Musik:"Freilach for my love" - Giora Feidman
Freilach ist ein Tanz im 2/4-Takt, auf Jiddish sagt man: "a freylekhs shtikele" - ein fröhliches Stückchen. Feidman ist einer der bekanntesten Klezmermusiker unserer Zeit, geboren 1936 in Argentinien. Lange Jahre spielte er im Israel Philharmonic Orchestra, bevor er sich mit der Musik seiner aus Osteuropa stammenden Eltern näher beschäftigte. Seit den 1970er Jahren spielt er die Tanz- und Hochzeitsmusik osteuropäischer Juden und konnte damit Menschen auch außerhalb der jüdischen Welt begeistern. Das tut er bis heute, insbesondere in Deutschland, wo er seit Jahrzehnten lebt. Der 81-jährige hat unser akustisches Bild der Klezermusik entscheidend geprägt, unter anderem hat er die Musik zu dem Hollywoodfilm ‚Schindlers Liste‘ geschrieben. Im Herbst 2017 tourt er eder durch Deutschland und zwar gemeinsam mit dem Rastelli Cello Quartett.
Musik: "Ekhod mi yaudea" - Voices of Ashkenaz
Die Voices of Ashkenaz sind ein international besetztes Ensemble mit Musikern aus den USA, Israel und Deutschland. Auf ihrer CD "Voices of Ashkenaz" widmet sich das gleichnamige Ensemble der Verbindung zwischen europäischer, insbesondere deutscher Volksmusik und dem Jiddischen. Sie bringt dabei viel Unbekanntes und Überraschendes zu Tage und findet immer eine adäquate musikalische Form. Das Stück "Ekhod mi yaudea" - Wer kennt den Einen? - hat auch eine religiöse Dimension: Es ist ein bekanntes Pessachlied, das in vielen verschiedenen Varianten am Sederabend gesungen wird. Der Sederabend ist der Auftakt zum Pessach, einem der wichtigsten jüdischen Feste, das an den Auszug aus Ägypten erinnert.
"Seit dem Mittelalter gibt es Belege für jüdische Sprache und Kultur, die ersten Zeugnisse wurden gerade auf einer Dachschinde in der archäologischen Zone Kölns ausgegraben. Da liegt die Wiege des Jiddischen. Davon ausgehend hat sich eine diverse ashkenasische Kultur entwickelt und deren Gemeinsamkeiten bringen wir in diesem Projekt wieder zusammen."
Andreas Schmittges ist Gitarrist und ein Kenner jiddischer Kultur. Er hat das Projekt Voices of Ashkenaz ins Leben gerufen. Um Klezmermusik geht es dabei nicht im engeren, sondern im weiteren Sinne: Das hebräische Wort "ashkenaz" bezeichnete im Mittelalter deutschsprachige Gebiete. Es war zunächst ein geographischer Begriff, bevor er sich in einen kulturellen verwandelte. Heute denken wir bei "ashkenaz", wie auch beim Jiddischen, eher an die Kultur osteuropäischer Juden. Verkehrt ist das nicht, denn die jiddische Sprache und Klezmer haben sich im 18. und 19. Jahrhundert in Osteuropa zu dem entwickelt, was heute noch allgemeinhin unter Klezmer verstanden wird.
"Ich denke, es soll allen bewusst sein, wie nah wir uns alle stehen, egal, ob man jüdisch oder nicht jüdisch ist. Das gilt auch für andere europäische Kulturen – wir singen alle die gleichen Volkslieder. Sie befassen sich mit den gleichen Themen. Hinzu kommt die enge Verbindung von Jiddisch und Deutsch bei den vielen Zuwanderern aus der ehemaligen Sowjetunion, von denen viele Jiddisch sprechen. Die bringen im Endeffekt etwas zurück nach Deutschland, was hier geboren ist."
Musik: "Snider Sher" - Voices of Ashkenaz
Wie breit das stilistische Spektrum von Klezmer ist, der Festmusik osteuropäischer Juden, zeigt die israelische Combo Jewish Monkeys. Hier werden Klezmerklischees, Punk und tiefschwarzer jüdischer Humor zu einer energiegeladenen, tanzbaren Partymusik.
Musik: "High words" - Jewish Monkeys
Die Band Jewish Monkeys gehört zu jenen Formationen, die den zuweilen etwas verstaubten Klezmerklischees neues Leben einhauchen, weil sie die verschiedenen Elemente respektlos und mit viel Energie durcheinanderwirbeln.
Das hat auch der kanadische Musiker und Produzent Socalled getan. Er ist als Begründer des sogenannten "jüdischen Hip Hop" bekannt geworden. Anfangs hat er alte jüdische Schallplatten gesampelt, inzwischen komponiert er selbst. Gerade hat er ein Musical herausgebracht: "Tales from Odessa". Der Schalk, den Socalled im Nacken hatte, ist hier nicht mehr durchgängig zu finden. Vielleicht liegt es an der kammermusikalischen Besetzung, die diesmal ganz ohne elektronische Hilfsmittel auskommt.
Musik: "The Courtyard that has seen too"- Socalled
Zum Ende des 19. Jahrhunderts emigrierten viele osteuropäische Musiker in die USA. In der ersten Generation der Einwanderer war die Klezmermusik, die sie mitbrachten, noch lebendig und konnte sich bis in die 1920er Jahre in ihrer ursprünglichen Form halten. Die zweite Generation jedoch wollte sich assimilieren und sich nicht von der Mehrheitsgesellschaft abgrenzen. Und so geriet Klezmer in den darauffolgenden Jahrzehnten fast in Vergessenheit. Doch ab den 1970er Jahren besannen sich junge jüdische Musiker auf die Wurzeln der Musik ihrer Vorfahren. Einige von ihnen sind später nach Deutschland gekommen, unter ihnen der Trompeter Paul Brody. In Berlin bastelt der gebürtige Kalifornier an einer Mischung aus Jazz, Theatermusik, Rock und – natürlich – Klezmer.
Musik: "Grimace"- Paul Brody
"Weil ich Musiker bin und auch, weil ich geschieden bin, habe ich die Kinder nicht immer bei mir. Wir machen auch Sabbat, aber nicht Freitag. Ich finde das wichtig, die Tradition. Sie muss leben, aber es muss nicht Freitag sein. Für die Kinder ist es wichtig: Sie bekommen eine extra Kugel Eis."
Einem orthodoxen Juden ist der Sabbat heilig, er würde ihn daher immer nur von Freitagabend bis Samstagabend feiern und nicht an einem anderen Tag. Paul Brody ist da anders: Er pflegt einen undogmatischen Umgang mit der Tradition. Und so entspricht auch seine Musik nicht unbedingt den Klischees der Klezmermusik. Seine Einspielungen sind immer auch eine Herausforderung, eine Einladung zum kritischen Nachhören.
Brody lebt seit den 1990er Jahren in Berlin. Die deutsche Hauptstadt ist zu einem Anziehungspunkt auch für viele jüdische Musiker geworden. Sie kommen aus Osteuropa, Israel und den USA, so wie Daniel Kahn. Er selbst sieht sich nicht nur in einer jiddischen, sondern auch in einer politisch linken Tradition. In seinen Songs wechselt er die Sprachen, singt Jiddisch, Deutsch und Englisch. Seine neue, im November 2017 erscheinende CD heißt "The butscher’s share’ – Das Lied des Metzgers. Eine Einspielung mit einer klaren Haltung: gegen Krieg, Terror, Unfreiheit und gegen das Vergessen.
Musik: "The Butcher´s Sher"- Dan Kahn
Musik: "Immer geht das Leben weiter" - Alpenklezmer
Bei dem Stück "Immer geht das Leben weiter" steht ein Hackbrett im Mittelpunkt. Dieses Instrument, auch als Kastenzither bekannt, wird im Sitzen gespielt. Es liegt auf dem Schoß des Spielers oder steht auf einem kleinen Tisch vor ihm, die Saiten werden mit einem Klöppel angeschlagen. Es gehört schon lange zum Grundinstrumentarium der Klezmorim, wie die Klezmermusiker auch genannt werden.
Hinter dem Projekt Alpenklezmer steht vor allem die Münchner Musikerin Andrea Pancur, die an einer ungewöhnlichen Mischung arbeitet. Wie es der Name vermuten lässt, verbindet es bayerische bzw. alpenländische Musiktradition mit Klezmer und zwar mit viel Liebe zum Detail. Manchmal muss man zweimal hinhören, um die Gemeinsamkeiten zu erkennen und wird dabei positiv überrascht.
Zu den erfolgreichsten Klemzmerformationen in Deutschland gehört das David Orlowsky Trio. David Orlowsky kommt aus Heidelberg und hat in Essen klassische Klarinette studiert. Auf seiner CD ‚Paris Odessa’ widmet er ein Stück der Bukowina. Es ist eine Hommage an einen Landstrich, der einst zum Kerngebiet des osteuropäischen Judentums gehörte.
Musik: "Bucovina" - David Orlowsky Trio