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Neues Datenschutzniveau für Europa

Die Snowden- und NSA-Affäre hat den Glauben an einen wirksamen Datenschutz weltweit erschüttert. Passend dazu beginnen heute im EU-Parlament Verhandlungen über den Entwurf eines neuen Datenschutz-Regelwerks für Europa. Ein Entwurf, den ein junger EU-Abgeordneter in mühsamer Kleinarbeit erstellt hat.

Von Annette Riedel |
    Pressefrühstück mit Jan-Philipp Albrecht, Ende letzter Woche im Restaurant des Europäischen Parlaments. Der Grünen-Politiker ist als Berichterstatter der Datenschutzverordnung im Rechtsausschuss des Parlaments eine Schlüsselfigur, wenn es um das Thema geht.

    In Jeans, T-Shirt und Jackett mit Sonnenblumen-Anstecker am Revers schaut er freundlich über seine randlose Brille und unterrichtet die internationale Journalistenrunde über den Stand der Dinge. Hochkonzentriert wie immer. Dass er auch ein bisschen müde wirkt, liegt nicht in erster Linie daran, dass er am Abend vorher bei der Brüsseler Ausgabe des Münchner Oktoberfests war:

    "Erschöpft bin ich, weil das doch ganz schön viel Arbeit war, zu diesem Punkt zu kommen, aber auch erleichtert, weil wir es geschafft haben, eine gemeinsame Position des EU-Parlaments für einen einheitlichen Datenschutz zu erreichen, das ist schon ne ganz schöne Leistung."

    Erbracht in mindestens 50, 60 Sitzungen zu diesem hochgradig komplexen, auch sehr ideologisch besetzten Thema, in denen 4000 Änderungswünsche bearbeitet und 100 Kompromisse gefunden wurden. Geschmiedet wurde so eine Haltung des Parlaments zur geplanten Datenschutzverordnung, der jetzt eine parteiübergreifende, breite Mehrheit zugetraut wird.

    "Ja, es ist ein Stück weit eine große Überraschung, dass wir es geschafft haben, so zügig ein Ergebnis zu bekommen, das von allen Fraktionen getragen ist, wir hätten gedacht, dass zumindest die eine oder andere Fraktion noch abspringt. Doch es sind alle an Bord, und das zeigt auch, dass der Wille im Europäischen Parlament doch da ist, eine einheitliche Datenschutzverordnung jetzt zügig den Bürgerinnen und Bürgern zu präsentieren."
    Die EU-Länder sind noch nicht so weit. Es ist nicht sicher, dass sie ihre Vorstellungen zur Datenschutzverordnung so rechtzeitig formuliert haben werden, dass die dann anstehenden Verhandlungen mit dem Parlament noch in dieser Legislaturperiode abgeschlossen werden können.
    "Ich bin einfach Optimist und sage mal, es ist durchaus realistisch dass wir bis zur Wahl 2014 zu einem Abschluss dieser Verordnung kommen."

    "Dann wird es schwerer für die Geheimdienste, an Informationen von uns zu kommen"
    Die dann einheitliche, leichter einklagbare Datenschutzrechte auf relativ hohem Niveau in ganz Europa bringt. Ausspähaktionen durch Geheimdienste wie der amerikanischen NSA sind nur indirekt von der Verordnung berührt und werden damit auch künftig nicht verhindert.

    "Also wenn die Datenschutzverordnung so kommt, dann wird es schwerer für die Geheimdienste an Informationen von uns zu kommen, weil Unternehmen unsere Daten nicht einfach so weitergeben dürfen."

    "Nicht einfach so" – wie und unter welchen Umständen sie es dürfen, muss dann mit Drittländern wie den USA ausgehandelt werden. Die Verhandlungsposition der Europäer wird durch eine gemeinsame Haltung zum Datenschutz gestärkt, auch wenn die neue Verordnung, wie gesagt, die Geheimdienstarbeit selbst nicht regeln kann.

    Was sie kann: Beispielsweise wird den Nutzern gegenüber Internetanbietern die Kontrolle über ihre Daten gegeben – mit Löschrechten und Auskunftsrechten. Über diese Rechte müssen die Nutzer klar und deutlich informiert werden. Ohne die Zustimmung der Nutzer können Anbieter keine Daten verarbeiten oder an andere Anbieter weiter geben.

    "Also das Gute an diesem Kompromiss ist, dass klar wird, wir wollen ein neues Datenschutzniveau in Europa, mindestens auf dem Niveau, was wir heute schon gewohnt sind. Und wir wollen es auch ganz scharf durchsetzen, also Sanktionen, die bis in Milliardenhöhe gehen können, um klar zu machen, jeder muss sich an diese Regeln halten."

    Und das ist schon ziemlich viel.