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Neues Jahr mit altbekannten Sorgenkindern

Das neue Jahr wird für die EU mit den alten Problemen beginnen. Denn mit Zypern wartet längst der nächste Krisenkandidat auf finanzielle Hilfe. Auf gut 17 Milliarden Euro wird der Kapitalbedarf geschätzt, nicht zuletzt, weil die zypriotischen Banken eng mit den griechischen Geldhäusern verwoben sind – und deshalb dringend frisches Geld brauchen.

Von Jörg Münchenberg |
    Noch prüft die Troika von EU-Kommission, Internationalem Währungsfonds und Europäischer Zentralbank die Lage vor Ort, aber, so EZB-Direktoriumsmitglied Jörg Asmussen, es werden keine schönen Ergebnisse sein:

    ""Es ist jetzt bereits absehbar, dass nach den endgültigen Daten der Finanzbedarf sehr hoch sein wird. Das der Schuldenstand des Landes sehr hoch sein wird, dass er nicht tragbar sein wird. Dann wird man sich alle Maßnahmen angucken müssen, um den Schuldenstand tragfähig zu machen. Das heißt: Haushaltsüberschüsse erzielen und das über Jahre und wahrscheinlich sehr umfangreich privatisieren". "

    Vermutlich Mitte Januar werden dann die Finanzminister der Eurozone einen Grundsatzbeschluss über mögliche Hilfszusagen treffen. Eine schwierige Entscheidung, denn längst ist auch von einem Schuldenschnitt bei den Gläubigern die Rede – was wiederum innerhalb der Eurogruppe höchst umstritten ist. Dazu kommt: Zypern gilt als Hort für Steuerflüchtlinge und russisches Schwarzgeld – ein Rettungspaket, so der deutsche Außenminister Guido Westerwelle, werde es deshalb nur unter harten Auflagen geben:

    ""Für Zypern gibt es ja entsprechende Hilfsmechanismen, wenn Zypern diese auch will und entsprechend auch beantragt. Das setzt aber voraus, dass Zypern die eigenen Reformen auch wirklich ernsthaft machen muss. Da sind mit Sicherheit noch erhebliche eigene Schritte notwendig. Also echter Sparhaushalt, echte Strukturreformen". "

    Auch eine weitere Aufgabe, die 2012 nicht bewältigt werden konnte, gilt es im neuen Jahr zu lösen: einen Kompromiss zu finden für den mittelfristigen Finanzrahmen der EU bis 2020. Im Kern geht es dabei um Ausgaben von gut 1 Billion Euro. Doch gerade die Nettozahler der EU und Großbritannien möchten stärker sparen als EU-Kommission und Nettoempfänger-Länder. Gerade aber der britische Premierminister David Cameron fordert von der EU ein klares Signal, nachdem der erste Haushaltsgipfel im November gescheitert war:

    ""Es ist jetzt nicht die Zeit für Flickschusterei. Das man Geld im Budget hin und her schiebt. Wir brauchen Ausgabenkürzung. Das passiert gerade zuhause, dass muss auch hier geschehen". "

    Institutionell muss die EU wiederum da weitermachen, wo sie Ende 2012 aufgehört hatte. Quasi in letzter Minute konnten sich die Finanzminister auf die Grundzüge einer gemeinsamen europäischen Bankenaufsicht einigen, die – angesiedelt bei der Europäischen Zentralbank - Anfang 2014 ihre Arbeit endgültig aufnehmen soll. Das gesetzgeberische Verfahren dazu soll noch in der ersten Jahreshälfte 2013 abgeschlossen werden. Doch parallel dazu, die Bundeskanzlerin Angela Merkel, müsse die Bankenaufsicht durch zwei weitere Projekte ergänzt werden:

    ""Das ist einmal die Rechtsetzung, die notwendig ist, um die direkte Rekapitalisierung der Banken aus dem Europäischen Stabilitätsmechanismus möglich zu machen. Und das Zweite: wenn die Aufsicht zu dem Ergebnis kommt, dass eine Bank abgewickelt werden muss – dass hier ein Rechtsrahmen existiert, damit die Abwicklung überhaupt vollzogen werden kann"."

    Die Schaffung eines Abwicklungsmechanismus für marode Banken, für den letztlich die Geldinstitute selbst und nicht mehr die Steuerzahler gerade stehen müssen, gilt als zweiter wichtiger Baustein für die geplante Bankenunion. Dazu will die EU-Kommission noch bis zum Sommer 2013 einen entsprechenden Vorschlag präsentieren.

    Auch die zentralen Fragen, welche zusätzlichen Konsequenzen aus der Schuldenkrise zu ziehen sind, will die EU in diesem Jahr beantworten. Dabei geht es um verbindlichere Reformzusagen der Mitgliedsstaaten, neue Sanktionsrechte für die EU-Kommission und die Schaffung eines sogenannten Solidaritätsfonds, mit dem bspw. bestimmte Reformprojekte finanziell unterstützt werden könnten. Aber es wird weiterhin ein evolutionärer, kein revolutionärer Prozess sein, betont der altgediente EU-Parlamentarier Elmar Brok:

    ""Es wird keinen großen Reformgipfel geben. Es sind immer nur Baustellen, die voran getrieben werden". "

    Aber auf eines hoffen viele in Brüssel: dass es 2013 etwas ruhiger zugehen wird als im dramatischen Schulden-Krisenjahr 2012.