Irgendwie hat man schon das Gefühl, dass ein neuer Wind in Bayreuth zu wehen beginnt. Natürlich ist Wolfgang Wagner bis Ende August noch im Amt. Aber seine jüngste Tochter Katharina hat als seine Assistentin wohl manches auf den Weg gebracht, was schon jetzt zumindest atmosphärisch erste Früchte trägt. Katharina will das Wagnerpublikum verjüngen und verbreitern. Das Public Viewing der "Meistersinger" gestern Abend auf dem Schlossplatz, eine Live-Übertragung ihrer Regiearbeit aus dem Festspielhaus, war ein Erfolg.
Statt der erhofften 15000 Besucher kamen 17000 zur kostenlosen Veranstaltung, um in wenn auch nicht immer bester optischer und akustischer Qualität einmal am Festspielsegen teilzunehmen. Und dass gerade dieser "Meistersinger" übertragen wurde, der im letzten Jahr Premiere hatte, hatte nicht nur organisatorische Gründe oder PR-strategische in eigener Sache, sondern kann auch als Signal gelesen werden für den unbedingten Willen, dass sich künstlerisch in Bayreuth etwas verändern wird mit ihr, Katharina - wenn sie denn zusammen mit ihrer Halbschwester Eva Wagner-Pasquier im Spätsommer oder Frühherbst vom Stiftungsrat zur neuen Chefin am Grünen Hügel bestellt werden sollte. Denn was das alte Bayreuthpublikum betrifft, so dürfte es sich hundertprozentig mit dem gediegenen Kunstambiente in Übereinstimmung fühlen, das Katharina Wagner zu Beginn ihrer "Meistersinger"-Inszenierung entwirft.
Eine Kunstakademie sieht man aus edler Holzvertäfelung, mit Gipsbüsten und Marmorplastiken von Bach über Beethoven bis Wagner. Die Meistersingerwelt ist eine Welt der devoten Pflege vergangener Kulturepochen. Die wird in der Prügel-Fuge geschleift, was als Bildersturm der 68er Kulturrevolte inszeniert wird, mit all ihrer Überheblichkeit und Dummheit, denn schon am Morgen nach dem Budenzauber erwächst in Hans Sachsens Wahn-Monolog die Scham und die Erkenntnis, dass man mit dem Bade auch das Kind ausgeschüttet hat. Daraufhin folgt eine Art neues Biedermeier, dessen kleingeistige Provinzialität mutige Kreativität, die Neues schafft, neues Musiktheater wagt, fremd ist. Große Teile des gediegenen Bayreuthpublikums spürten sehr genau, wer hier gemeint war und überhäuften das Regieteam mit Schimpf und Schande. Der traumhaft schön singende Klaus Florian Vogt als Walther von Stolzing hatte es nicht besänftigen können.
Mit Leichtigkeit und Natürlichkeit schafft Vogt einen Schönklang, der schon fast des Schönen zu viel ist, was aber perfekt zur Rolle passt, die ihm die Regie hier zugewiesen hat: Er ist der von Sachs für die Unterhaltungsindustrie zurechtgestutzte Schlagersänger. Sehr gut in diesem Jahr waren auch wieder Michael Volle als Sixtus Beckmesser und Norbert Ernst als David. Bei Franz Hawlata muss man leider sagen, dass er der Rolle des Hans Sachs nicht gewachsen ist. Der Dirigent, Sebastian Weigle, hat sich nach manchen Schwierigkeiten bei der Premiere im letzten Jahr bestens auf die akustischen Eigentümlichkeiten des verdeckten Orchestergrabens eingestellt. Sehr farbig, sehr differenziert, sehr frisch sprudelte sein "Meistersinger" aus der Tiefe. Auch Katharina Wagner hat an ihrer Inszenierung gearbeitet. Vor allem hat sie einen drastischen Knalleffekt mit einer aufblasbaren Sexpuppe gestrichen, was das Publikum aber nicht im geringsten würdigte, es gab ja immer noch Nackte auf der Bühne.
Nackt in einem anderen Sinne blieb die Inszenierung von "Tristan und Isolde" durch Christoph Marthaler. Nackt war und blieb sie im Sinne einer extremen Unterkühlung. Die extrem Liebenden zeigen Null Gefühle. Starr stehen und gehen sie herum, wie Kranke der Psychiatrie, wo sie schließlich auch enden.
Marthaler kann sich solch exzentrische Liebesleidenschaft nur als Psychose vorstellen, was er szenisch mit bewundernswerter Konsequenz durchexerziert. Nach einer großartigen Nina Stemme in den letzten Jahren fand sich Iréne Theorin nach anfänglichen Schwierigkeiten im zweiten Aufzug gut in die Rolle der Isolde ein. Michelle Breedt als Brangäne und Robert Dean Smith als Tristan blieben an Ausdruckskraft etwas hinter ihr zurück und es kam streckenweise wieder zu jener typischen Wagnerschlacht, in der die Sänger immer lauter gegeneinander und beide gegen ein zu lautes Orchester arbeiten. Dem Bayreuthpublikum gefiel es. Aber auch bei dieser musikalischen Wunde hat Katharina Wagner schon Pflegebedarf angemeldet.
Statt der erhofften 15000 Besucher kamen 17000 zur kostenlosen Veranstaltung, um in wenn auch nicht immer bester optischer und akustischer Qualität einmal am Festspielsegen teilzunehmen. Und dass gerade dieser "Meistersinger" übertragen wurde, der im letzten Jahr Premiere hatte, hatte nicht nur organisatorische Gründe oder PR-strategische in eigener Sache, sondern kann auch als Signal gelesen werden für den unbedingten Willen, dass sich künstlerisch in Bayreuth etwas verändern wird mit ihr, Katharina - wenn sie denn zusammen mit ihrer Halbschwester Eva Wagner-Pasquier im Spätsommer oder Frühherbst vom Stiftungsrat zur neuen Chefin am Grünen Hügel bestellt werden sollte. Denn was das alte Bayreuthpublikum betrifft, so dürfte es sich hundertprozentig mit dem gediegenen Kunstambiente in Übereinstimmung fühlen, das Katharina Wagner zu Beginn ihrer "Meistersinger"-Inszenierung entwirft.
Eine Kunstakademie sieht man aus edler Holzvertäfelung, mit Gipsbüsten und Marmorplastiken von Bach über Beethoven bis Wagner. Die Meistersingerwelt ist eine Welt der devoten Pflege vergangener Kulturepochen. Die wird in der Prügel-Fuge geschleift, was als Bildersturm der 68er Kulturrevolte inszeniert wird, mit all ihrer Überheblichkeit und Dummheit, denn schon am Morgen nach dem Budenzauber erwächst in Hans Sachsens Wahn-Monolog die Scham und die Erkenntnis, dass man mit dem Bade auch das Kind ausgeschüttet hat. Daraufhin folgt eine Art neues Biedermeier, dessen kleingeistige Provinzialität mutige Kreativität, die Neues schafft, neues Musiktheater wagt, fremd ist. Große Teile des gediegenen Bayreuthpublikums spürten sehr genau, wer hier gemeint war und überhäuften das Regieteam mit Schimpf und Schande. Der traumhaft schön singende Klaus Florian Vogt als Walther von Stolzing hatte es nicht besänftigen können.
Mit Leichtigkeit und Natürlichkeit schafft Vogt einen Schönklang, der schon fast des Schönen zu viel ist, was aber perfekt zur Rolle passt, die ihm die Regie hier zugewiesen hat: Er ist der von Sachs für die Unterhaltungsindustrie zurechtgestutzte Schlagersänger. Sehr gut in diesem Jahr waren auch wieder Michael Volle als Sixtus Beckmesser und Norbert Ernst als David. Bei Franz Hawlata muss man leider sagen, dass er der Rolle des Hans Sachs nicht gewachsen ist. Der Dirigent, Sebastian Weigle, hat sich nach manchen Schwierigkeiten bei der Premiere im letzten Jahr bestens auf die akustischen Eigentümlichkeiten des verdeckten Orchestergrabens eingestellt. Sehr farbig, sehr differenziert, sehr frisch sprudelte sein "Meistersinger" aus der Tiefe. Auch Katharina Wagner hat an ihrer Inszenierung gearbeitet. Vor allem hat sie einen drastischen Knalleffekt mit einer aufblasbaren Sexpuppe gestrichen, was das Publikum aber nicht im geringsten würdigte, es gab ja immer noch Nackte auf der Bühne.
Nackt in einem anderen Sinne blieb die Inszenierung von "Tristan und Isolde" durch Christoph Marthaler. Nackt war und blieb sie im Sinne einer extremen Unterkühlung. Die extrem Liebenden zeigen Null Gefühle. Starr stehen und gehen sie herum, wie Kranke der Psychiatrie, wo sie schließlich auch enden.
Marthaler kann sich solch exzentrische Liebesleidenschaft nur als Psychose vorstellen, was er szenisch mit bewundernswerter Konsequenz durchexerziert. Nach einer großartigen Nina Stemme in den letzten Jahren fand sich Iréne Theorin nach anfänglichen Schwierigkeiten im zweiten Aufzug gut in die Rolle der Isolde ein. Michelle Breedt als Brangäne und Robert Dean Smith als Tristan blieben an Ausdruckskraft etwas hinter ihr zurück und es kam streckenweise wieder zu jener typischen Wagnerschlacht, in der die Sänger immer lauter gegeneinander und beide gegen ein zu lautes Orchester arbeiten. Dem Bayreuthpublikum gefiel es. Aber auch bei dieser musikalischen Wunde hat Katharina Wagner schon Pflegebedarf angemeldet.