Es geschah im Juni. Die Hopfenbuche blühte gerade. Es war der letzte Tag im Leben Ötzis. An ihm hetzte er innerhalb weniger Stunden die mehr als 2000 Höhenmeter zum Tisenjoch hinauf. Auf dem Schnalstaler Gletscher sollte er sterben:
"Das hat man aufgrund der Pollenanalyse im Darminhalt rekonstruiert. Das zeigt, dass der Mann sehr hohe körperliche Anstrengung auf sich genommen hat und in kurzer Zeit in die Tiefe gestiegen ist, warum auch immer, und dann wieder in kurzer Zeit in die Höhe geflüchtet ist."
Sagt der Bozener Pathologe Eduard Egarter. Dass Ötzi ein gewaltsames Ende gefunden hat, wissen die Forscher seit einigen Jahren, nachdem sie eine Pfeilspitze aus Feuerstein in seiner Schulter gefunden hatten.
"Was hat denn diese Pfeilspitze im Körper des Mannes aus dem Eis eigentlich für Schaden angerichtet, welche Organe wurden verletzt, was war die Folge dieser Verletzung? Und da konnten wir eindeutig belegen, dass ein großes Blutgefäß verletzt wurde, nämlich die Arteria subclavia, das ist der medizinische Terminus für dieses Gefäß, das den linken Arm mit Blut versorgt. "
Diese Verletzung erklärt die ungewöhnliche Haltung Ötzis: Im Sterben hat er versucht, die starke Blutung zu verlangsamen. Dazu streckte er seinen linken Arm vor der Brust so weit es ging nach rechts, um die Wunde halbwegs zu schließen. Vergebens. Dabei hatte der Eismann einfach Pech: Hätte der Pfeil nur den Muskel getroffen, wäre die Wunde nicht tödlich gewesen, und er hätte ein paar Jahre später an Altersschwäche sterben können. Die getroffene Arterie war jedoch sein Ende:
"Wenn man die internationale wissenschaftliche, medizinische Literatur zu diesem Thema befragt, da kommt raus, dass es erstens eigentlich wenige Publikationen zu diesem Thema gibt. Wir haben aber doch einige interessante gefunden. Eine zum Beispiel aus der Zeit des amerikanischen Befreiungskrieges, also Ende des 18. Jahrhunderts. Und hier wird beschrieben, dass Soldaten, die von Indianerpfeilen getroffen wurden in diesem Schulterbereich, unmittelbar verstorben sind, wenn der Pfeil dieses Blutgefäß getroffen hat."
Ötzi ist schnell verblutet: Der Blutdruck sackt ab, nach wenigen Momenten war er ohnmächtig. Dazu passt, dass die Mumie keine Totenflecke zeigt:
"Totenflecke bilden sich ja nach dem Tode, also nach dem Kreislaufstillstand aus, indem das Blut der Schwerkraft folgend an die tiefsten Stellen des Körpers absackt und dort so blaue und violette Farbflecke bildet. Diese fehlen beim Eismann. Eine der plausibelsten Erklärungen ist, dass in seinem Körper gar kein Blut mehr enthalten war, weil dieses Blut eben durch diese Schussverletzung, durch den Stichkanal, nach außen abgeflossen ist. "
Er starb da, wo er 5000 Jahren später gefunden worden ist. Ötzis Mörder muss 20 oder 30 Meter entfernt gestanden haben, leicht erhöht, so dass er in die Felsrinne schießen konnte, in der der Eismann gerade war. Wusste Ötzi, was passiert?
"Es ist anzunehmen. Einige Elemente der Forschung weisen in diese Richtung. Einmal die Ausrüstungsgegenstände, die er mithatte. Hauptsächlich seine Waffen. Denn der Bogen ist ja in einer Rohform. Er ist in dem Zustand, in dem er sich befindet, gar nicht geeignet, benutzt zu werden. Also war der Eismann gerade dabei, sich seine Ausrüstung neu zu richten. Das Seil, das für das Spannen des Bogens notwendig ist, das war offensichtlich zu kurz für den Bogen, den er jetzt gerade bereitet hat."
Von seinen zwölf Pfeilen waren nur zwei schussfertig, die anderen nur Rohlinge. An der Kleidung und den Waffen gibt es Blutspuren, die nicht von Ötzi stammen. Das spricht dafür, dass es einen Kampf gegeben hat. Nur – warum das? Darüber lässt sich nur spekulieren:
"Man nimmt an, dass der Mann einer hoch stehenden sozialen Schicht angehört hat in der damaligen Gesellschaft. Das leitet man ab von seinen Ausrüstungsgegenständen, von seiner grazilen Skelettstruktur, von den feingliedrigen Händen, die sicherlich nicht schwere körperliche Arbeit verrichten mussten. Damit natürlich ist er zumindest in der Theorie ausgesetzt Konkurrenzkämpfen, Rangkämpfen in der Gesellschaft, und in diese Richtung interpretiert man nun eigentlich den gewaltsamen Tod."
Derzeit laufen genetischen Untersuchungen in Oxford. Sie zeigen, dass Ötzi noch "Nachfahren" hat: die Menschen im Vintschgau.
"Das hat man aufgrund der Pollenanalyse im Darminhalt rekonstruiert. Das zeigt, dass der Mann sehr hohe körperliche Anstrengung auf sich genommen hat und in kurzer Zeit in die Tiefe gestiegen ist, warum auch immer, und dann wieder in kurzer Zeit in die Höhe geflüchtet ist."
Sagt der Bozener Pathologe Eduard Egarter. Dass Ötzi ein gewaltsames Ende gefunden hat, wissen die Forscher seit einigen Jahren, nachdem sie eine Pfeilspitze aus Feuerstein in seiner Schulter gefunden hatten.
"Was hat denn diese Pfeilspitze im Körper des Mannes aus dem Eis eigentlich für Schaden angerichtet, welche Organe wurden verletzt, was war die Folge dieser Verletzung? Und da konnten wir eindeutig belegen, dass ein großes Blutgefäß verletzt wurde, nämlich die Arteria subclavia, das ist der medizinische Terminus für dieses Gefäß, das den linken Arm mit Blut versorgt. "
Diese Verletzung erklärt die ungewöhnliche Haltung Ötzis: Im Sterben hat er versucht, die starke Blutung zu verlangsamen. Dazu streckte er seinen linken Arm vor der Brust so weit es ging nach rechts, um die Wunde halbwegs zu schließen. Vergebens. Dabei hatte der Eismann einfach Pech: Hätte der Pfeil nur den Muskel getroffen, wäre die Wunde nicht tödlich gewesen, und er hätte ein paar Jahre später an Altersschwäche sterben können. Die getroffene Arterie war jedoch sein Ende:
"Wenn man die internationale wissenschaftliche, medizinische Literatur zu diesem Thema befragt, da kommt raus, dass es erstens eigentlich wenige Publikationen zu diesem Thema gibt. Wir haben aber doch einige interessante gefunden. Eine zum Beispiel aus der Zeit des amerikanischen Befreiungskrieges, also Ende des 18. Jahrhunderts. Und hier wird beschrieben, dass Soldaten, die von Indianerpfeilen getroffen wurden in diesem Schulterbereich, unmittelbar verstorben sind, wenn der Pfeil dieses Blutgefäß getroffen hat."
Ötzi ist schnell verblutet: Der Blutdruck sackt ab, nach wenigen Momenten war er ohnmächtig. Dazu passt, dass die Mumie keine Totenflecke zeigt:
"Totenflecke bilden sich ja nach dem Tode, also nach dem Kreislaufstillstand aus, indem das Blut der Schwerkraft folgend an die tiefsten Stellen des Körpers absackt und dort so blaue und violette Farbflecke bildet. Diese fehlen beim Eismann. Eine der plausibelsten Erklärungen ist, dass in seinem Körper gar kein Blut mehr enthalten war, weil dieses Blut eben durch diese Schussverletzung, durch den Stichkanal, nach außen abgeflossen ist. "
Er starb da, wo er 5000 Jahren später gefunden worden ist. Ötzis Mörder muss 20 oder 30 Meter entfernt gestanden haben, leicht erhöht, so dass er in die Felsrinne schießen konnte, in der der Eismann gerade war. Wusste Ötzi, was passiert?
"Es ist anzunehmen. Einige Elemente der Forschung weisen in diese Richtung. Einmal die Ausrüstungsgegenstände, die er mithatte. Hauptsächlich seine Waffen. Denn der Bogen ist ja in einer Rohform. Er ist in dem Zustand, in dem er sich befindet, gar nicht geeignet, benutzt zu werden. Also war der Eismann gerade dabei, sich seine Ausrüstung neu zu richten. Das Seil, das für das Spannen des Bogens notwendig ist, das war offensichtlich zu kurz für den Bogen, den er jetzt gerade bereitet hat."
Von seinen zwölf Pfeilen waren nur zwei schussfertig, die anderen nur Rohlinge. An der Kleidung und den Waffen gibt es Blutspuren, die nicht von Ötzi stammen. Das spricht dafür, dass es einen Kampf gegeben hat. Nur – warum das? Darüber lässt sich nur spekulieren:
"Man nimmt an, dass der Mann einer hoch stehenden sozialen Schicht angehört hat in der damaligen Gesellschaft. Das leitet man ab von seinen Ausrüstungsgegenständen, von seiner grazilen Skelettstruktur, von den feingliedrigen Händen, die sicherlich nicht schwere körperliche Arbeit verrichten mussten. Damit natürlich ist er zumindest in der Theorie ausgesetzt Konkurrenzkämpfen, Rangkämpfen in der Gesellschaft, und in diese Richtung interpretiert man nun eigentlich den gewaltsamen Tod."
Derzeit laufen genetischen Untersuchungen in Oxford. Sie zeigen, dass Ötzi noch "Nachfahren" hat: die Menschen im Vintschgau.