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Neuer Lift ins All

Raumfahrt. - In Nashville treffen sich bis Donnerstag Vertreter aus Forschung, Industrie und Politik, um über die Zukunft der USA im All zu beraten. Im Vordergrund stehen dabei das Aus für die alternde Shuttle-Flotte, ein würdiger Nachfolger dafür sowie der Ausstieg aus der Internationalen Raumstation.

    Eine Hauptsäule auf dem Weg der USA ins All bilden die Space Shuttles - und das jetzt seit über zwei Jahrzehnten. Seit am 12. April 1981 die Columbia zur ersten Mission in den Orbit aufbrach, musste das Raumfahrtprogramm mit Challenger 1986 und Columbia 2003 zwei Totalverluste hinnehmen. Nach langer Verzögerung soll jetzt im Mai erneut ein Space Shuttle ins All aufbrechen. Noch im letzten Jahr hatte die US-Weltraumadministration Nasa stolz ihr so genanntes "Space Shuttle Service Life Extension Program" vorgestellt: das Konzept sollte die verbliebenen drei Shuttles Discovery, Atlantis und Endeavour fit für die Zukunft machen, um sie mindestens bis 2020 in Betrieb halten zu können. "2010 müssen die Raumschiffe rezertifiziert werden. Das ist mehr als ein TÜV - es wäre wie eine erneute Abnahme der Fähren. Aber an Kilometer von Kabeln in den Orbitern kommt man teilweise gar nicht direkt heran. Trotzdem müsste deren Isolierung dabei geprüft werden. Ebenso müsste das Metall der Außenhaut auf Korrosionschäden untersucht werden, denn die Shuttles stehen vor einem Start wochenlang auf ihrer Startplattform am Kennedy Space Center - also direkt am Atlantik, wo Wasser und salzige Winde den Raumfahrzeugen zu schaffen machen", erläuterte damals Raumfahrtexperte John Longsdon von der George Washington University in Washington, D.C. das Vorhaben. Doch daraus wird nichts, denn die Raumfahrt-Oldies sind angezählt. Hintergrund ist der von US-Präsident George W. Bush angekündigte Rückzug aus der Internationalen Raumstation ISS. Und wenn die Fähren ohnehin nur noch 28mal starten sollen, dann kann offenbar auf eine große Inspektion im "Life Extension Program" verzichtet werden. Entsprechend stellte die Nasa das Progamm denn auch ein.

    Auch ohne das zusätzliche Unglück der Columbia war die Raumstation der Weltraumadministration ein Dorn im Auge, denn das Prestigeobjekt hatte mit 100 Milliarden die geplanten Kosten um den Faktor 10 übertroffen. Das zweite Manko erläutert Alex Roland, Professor an der Duke-University und NASA-Historiker: "Außerdem bringt uns die ISS dem Mond oder dem Mars keinen Schritt näher." Doch angesichts wirtschaftlicher Krisen, internationaler Konflikte und Terroristenhatz und nicht zuletzt auch unter auseinander liegenden Meinungen zwischen Europäern und US-Amerikanern suchte George Bush nach neuen Visionen für die Zukunft. Wie weiland Kennedy fand er sie jenseits des Erdkreises: hinauf zum Mond, vielleicht gar zum Mars, so sein Credo. Zum Erdtrabanten soll dereinst ein neues Raumschiff reisen, das derzeit unter dem Arbeitstitel "Crew Exploration Vehicle (CEV)" firmiert. 14 Raumfahrer sollen damit zwar zu den Sternen, keinesfalls aber zur ISS aufbrechen - auf eine entsprechende Andockvorrichtung solle verzichtet werden, unterstrich die Nasa in ihrer Ausschreibung. "Wir müssen das neue Schiff zu allererst so auslegen, dass es seine primäre Mission erfüllen kann, nämlich zum Mond zu fliegen. Es ist aber noch nicht entschieden, ob es nicht vielleicht doch auch an die Raumstation andocken kann. Die beiden Abteilungen für das CEV und für die Raumstation stehen derzeit in Verhandlungen. Gerade die ISS-Abteilung ist sehr an einer Flugmöglichkeit zur Raumstation nach 2010 interessiert. Das Hauptziel des neuen Transporters wird jedoch der Mond werden", resümiert Carl Walz vom Nasa-Hauptquartier in Washington, D.C.

    Für Betreiber und Bewohner der ISS wird es daher eng werden. Denn ohne Space Shuttle und ohne deren Nachfolger entfällt die Last der Versorgung auf die Mitbetreiber Russland und Europa. Die betagten, aber zuverlässigen Sojus- und Progress-Transporter können aber gerade für den Unterhalt der heutigen ISS sorgen. Zwar wird Europa ab 2006 ebenfalls Nachschub in den Orbit schicken, doch selbst das wird kaum genügen, um die voll ausgebaute Station mit sechs Bewohnern zu unterhalten.

    [Quelle: Guido Meyer]