen Welt seinen Ruf als Demokrat zu festigen. Er hofft auf massive Unterstützung aus den USA und der EU.

    Die Richtung Russland orientierten Kräfte bemühen dagegen das Schreckgespenst eines krimtatarischen Nationalstaates, um so die slawische Bevölkerung für sich zu mobilisieren und zu gewinnen. Unter den vielen Gerüchten, die derzeit auf der Krim gestreut werden, schürt besonders eines die Angst der Menschen: Tschetschenische Kämpfer hätten auf der Krim Ausbildungslager eingerichtet, in denen sie Krimtataren auf den bewaffneten Kampf vorbereiteten. Außerdem seien Prediger aus Saudi-Arabien unterwegs, um die Krimtataren zum islamischen Fundamentalismus zu bekehren.

    Dem großen Nachbarn Russland kommen solche Schauergeschichten offenbar nicht ungelegen.Denn solange die russische Mehrheitsbevölkerung auf der Krim Angst hat vor den moslemischen Re-Migranten, kann Russland sich seines Einflusses auf die Halbinsel und damit sogar auf die ganze Ukraine sicher sein. Hinzu kommt, dass Russlands Verhältnis zu den Krimtataren schon immer kompliziert war.

    Refat Tschubarov, Vize-Präsident des Medschlis:

    Unsere Position in Bezug auf Tschetschenien gefällt Moskau nicht, weil wir diesen Krieg offen verurteilen. Deshalb erzählen die Moskauer Politiker gerne: "Die Krimtataren unterstützen die Tschetschenen! Seid also auf der Hut: Sie können für die Ukraine genauso gefährlich werden wie die Tschetschenen für uns." Ich denke, Russland kann uns noch eine Sache nicht vergeben: dass wir lange Zeit die einzigen auf der Krim waren, die die Unabhängigkeit der Ukraine unterstützt haben.

    Auch der Westen versucht im übrigen, über die Krimtataren die Beziehungen zwischen der Ukraine und Russland zu beeinflussen. Nicht umsonst fördert die Stiftung "Renaissance" des US-Milliardärs George Soros die krimtatarischen Repatrianten. Vor einigen Wochen, im März, stattete Soros der Krim einen Besuch ab und traf sich im historischen Liwadija-Palast am Schwarzmeer-Strand mit führenden Vertretern des Medschlis. Mit Empörung reagierten auf dieses Ereignis die kommunistischen und pro-russischen Parteien.

    So auch der Chef der Krim-Kommunisten Leonid Gratsch, der seine Sicht der Welt verbreitet:

    Das alles gehört zum Kapitel: "Schwächung Russlands". Die USA wissen nur zu gut: Niemand außer Russland kann sich ihren globalistischen Plänen entgegenstellen. Damit Russland in Zukunft den Mund hält, anders als beim Irak-Krieg, muss man die restliche Welt wie eine Marionette lenken können. Die Ukraine soll sich möglichst bald aus allen Bündnissen lösen, die sie mit Russland eingegangen ist.

    Das Vertrauen in eine friedliche Lösung – im Protestlager an der Blauen Bucht, bei den Landbesetzern, nimmt es von Tag zu Tag ab. Immer kämpferischer werden die Töne. Gerade haben sie ein neues Transparent gemalt. "Vaterland oder Tod" steht darauf.

    Noch aber gilt: Auch wenn sie sich vielleicht nicht mögen: Bis jetzt leben Slawen und Krimtataren - vor allem auf den Dörfern der Halbinsel - friedlich nebeneinander. Aber Misstrauen, Missgunst und Vorurteile nehmen zu. Politiker, die ethnische Unterschiede für ihre Ziele missbrauchen, spielen mit dem Feuer. Die Ausbrüche an Gewalt, die sich bisher auf eine radikale Minderheit auf beiden Seiten beschränkt haben, können unversehens in eine weitere europäische Tragödie umschlagen.