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Neuer Superman im Kino

Als Held einer Comicserie, in animierten Kurzfilmen, Fernsehserien und schließlich als Hollywood-Blockbuster hat Superman den intermedialen Siegeszug angezogen. "Man of Steel" bringt den Mann in Blaurot wieder auf die Leinwand - deutlich ernster und finsterer als seine Vorgänger.

Von Kai Löffler | 20.06.2013
    Lois Lane: "Darf ich ihnen ein Glas Wein anbieten?"
    Superman: "Nein, vielen Dank, ich muss ja noch fliegen."

    Es ist erst 75 Jahre her, dass Jerry Schuster und Joe Siegel den berühmtesten aller Superhelden als Comic herausgebracht haben: den Außerirdischen Kal-El, der sich hinter der Fassade des schüchternen Zeitungsreporters Clark Kent versteckt.

    Clark Kent: "Ähem, Lois erinnern sie sich nicht? Wir waren für heute Abend verabredet."
    Lois: "So?"

    Wenn die Welt seine Hilfe braucht, setzt er die nerdige Brille ab, reißt sich das Hemd auf und lässt das S hervorblitzen. S für Superman.

    "Faster than a speeding bullet, more powerful than a locomotive!"

    Kurz darauf beginnt Supermans intermedialer Siegeszug. Als Held einer Comicserie, in einer Reihe von animierten Kurzfilmen und den Fernsehserien der 50er und 60er und schließlich, 1978, in seinem ersten Hollywood-Blockbuster, mit Marlon Brando, Gene Hackman und Christopher Reeve als Superman.

    Was seine popkulturelle Relevanz angeht, steht Superman bis heute auf einer Stufe mit Star Wars und Micky Maus. Doch die Filmversionen des unverwüstlichen und moralisch unfehlbaren Helden vom Planeten Krypton waren bisher in vieler Hinsicht ein Relikt: Die Frisur und biedere Kleidung schienen in den 40ern stecken geblieben zu sein, und auch das nette Schwiegersohn-Image war ein Anachronismus im Zeitalter der tragischen Helden und moralischen Grautöne. Das hat auch Regisseur Bryan Singer erfahren müssen, als vor acht Jahren sein Neuaufguss "Superman Returns" bei Kritikern und Publikum gefloppt ist.

    Trotzdem hat Hollywood in seinem unersättlichen Superhelden-Fressrausch einen neuen Versuch gewagt, und ähnlich wie Christopher Nolans Batman-Neuauflage "The Dark Knight" vor ein paar Jahren ist "Man of Steel" deutlich ernster und finsterer als seine Vorgänger.

    Verantwortlich dafür: Regisseur Zack Snyder, bekannt für das Sandalen- und Muskel-Epos "300".

    "Wahnsinn? Das ist Sparta!"

    Snyders Neustart geht zurück zum Ursprung: Sein Film beginnt mit Kal-Els Geburt und der Zerstörung seines Heimatplaneten Krypton.

    Jor-El: "Leb wohl mein Sohn. Unsere Hoffnungen und Träume begleiten dich."

    Der neue Clark Kent ist eindeutig ein Kind unserer Zeit: introvertiert, schwermütig und voller Zweifel. Trotzdem ist Superman noch immer die ultimative Verkörperung des amerikanischen Traums.

    Jor-El: "Was, wenn ein Kind etwas anderes sein will als das, was man ihm zugedacht hat? Was, wenn das Kind nach Höherem strebt?"

    Mit seiner stylish verwaschenen Optik und dem opulent futuristischen Design des Planeten Krypton sieht der Film aus wie eine Mischung aus Matrix und Avatar. Überhaupt ist er mit seinen Raumschiffen und Strahlenwaffen eher eine moderne Space-Opera als ein klassisches Superhelden-Drama. Keine Spur vom ironischen Charme seiner Vorgänger. Selbst der Name des Titelhelden bleibt bis kurz vor Schluss unausgesprochen.

    Jonathan Kent: "Du wirst den Menschen ein leuchtendes Beispiel sein. Sie werden dir nacheifern. Sie werden stolpern. Sie werden fallen."

    Und auch die Dialoge neigen dazu, alles mehrfach zu erklären, und endlose Action-Szenen, in denen unverwundbare Charaktere immer wieder gegeneinander kämpfen, verschwenden die Zeit aller Beteiligten.

    Als Film steckt "Man of Steel" voller Probleme, aber als Update des Superman-Mythos vollbringt er ein kleines Wunder: nicht nur weil Supermans blauroter Stretch-Anzug auf einmal wieder cool aussieht. Snyders Inszenierung ist trotz aller Längen packend und die Musik von Hans Zimmer so mitreißend, dass man John Williams' berühmtes Superman-Thema kein bisschen vermisst. Wen wundert's, dass Hollywood bereitwillig das Scheckbuch geöffnet hat und schon jetzt die Fortsetzung plant.

    Lois Lane: "Wofür steht das S?"
    Kal-El: "Das ist kein S. In meiner Welt bedeutet es Hoffnung."
    Lois Lane: "Naja, hier ist es ein S. Wie wär's mit Sup...?"