
Fußballfans protestieren zusammen mit tausend anderen Personen auf einer Demonstration gegen das geplante Versammlungsgesetz in Nordrhein-Westfalen Ende Juni. "Grundsätzlich muss man aufpassen, dass eine weitere Kriminalisierung von Fußballfans hier in NRW nicht voranschreitet", fürchtet Patrick Arnold von der Landesarbeitsgemeinschaft der Fanprojekte in NRW.
Das neue Versammlungsgesetz kennt auch ein so genanntes "Militanzverbot". Damit sollen Versammlungen unter freiem Himmel, die Gewaltbereitschaft vermitteln oder Einschüchterung betreiben, verboten werden. Darunter fällt dann auch das Tragen von Uniformen oder uniformähnlicher Kleidung. Das könnte eben im Fußballland NRW mit seinen neun Clubs in 1. oder 2. Fußball-Bundesliga auch viele Fans treffen, die z.B. einen Fanmarsch zum Stadion machen, befürchtet Arnold: "Das neue Versammlungsgesetz bietet natürlich schon relativ einfach die Möglichkeit für einen Fußballfan gegen ein Militanzverbot zu verstoßen. Wir haben natürlich Angst, dass das Verhalten von Fußballfans unter solchen Paragrafen zusammengefasst wird, und es zu negativen Auswirkungen für Fans auf Landesebene kommen könnte."
Präventivpolizeiliche Maßnahmen bereiten Sorge
Sorge bereiten vor allem die präventivpolizeilichen Maßnahmen, die im Gesetzesentwurf genannt werden. So sollen beispielsweise so genannte Gefährderansprachen bei denjenigen durchgeführt werden, bei denen man annimmt, sie könnten gegen das "Militanzverbot" verstoßen. Damit sei der Willkür Tür und Tor geöffnet, heißt es in einer öffentlichen Stellungnahme der Fanprojekte und Fanhilfen.
Initiiert hat diesen Gesetzesentwurf das CDU-geführte Innenministerium. Christos Katzidis, innenpolitischer Sprecher der Landtagsfraktion, sieht die Sachlage ganz anders: "Friedliche Fanmärsche, bei denen Vereinsparolen skandiert und Fangesänge angestimmt werden, sind selbstverständlich auch in der Zukunft erlaubt. Unsere Fußballfans müssen sich da überhaupt keine Sorgen machen. Gemeinsam im Trikot die eigene Mannschaft feiern und unterstützen ist überhaupt nichts, wo wir mit dem neuen Versammlungsgesetz eingreifen wollen."
Opposition teilt Sorge der Fans
Die Opposition im NRW-Landtag hält dagegen, dass Fans davon eben doch massiv betroffen sein würden. Wie der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der SPD, Sven Wolf, deutlich macht: "Die Sorge der Fanprojekte teilen wir. Denn im Entwurf der Landesregierung ist das Militanzverbot sehr weit gefasst. Das geht so nicht, und das lehnen wir ab."
"Das wird womöglich in Zukunft eben nicht nur gewaltbereite Neonazi betreffen, wo es ja richtig wäre, sondern eben zum Beispiel friedliche Fangruppierungen", ergänzt die Grünen-Fraktionschefin Verena Schäffer. Zünglein an der Waage ist letztlich die FDP-Fraktion, die gemeinsam mit der CDU die NRW-Landesregierung stellt. Auf Deutschlandfunk-Anfrage stellt sie klar, dass ihr eine Ausweitung des Militanzverbotes auf sonstige öffentliche Veranstaltungen unter freiem Himmel wie Fußballaufzüge sachfremd erscheine.
"Im parlamentarischen Verfahren werden wir unsere Änderungsvorstellungen mit dem Koalitionspartner besprechen und mit entsprechenden Änderungsanträgen weiterhin sehr genau darauf achten, dass Grundrechte auf Versammlungs- und Meinungsfreiheit (…) nicht eingeschränkt, sondern vielmehr durch präzisere Regeln gestärkt werden."
Fans beklagen zahlreiche Maßnahmen der Landesregierung
Das Gegenteil beklagen aber die Fans. Obwohl Gewalt im Fußball schon länger rückläufig sei, gebe es zahlreiche Maßnahmen der schwarz-gelben Landesregierung gegenüber Fußballfans, betont Patrick Arnold von der Landesarbeitsgemeinschaft der Fanprojekte: "Wir haben erst das neu verabschiedete Polizeiaufgabengesetz. Dann gab es hier auf Landesebene das Kooperationspapier zwischen dem Innenministerium und den Fußballvereinen namens Stadionallianzen, wo die Rechte von Fußballfans auch nicht in allen Bereichen berücksichtigt werden. Zu guter Letzt gibt es jetzt auch noch die Veränderung im Versammlungsgesetz, und das steht natürlich diametral zu der Entwicklung, die wir eigentlich im Fußball beobachten."
Dennoch: Durch die zahlreichen Proteste, auch von Fußballfans, ist noch einmal Bewegung in die politische Diskussion um das umstrittene NRW-Versammlungsgesetz gekommen. Im Herbst soll es endgültig verabschiedet werden.