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Neuer Rudergänger bei der Fraunhofer-Gesellschaft

Forschungspolitik. - Seit heute lenkt ein neuer Kopf den mit 56 Einzelinstituten und einem Gesamtetat von rund einer Milliarde Euro größten deutschen Wissenschaftsverbund: Professor Hans-Jörg Bullinger, gelernter Maschinenbauingenieur, übernahm heute offiziell die Amtsgeschäfte vom bisherigen Präsidenten Professor Hans-Jürgen Warnecke. Zu den erklärten Zielen des neuen Fraunhofer-Präsidenten gehört es auch, die Lebenswissenschaften noch stärker in den Vordergrund zu rücken, ohne dabei auf anderen Forschungsfeldern nachzulassen.

    Der neue Präsident der Fraunhofer-Gesellschaft gilt als ausgezeichneter Kenner der neuen Medien und des Internets sowie ihrer Auswirkungen auf Wirtschaft und Gesellschaft. Vor rund 20 Jahren baute Hans-Jörg Bullinger das Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO in Stuttgart auf, das er noch bis gestern leitete. Zwar musste der ambitionierte Wissenschaftler in den Stammsitz der Gesellschaft nach München übersiedeln, dennoch verliert er seine schwäbische Wirkungsstätte nicht aus den Augen, dafür sorgen auch seine ausgewiesenen Kenntnisse um Datennetze "Zwar ist im multimedialen Bereich noch einiges in diesem Büro zu richten, doch man sieht bei einem solchen Umzug, dass es praktisch ist, wenn die Fraunhofer-Gesellschaft über ein Intranet verfügt, auf das immer zugegriffen werden kann", resümiert Professor Bullinger zufrieden.

    Doch nicht nur der Büroalltag auf der Brücke des schwergewichtigen Forschungsdampfers ist offenbar vom ersten Tag an fest im Griff des 58-Jährigen: "Ich werde sicher an Erfahrung einbringen können, dass ich seit über 20 Jahren der Gesellschaft angehöre und auch aus Sicht eines Institutsleiters die Chancen und Nöte der Institute relativ gut kenne." Überdies wird der Inhaber des Lehrstuhls für Technologiemanagements an der Universität Stuttgart seinen reichen Erfahrungsschatz an gemeinsamen Projekten mit der Industrie in das neue Amt einbringen.

    Andererseits kommt der Wechsel an die Spitze der Fraunhofer-Gesellschaft auch einem Umstieg von einer Yacht auf einen Viermaster gleich, denn gerade unter dem Vorgänger wuchs - nicht zuletzt auf politischen Druck hin - der Verbund gewaltig an. "Bei der Aufnahme der neuen Forschungsgesellschaften haben wir das gleiche gelernt wie die Industrie auch: Bei Fusionen ist es besonders wichtig, dass dabei auch eine neue gemeinsame Kultur entwickelt wird und aus dem Erfahrungsschatz beider Partner etwas Besseres gestaltet werden kann." Die größte Aufgabe der Fraunhofer-Gesellschaft sieht ihr neuer Präsident darin, über die angewandte Forschung Beiträge für alle Bereiche der Arbeitswelt von morgen zu leisten: "Dabei steht im Vordergrund, dass sich aus unseren Gemeinschaftsprojekten mit der Wirtschaft Innovationen entwickeln, die wiederum neue Arbeitsplätze in diesem Land schaffen", unterstreicht Bullinger.

    [Quelle: Gerd Pasch]