Innenpolitische Krise in Frankreich
Zurückgetretener Premierminister Lecornu wirft Parteien politische Blockade vor

Die innenpolitische Krise in Frankreich geht weiter. Nach dem überraschenden Rücktritt des neuen Premierministers Lecornu muss Staatspräsident Macron nun zum sechsten Mal innerhalb von zwei Jahren einen neuen Regierungschef suchen. Lecornu selbst macht den Egoismus mancher Politiker für seinen Abgang verantwortlich.

    Der scheidende französische Premierminister Sébastien Lecornu, der nur einen Tag nach der Ernennung seiner Regierung zurücktrat, gibt vor dem Hotel Matignon eine Erklärung ab.
    Der scheidende französische Premierminister Lecornu (Stephane Mahe/Reuters Pool/AP/dpa)
    Lecornu, der nach nur wenigen Wochen im Amt zurückgetreten war, warf den Parteien im Parlament vor, das Land politisch zu blockieren. Er sei zu Kompromissen bereit gewesen, doch manche Politiker hätten nur ihre eigenen Interessen verfolgt und Maximalforderungen gestellt, sagte Lecornu in Paris. Er beklagte zudem einen Streit der Parteien um Posten bei der Regierungsbildung.
    Erst gestern hatte Lecornu die Verteilung der ersten Ressorts in der künftigen Regierung bekannt gemacht. Oppositionsparteien kritisierten, dass Lecornu das Kabinett kaum verändert habe. Demnach sollten die meisten Schlüsselressorts in den Händen der bisherigen Ministerinnen und Minister bleiben.
    Auch innerhalb der Regierung gab es Kritik. So hatte sich der im Amt bestätigte Innenminister und Républicain-Vorsitzende Retailleau unzufrieden über die Zusammensetzung des Kabinetts geäußert und eine stärkere Gewichtung seiner Partei gefordert. Für Empörung sorgte auch, dass der 2024 ausgeschiedene langjährige Wirtschafts- und Finanzminister Le Maire, der der Mitte-Partei von Macron angehört, überraschend zum Verteidigungsminister bestimmt wurde.

    Frankreich steckt in innenpolitischer Krise

    Der Vorsitzende der rechtspopulistischen Partei Rassemblement National, Bardella, forderte nach Lecornus Rücktritt umgehend Neuwahlen. Dies hatte Macron bislang ausgeschlossen. Zuvor hatte die Vorgängerregierung von Premierminister Bayrou eine Vertrauensfrage verloren.
    Hintergrund der Regierungskrise ist der Streit um den Haushalt für das kommende Jahr, in dem Frankreich angesichts seiner Staatsfinanzen massive Einschnitte bei öffentlichen Ausgaben bevorstehen. Frankreich hat mit rund 3,3 Billionen Euro die höchsten Schulden in der Europäischen Union. Zuletzt hatte das Parlament der Regierung von Lecornus Vorgänger Bayrou das Vertrauen entzogen.
    Diese Nachricht wurde am 06.10.2025 im Programm Deutschlandfunk gesendet.