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Neuer Schwung für die CDU

Wie geht es weiter mit der märkischen CDU? Diese Frage interessiert viele CDU-Mitglieder zurzeit mehr als aktuelle inhaltliche Fragen. Die SPD spottet über die uneinige CDU-Fraktion schon seit längerem als "Brandenburger Schlachteplatte".

Von Axel Flemming |
    Das Bürgerhaus in Hoppegarten, einem kleinen Ort im östlichen Berliner Speckgürtel: bis Mitte sind es von hier aus nur 15 Kilometer. "Legal, illegal, scheißegal?" unter diesem provokanten Motto hatte der CDU-Kreisverband zur Diskussion geladen; über Urheberrecht, Bürgerbeteiligung und neue Medien.

    Aber der Saal bleibt ziemlich leer, gerade einmal 20 Leute sind gekommen, inklusive der beiden Vertreter von den "Piraten", mit denen man diskutieren will. Denn eigentlich ist es ein anderes Thema, das die brandenburgischen CDU-Mitglieder viel dringender diskutieren möchten in diesen Tagen: Wie geht es weiter mit der märkischen CDU?

    "Es hat für mich zuviel ländlichen Touch, was da läuft. Ich bin nicht leidgeprüft, ich bin verärgert, weil es immer noch nicht gelingt und möglich ist, kontinuierliche Arbeit in der CDU zu leisten. Was mich hierbei am meisten ärgert, dass meine Partei eigentlich auf allen Ebenen hier im Ländle zu wenig nach vorne guckt."

    Und vor allem durch Streit ums Personal von sich reden macht. Der einzige, der für Ruhe im streiterprobten Landesverband sorgen konnte war der frühere Landeschef und jetzige Ehrenvorsitzende Jörg Schönbohm. Da ist es fast Ironie des Schicksals, dass ausgerechnet ein Artikel zum 75. Geburtstag des Generals in der "jungen Freiheit" die bisherige CDU-Fraktionschefin Saskia Ludwig ihren Posten kostete.

    Denn sie griff darin nicht nur die rot-rote Regierung an, sondern auch einen Teil der brandenburgischen Presse, der sie so wörtlich "mitunter falsche und gelenkte Berichterstattung" unterstellte. Über die Sommerpause und zweite Babypause für Ludwig hielt die Fraktion noch still, auf einer Klausur danach ging es dann zur Sache, der Vorstand entzog ihr das Vertrauen, letzte Woche stellte sie ihre Ämter zur Verfügung. Treibende Kraft: ihr bisheriger Stellvertreter, Generalsekretär Dieter Dombrowski Er wurde am Dienstag zum Nachfolger im Fraktionsvorsitz gewählt, mit 11:8 Stimmen, und das ohne Gegenkandidaten. Die Abgeordneten hielten es offenbar mit dem Cäsar-Spruch: "Ich liebe den Verrat, aber ich lobe nicht den Verräter." Die Pressekonferenz nach der Wahl wurde kurzfristig abgesagt, im Treppenhaus des Landtags interpretierte Dombrowski:

    "Jeder der sich einer Wahl stellt, möchte am liebsten ein Super-Super-Ergebnis, aber es sind eben Menschen beteiligt, die ihre persönlichen Befindlichkeiten, ihre Erwartungen auch haben, das ist alles sehr menschlich, da bin ich niemandem böse."

    Jetzt muss er versuchen, die Fraktion wieder zu einen. Die Regierungspartei SPD spottet schon weiter über die "Brandenburger Schlachtplatte". Und LINKE-Fraktionschef Christian Görke spricht von einem eher belasteten Neustart:

    "Wer jahrelang die fundamentalistische Furche mit gezogen hat, der kann natürlich nicht innerhalb von einer Woche sagen, hier ist die Saat neu bestellt. Insofern glaube ich, dass es sicherlich sehr viel Zeit und Kraft kosten wird, dass die CDU endlich wieder zurückkommt zu einer konstruktiven Oppositionskraft."

    Wie lange das dauert, das kann wohl auch die CDU selbst schwer sagen. Fest steht nur, es werden zwei Personen sein, die die Fraktion und Partei wieder auf Kurs bringen sollen. So hat es die Sitzung des Landesvorstands gestern entschieden. Als neuen Landesvorsitzenden schlug der Vorstand Michael Schierack aus Cottbus vor. Der Landesparteitag entscheidet am 17. November 2012 über die Personalempfehlungen. Manch CDU-Mitglied sähe auf dem Parteivorsitz lieber Dietlind Tiemann, die Oberbürgermeisterin von Brandenburg/Havel, einen Polit-Import von außerhalb – oder die bisherige Vize-Parteichefin und frühere Justizministerin Barbara Richstein. Die hatte sich schon bei der Wahl von Ludwig für eine Trennung von Partei- und Fraktionsvorsitz ausgesprochen.

    Bei der Veranstaltung in Hoppegarten weicht Richtstein der Frage aus, ob sie beim Parteitag im November kandidiert:

    "Diese Frage stellt sich ja gar nicht. Wir reden jetzt erstmal über Strategien und nicht über Personen. Sie wissen doch, in der Politik kriegen sie weder ein klares Ja noch ein klares Nein."

    Klar ja oder nein sagen zu einer Kandidatur muss sie laut Satzung erst auf dem Parteitag. Droht dort eine neue Schlachteplatte?

    "Obwohl ich 10 Jahre lang Vegetarierin war, fand ich Brandenburger Schlachteplatte ist immer noch so ein schönes Schlagwort. Und natürlich nehmen wir uns manchmal auch auf die Schippe und dann kommt das auch im internen Parteigespräch mal, die Schlachteplatte."