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Neues Fenster ins Netz

Seit vergangenen Mittwoch ist die zweite Testversion des neuesten Betriebssystems aus Redmond auch hierzulande einem kleinen Nutzerkreis zugänglich. Die Bezeichnung XP steht, so Microsoft-Chefentwickler Bill Gates, für Experience – Erfahrung - und soll die seit langem angekündigte Vereinigung der Heimanwender-Plattform mit ihrer stabileren, aber auch weniger konfortablen Schwester für den Profi-Sektor verwirklichen. Doch mit dem Wechsel in die Oberliga stehen den geplagten Heimanwendern nicht nur Erleichterungen ins Haus, sondern auch der Abschied von einigen, dann nämlich inkompatiblen Programmen.

Wolfgang Nitschke |
    Schon mit der Einführung von Windows 2000 hätten die beiden bis dahin strikt getrennten Welten von Heimanwendern und Business-Bereich miteinander verschmelzen können, so heisst es aus dem Hause Microsoft. Doch weil auf dem Homecomputer-Markt noch sehr viel ältere Hard- und Software genutzt werde, sei dieser Schritt vertagt worden - stattdessen schickte Microsoft mit Windows ME einen weiteren Windows 95/98-Nachfolger ins Rennen. Doch auch zum Erscheinungsdatum von Windows XP im kommenden Herbst wird die Millenium Edition der Heimanwender-Palette von Microsoft noch weiter in den Regalen der Händler stehen und ebenfalls wird nicht jeder Benutzer dann auch einen modernen Gigahertz-Rechner sein Eigen nennen dürfen.

    350 Millionen mal sind Windows 9x-Systeme weltweit installiert, allein in Deutschland verwenden rund 20 Millionen Computer ein Betriebssystem der 90er Reihe. Dagegen nehmen sich die acht Millionen eingerichteter NT- oder Windows 2000-Systeme klein aus. Leicht, zumindest aus technischer Sicht, wird den Windows 2000-Benutzern der Umstieg auf XP fallen, denn die neue Generation des Betriebssystems basiert auf dem NT-5 Kern von Windows 2000. Vorsicht ist dagegen beim Wechsel von Windows 95 und seinen Enkeln geboten, will man nicht unliebsame Erfahrungen mit Inkompatibilitäten machen.

    "Weil es sich bei XP um komplett neue Technologie handelt, werden einige Anwendungen nicht mehr weiter funktionieren", erklärt Alfons Sterck von Microsoft Deutschland. Allerdings beinhalte Windows XP einen Kompatibilitätsmodus, der älteren Programmen ein Windows 95 simuliert und damit einem Teil der Software den weiteren Betrieb ermögliche. Doch auch das wird nicht allen Anwendungen - vor allem, wenn sie direkte Hardwarezugriffe durchführen wollen - das Überleben unter XP bescheren. In jedem Fall freuen sich Internetanbieter schon heute auf viele Überstunden ihrer Kunden, denn in jedem Fall werden dann neue Treiber für die verschiedenen Rechnerkomponenten fällig. Dabei zeigt die Erfahrung, dass diese Schnittstellen ebenfalls erst einen Reifungsprozess durchleben müssen, um ihre Kinderkrankheiten abzulegen.

    Ist Windows XP erfolgreich installiert, so erwarten den Benutzer einige Neuerungen. So soll die Arbeit mit der Oberfläche einfacher sein als bei den Vorgängern, so verspricht der Redmonder Konzern vollmundig. So weisen neue Assisten und Hilfshinweise auf viele Features hin, die bislang im Verborgenen schlummerten und nur schwierig aufzuspüren waren. "Ein Beispiel dazu sind etwa digitale Medien: Während bislang etwa Aufnahmen einer Digitalkamera zwar in den Rechner übertragen, dann aber nicht direkt ausgedruckt werden konnten, übernimmt XP die Bilder sofort und bietet selbstständig Verarbeitungsmöglichkeiten an und verzichtet so auf spezielle Software", so Sterk.