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Neuer Verfassungsrichter
Trump nominiert Neil Gorsuch

Nach nicht einmal zwei Wochen im Amt hat US-Präsident Donald Trump seine vielleicht wichtigste Personalentscheidung getroffen: Er nominierte den konservativen Richter Neil Gorsuch für den vakanten Posten am Obersten Gerichtshof. Gorsuch muss im Senat mit mindestens 60 Stimmen bestätigt. Damit ist er auf die Unterstützung demokratischer Senatoren angewiesen.

Von Thilo Kößler | 01.02.2017
    Richter Neil Gorsuch spricht mit US-Präsident Donald Trump. Trump hatte den 49-jährigen für den vakanten Posten am Obersten Gericht vorgeschlagen.
    Richter Neil Gorsuch spricht mit US-Präsident Donald Trump. (AFP)
    Als Donald Trump seinen Kandidaten für den vakanten Posten des neunten Verfassungsrichters am Supreme Court verkündete, sonnte er sich im Glanz der eigenen Entscheidung.
    Dabei war diese Nominierung eigentlich gar keine Überraschung, sondern bereits fast ausgemacht: Neil Gorsuch, 49 Jahre alt, Bundesberufungsrichter aus Colorado, konservativ und ein unbestritten qualifizierter Jurist mit Humor und Geld, galt als absoluter Favorit unter Trumps engerer Auswahl. Gorsuch gilt als vehementer Verfechter der Religionsfreiheit, was in der derzeitigen Debatte über das Einreiseverbot für Bürger aus überwiegend islamischen Staaten durchaus bemerkenswert ist – etliche Juristen sehen in dem Verdikt Donald Trumps einen Verstoß gegen die Verfassung und das Gebot der Religionsfreiheit.
    Weitreichende Entscheidung
    Gorsuch gilt als intellektueller Kopf und als würdiger Nachfolger für Antonin Scalia, der im Februar vergangenen Jahres gestorben und so etwas wie die Ikone der konservativen Rechtsprechung war. Gorsuch versicherte, er wolle in seinem Amt ein treuer Diener für die Verfassung und für die Gesetze der Vereinigten Staaten von Amerika sein.
    Donald Trump hat mit dieser Personalie womöglich bereits eine der wichtigsten Entscheidungen seiner Amtszeit getroffen. Die Posten der neun Verfassungsrichter am Supreme Court gelten mit als die mächtigsten Ämter, die die amerikanische Administration zu vergeben hat.
    Die Kandidaten werden zwar vom Präsidenten vorgeschlagen und müssen vom Senat bestätigt werden – doch sie können von keiner Verfassungsinstanz wieder abberufen werden: Die neun Verfassungsrichter werden auf Lebenszeit ernannt. Deshalb sind diese Posten politisch so umkämpft – demokratische wie republikanische Präsidenten versuchen jeweils, ihre Kandidaten durch den Senat zu bringen, um die politische Ausrichtung des Supreme Court in so wichtigen Entscheidungen wie Abtreibungsrecht, Immigrationsrecht oder Bürgerrechte über Jahrzehnte zu beeinflussen.
    Seit Scalias Tod herrscht ein Patt im Gremium
    Barack Obama hatte im vergangenen Jahr mit Merrick Garland einen Kandidaten für die Nachfolge Antonin Scalias benannt, der am Widerstand der Republikaner gescheitert war – sie ließen noch nicht einmal einzige Anhörung zu. Deshalb gilt es keinesfalls als sicher, dass Donald Trump seinen Kandidaten Neil Gorsuch tatsächlich mühelos durch den Senat bekommt – dort herrscht Kampfstimmung, denn die Demokraten haben das Gefühl, durch die republikanische Blockade um einen ihrer Postenbetrogen worden zu sein und wollen sich nun mit einer ähnlichen Verzögerungsstrategie revanchieren.
    Trump gab sich dennoch optimistisch, dass sein Kandidat Gorsuch am Ende eine überparteiliche Zustimmung finden werde, wie er sagte.
    So gilt die Besetzung dieses Postens im Supreme Court erst als Vorbote der konservativen Wende unter Donald Trump: Zwar würde mit Gorsuch das politische Patt zwischen vier liberalen und vier konservativen Bundesrichtern wieder beendet – doch freie Hand hat Donald Trump erst mit der Ernennung weiterer Verfassungsrichter: Dann etwa, wenn die mittlerweile 84-jährige Demokratin Ruth Bader Ginsburg verstirbt oder Richter Anthony Kennedy um seinen Ruhestand ersucht. Schon jetzt haben die Republikaner mit dem Amt des Präsidenten, der doppelten Mehrheit im Kongress und dem überwiegend konservativen Supreme Court eine Machtfülle wie seit Jahrzehnten nicht mehr.