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Neuer Wind für die Wettervorhersage

10 Juli 2002. Den ganzen Tag schon tobt der Sturm über Südwestdeutschland und bewegt sich zunächst nur langsam in Richtung Nordosten. Derweil brennt in Berlin die Sonne vom Himmel. Auf der Wannseeinsel Schwanenwerder freuen sich die von der Berliner Feuerwehr eingeladenen Kinder auf die erste Nacht im Ferienzeltlager. Um 20:00 Uhr ist der Himmel zwar etwas eingetrübt, doch es verspricht eine dieser windstillen warmen Sommernächte zu werden, in denen man sich nur gegen die allgegenwärtigen Mücken wehren muss. Niemand ahnt, dass der sich der am Horizont abzeichnende dunkle Streifen in wenigen Minuten die Insel erreicht. Die schwefelfarbene merkwürdig tief hängende Wolkenfront rast mit fast 160 Kilometern in der Stunde über das Zeltlager. Zwei Kinder sterben unter umstürzenden Bäumen. Insgesamt sieben Opfer fordert der Orkan auf seinem Weg quer durch Deutschland.

Von Wolfgang Noelke |
    Gewarnt hatten alle. - Auch in den Hörfunknachrichten wurde über die Verwüstungen berichtet, doch in Berlin schien die Sonne - bis der Sturm kam. Das Warnsystem "Weather Information on Demand", das Sturmwarnungen auf das Handy sendet war erst ein Pilotprojekt und startete just in jenem verhängnisvollen Julimonat mit nur wenigen Kunden, die ihre persönliche Wetterwarnung direkt auf dem Handy empfangen sollten. Zum Beispiel für:

    Beispielsweise Gerüstbauer, Bauunternehmen, da sind natürlich Sturminformationen schon ab einer relativ geringen Stärke interessant, das heißt, der Bauunternehmer kann einstellen das er sagt: selbst unter 76 Stundenkilometer, das ist die Sturmstärke möchte ich schon Informationen haben für bestimmte Orte wohl jeweils meine Baustellen sind, die möchte ich zentral an mein Bauunternehmen per Fax erhalten oder per E-Mail und der es immer es noch einmal an die Bauleiter in den entsprechenden Gebieten.

    So Ulrich Meißen, Projektleiter des im Fraunhofer Institut für Software- und Systemtechnik entwickelten Warnsystems, dessen Pilotphase in Bayern nun beendet ist, um bundesweit an den Start zu gehen. So könnte man zum Beispiel seinen flutgefährdeten Keller räumen, noch bevor ein Starkregen einsetzt und dies ist auch das Ergebnis des zweijährigen Pilotprojekts in Bayern, sagt Walter Lechner, Vorstandsmitglied der Versicherungskammer Bayern:

    Unsere Kunden sagen, dass sie darauf reagieren. Über 80 Prozent der Kunden sagen, sie haben etwas getan zur Schadensvermeidung: Sie sind nicht weggefahren, sie haben das Auto in die Garage gefahren, sie haben geschaut, dass alle Fenster in ihrem Haus zu sind. Sie haben alles, was ums Haus herumliegt, aufgeräumt, Markisen eingeholt, Gartenmöbel sichergestellt. Wenn es viele nutzen, wird das auf Dauer einen positiven Effekt haben.

    Wenn es viele nutzen, ist jedoch auch der SMS-Dienst überlastet. Beispielsweise sind Weihnachts- und Silvestergrüße manchmal mehr als 12 Stunden unterwegs. Dringende Unwetterwarnungen - so der etwas hilflose Rat auf der heutigen Pressekonferenz sollte man besser auf mehreren Wegen empfangen: Per Handy und und vielleicht noch per E-Mail. Die Wetterdaten stammen zum größten Teil aus den Stationen des Meteomedia-Netzes des Jörg Kachelmann. Noch werden die Daten von fünf Meteorologen interpretiert, bevor eine Warnung gesendet wird. Erst im Laufe der Jahre will Kachelmann auch eine computergestützte Wetterprognose schaffen, die die real gemessenen Daten mit den Interpretationen der fünf Meteorologen vergleicht:

    Sie nehmen sozusagen fünf Jahre Wetterkarte und fünf Jahre Beobachtung an einen Station. Dann machen Sie eine multiple lineare Regression: also sie gucken immer, bei welcher Wetterkarte ist bei der Station spezifisch das raus gekommen? Und dann bekommen sie vorhersagen, nach denen sie schon fast die Uhr stellen können: also der Fehler ist nach 36 Stunden nur 0,8 Grad. Da können Sie wirklich sehr schön damit arbeiten und das ist für uns auch ein wichtiges Hilfsmittel, erforschen wir auch immer weiter. Wir kombinieren jetzt auch immer mehr verschiedene Computermodelle, Menschen dann dieses Prinzip: dieses Prinzip heißt MOS, Model Output Statistics, also eben Kombinationen vom Modell einerseits und Statistik andererseits und wir versuchen natürlich immer weiter dieses Prinzip zu verfeinern.