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Neues Mogwai-Album
Rave auf Schottisch

Drin ist, was drauf steht: Mogwai-Fans wissen, dass sie dieses Motto getrost vergessen können, wenn die schottische Postrock-Band ihr neuestes Album "Rave Tapes" nennt. Ein kühles und düsteres Werk.

Von Anke Behlert | 18.01.2014
    Schwarz-Weiß-Foto der Band Mogwai bei einem Konzert.
    Die schottische Band Mogwai bringt in diesem Monat ihr achtes Album auf den Markt (picture alliance / dpa-Zentralbild / Britta Pedersen)
    Im Grunde ihres Herzens sind Mogwai ziemlich albern. Oder wie sonst ist es zu erklären, dass sie sich für ihre Alben Titel ausdenken, die nicht nur nichts mit der Musik zu tun haben, wie zum Beispiel "Hardcore will never die, but you will". Sie können auch völlig in die Irre führen wie bei ihrem jüngsten Werk "Rave Tapes". Wer nämlich denkt, zu Mogwai-Songs könnte man dieses mal tanzen, der ist auf dem Holzweg.
    Im letzten Jahr haben Mogwai den Soundtrack zu der französischen Serie "The Returned" aufgenommen. Die Serie spielt in einer kleinen Stadt in den Bergen, in der mysteriöse Dinge geschehen. Verstorbene Personen wie Kinder aus einem verunglückten Schulbus oder ein junger Mann, der Selbstmord beging, tauchen plötzlich wieder auf. Die ohnehin recht unheimliche Atmosphäre wird von Mogwais musikalischer Untermalung noch verstärkt. Ob sie sich für "Rave Tapes" von der Arbeit am Soundtrack haben beeinflussen lassen, erklärt Gitarrist Stuart Braithwaite.
    Von Optimismus nichts mehr zu spüren
    "Ich weiß nicht, ob uns das beeinflusst hat. Vielleicht haben wir hier und da die gleichen Sounds benutzt. Aber wir betrachten das als zwei ganz unterschiedliche Projekte. Soundtracks sind eine Ergänzung, aber Alben müssen mehr Substanz haben und für sich selbst stehen."
    Während Mogwai auf ihrem letzten Album fast ein wenig optimistisch wirkten, ist davon auf "Rave Tapes" nichts mehr zu spüren. Die Stimmung ist düster, das Tempo gedrosselt. "Rave Tapes" klingt kühl und elektronisch. Bassist Dominic Aitchison spielt hauptsächlich Synthesizer-Bass statt Bassgitarre, was den vorherrschenden Sound noch unterstreicht, wie zum Beispiel im Song "Remurdered".
    Der Gesang spielt bei Mogwai so gut wie nie eine Rolle. Es gibt maximal ein bisschen unverständliches Gemurmel, das dazu noch mit Vocoder verfremdet ist. Wann ein Song eben dieses Gemurmel benötigt, erklären Barry Burns und Stuart Braithwaite so:
    Burns: "Wenn es unfertig klingt und man sich fragt: Wo ist eigentlich die Melodie? Alle anderen Instrumente sind schon da und keines spielt eine Melodie. Dann denkt man sich: Hm, hier brauchen wir wohl ein bisschen Gesang. So einfach ist das."
    Braithwaite: "Wenn es so klingt, als würden alle Instrumente etwas begleiten, was aber nicht da ist."
    Obwohl oder gerade weil sie keinen nennenswerten Gesang verwenden, sind Mogwai-Songs spannend, denn sie sind unvorhersehbar. Sie leben von ihrer Dynamik und den sich über die gesamte Songlänge entwickelnden Soundmustern.
    Songs "schlingern", "flattern" und "knurren"
    "Interessante Musik zu machen, ist nie einfach, egal ob mit Gesang oder ohne. Es gibt wirklich sehr lahme Instrumentalmusik und unglaublich clevere Bands mit Sänger. Aber wenn du ein bisschen anders sein willst, ist es egal, was du spielst, es ist immer knifflig."
    Die Songs auf "Rave Tapes" schlingern, flattern, knurren und bauen sich langsam auf bis die Band einem mit voller Wucht ihr gesamtes Instrumenten- und Effektarsenal entgegenschleudert. Damit treffen Mogwai auch nach fast 20 Jahren immer noch direkt in die Magengrube. Und ob die Titel nun zur Musik passen oder nicht, spielt am Ende auch keine Rolle, solange es auf Mogwai Alben diese Momente gibt, in denen einem am ganzen Körper die Haare zu Berge stehen. Dann dreht man den Lautstärkeregler auf Anschlag und lässt sich von den verzerrten Gitarren den Gehörgang durchpusten.