Über den Inhalt eines Gespräches von Verteidigungsminister Sergej Iwanow mit einer Delegation des Vereinigten Generalstabs der US-Streitkäfte in Moskau erfuhr die Presse nichts Konkretes, beginnt der ORT-Sprecher seinen Bericht vom vergangenen Freitagabend.
Bekannt sei nur, so sagt er, dass der stellvertretende Vorsitzende der strategisch-politischen Planungsgruppe, Kitt Dayton, diese Delegation leite. Nicht auszuschließen sei, so fährt der Nachrichtensprecher fort, dass das Treffen als Teil des beiderseitigen gemeinsamen Vorgehens gegen den Terrorismus stattfinde. Besonders nachdem Russland inzwischen versprochen habe, mit den USA die dazu erforderlichen Geheimdienstinformationen über Afghanistan auszutauschen und sogar an der Planung möglicher Militäraktionen teilzunehmen. Ende des Beitrags.
Dieser ausdrückliche Hinweis, diese Betonen einer russisch-amerikanischen Zusammenarbeit sogar in den delikaten Bereichen von Militär und Geheimdienst, hätte noch vor wenigen Wochen gerade in Moskau bei nicht wenigen ungläubiges Kopfschütteln provoziert. Neue Normalität also im Umgang zwischen Russland und den USA, zwischen Russland und dem Westen?
Das entscheidende Signal ertönte nur wenige Tage zuvor an ganz anderer Stelle, im Reichstagsgebäude, vor den Abgeordneten des Deutschen Bundestags. In seiner von vielen rasch als "historisch" bezeichneten Rede hatte Russlands Staatspräsident Wladimir Putin dazu aufgerufen, gemeinsam der internationalen terroristischen Bedrohung entgegenzutreten.
Er hatte aber nicht nur die USA im Blick, die nach den Kamikaze-Attentaten auf New York und Washington Tausende von Opfern zu beklagen hatten. Ausdrücklich mahnte er vor dem deutschen Parlament die Europäer, alte Denkweisen zu überwinden. Aus seiner, Putins, Sicht gebe es immer noch das Problem:
Wir leben weiterhin im alten Wertesystem. Wir sprechen von einer Partnerschaft. Nur, in Wirklichkeit haben wir immer noch nicht gelernt, einander zu vertrauen. Trotz der vielen süßen Reden - heimlich leisten wir Widerstand. Mal verlangen wir Loyalität zur Nato, mal streiten wir uns über die Zweckmäßigkeit ihrer Ausbreitung. Wir können uns immer noch nicht über die Probleme der Abwehr des Raketensystems einigen. Als ob wir nicht bemerkten, dass sich die Welt nicht mehr in zwei feindliche Lager teilt. Die Welt ist viel, viel komplizierter geworden.
Die Anschläge in den USA, die schnelle Reaktion Russlands, Washington seine Solidarität im Kampf gegen die Hintermänner, Mitwisser und Finanziers dieser Terroraktionen anzubieten und auch das konstruktive, im Ergebnis pro-amerikanische, Abstimmungsverhalten Russlands im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen lässt zunächst den Schluss zu: Moskau versucht, das in der jüngsten Vergangenheit eher kühle Verhältnis zu Washington wieder zu erwärmen. Dass Russlands politische Hilfs- und Kompromissbereitschaft beim wohl vor allem im Mittleren Osten, in Afghanistan, dislozierten Terrorproblem neuerdings ein ausgesprochen gutes Echo hervorruft, spricht für die Zielstrebigkeit dieser russischen Haltung:
Man ist Partner. Man weiß es. Und man versucht diese neue Position, diese neue Schlüsselfunktion, in dieser Region so teuer wie möglich zu verkaufen. Das ist hochprofessionell gemacht. Und man sollte dies auch der russischen Seite nicht vorwerfen, solange sie sich an ihre Abmachungen hält und solange sie nicht zu hohe Forderungen stellt.
Heinrich Vogel, Russland-Experte und bis vor kurzem Direktor des Kölner Bundesinstituts für Ostwissenschaftliche und internationale Studien, beurteilt die mittel- bis langfristigen Perspektiven, die sich daraus für eine russische Außenpolitik ergeben könnten, in der Konsequenz daraus so:
Im besten Fall kann man eine pragmatische Politik erwarten, die sich an die verbliebenen Möglichkeiten der ehemaligen Großmacht anpaßt, d.h.: Keine allzu großen Ansprüche an die Außenwelt und die Bescheidung auf die Rolle, die man spielen kann, nämlich in Eurasien und hier insbesondere in der Region, auf die es jetzt ankommt. Jetzt ist der Zeitpunkt für die russische Politik, sich auf eine völlig veränderte Lage in den internationalen Beziehungen einzustellen und diese Gelegenheit wird ergriffen.
Dass dieser pragmatische Ansatz in der russischen Politik derzeit vielleicht die dominierende Linie sein mag, dabei aber durchaus immer noch in Konkurrenz stehen kann zu einer russischen Denkschule, die vom Dominanzstreben der USA ausgeht und von der russischen Politik ein Dagegenhalten fordert - dies wurde zeitgleich deutlich während der Jahrestagung des Deutsch-Russischen Forums vergangene Woche in Berlin und dem Deutschland-Besuch von Präsident Putin. Und dort meinte etwa Alexej Puschkow, prominenter Moderator eines politischen Fernsehmagazins in Russland:
Als am 11. September die Terror-Katastrophe in den USA passierte, war Präsident Putin einer der ersten, wenn nicht sogar der erste Präsident einer Großmacht, der Präsident Bush anrief und politische Unterstützung sowie die Bereitschaft äußerte, im Kampf gegen den internationalen Terrorismus zusammenzuarbeiten.
Das ist eine Form der Unterstützung. Aber wenn die USA Dinge machen, die - sagen wir - zumindest umstritten sind, mit denen sehr viele Länder nicht einverstanden sind, müssen wir auch dann automatisch die Vereinigten Staaten unterstützen? Ist das unser Passierschein in den sogenannten zivilisierten Teil der Menschheit? Müssen wir von vornherein unkritisch sein, was die Handlungen der westlichen Staaten angeht? Hat die NATO per se, per Definition, immer Recht - oder nicht? Neunzehn Demokratien können sich nicht irren? - Nein?? - Na, dann ist doch alles klar, nicht? Dann herrscht also bereits das Himmelreich auf Erden, ja?
Fast zeitgleich, vielleicht drei Kilometer Luftlinie entfernt vom Tagungsort, klang das im Berliner Reichstag in den Worten Wladimir Putins vielleicht eleganter aber in der Quintessenz nicht weniger deutlich:
"Die bisher ausgebauten Koordinations-Organe geben Russland keine reale Möglichkeiten, bei der Vorbereitung der Beschlussfassung mitzuwirken. Heutzutage werden Entscheidungen manchmal überhaupt ohne uns getroffen. Nur werden wir dann nachdrücklich gebeten, sie zu bestätigen. Dann spricht man wieder von der Loyalität von Nato. Es wird sogar gesagt: Ohne Russland sei es unmöglich, diese Entscheidungen zu verwirklichen. Wollen wir uns fragen, ob das normal ist? Ob das echte Partnerschaft ist?
Allerdings scheint es im Licht der jüngsten Ereignisse und der sich bereits international neu-justierenden strategischen Kraftfelder immer noch sinnvoll zu sein, gemeinsam benutzte Begriffe zunächst auf ihren Inhalt hin einmal abzugleichen. Es lohnt sich immer noch nachzufragen, ob die russische Seite von derselben Begrifflichkeit oder Definition ausgeht wie ihre westlichen Gesprächspartner. Ein markantes Beispiel lieferte - ebenfalls während des jüngsten Deutsch-Russischen Forums - Gleb Pawlowskij. Der Politologe und Leiter eines Moskauer "Think Tank" gilt seit langem als einer der einflussreichsten Berater Putins. Was er etwa zum Stichwort "Europa", "Europäisierung" formulierte, offenbarte einen Blickwinkel, der sich von den hierzulande gebräuchlichen Sichtweisen dann doch einigermaßen unterschied :
Russland beabsichtigt keine eigenständige Europäisierung. so etwas ist unmöglich. Wir werden uns zusammen mit denjenigen Ländern ‚europäisieren’, für die das Problem aktuell ist. Das sind Staaten wie die Ukraine, Weißrussland, unabhängig von der Person des dortigen Präsidenten Lukaschenka... - Unser Problem ist: Russland wird gezwungen sein, sich von neuem jenes europäische Areal aufzubauen, zu erschließen und mit ihm ins Gespräch zu kommen, wo es ohne Unterstützung zurückgeblieben war.
Und - Beispiel zwei - auch was das Thema "Menschenrechte" betrifft, kursieren innerhalb der russischen politischen Elite nach wie vor Auffassungen, die sich zum Teil in bewusstem Gegensatz zu westlichen Denkmustern und Vorstellungen artikulieren. Deutlich verärgert gibt etwa wieder Fernseh-Moderator Puschkow zu verstehen:
Von Russland wird überdurchschnittlich viel gefordert. Anders als bei solchen Ländern wie - na, zum Beispiel: China oder Saudi-Arabien. Russland soll, so scheint es, sehr schnell nach dem westlichen Wertesystem funktionieren. Hier aber habe ich doch eine große Frage. Nämlich: Wie universal begreift sich eigentlich dieses westliche Wertesystem? Wie durchdacht oder nicht breitet es sich über den ganzen Erdball aus? Als die sowjetischen Truppen 1978 in Afghanistan einmarschiert sind, haben sie versucht, dort die kommunistischen Werte einzupflanzen. - Und jeder weiß, wie das ausgegangen ist.
Und ausgehend von dieser Analyse schlägt Aleksej Puschkow dann den Bogen zur weltweit aktuellen Anti-Terrorismus-Debatte. Nochmals das Stichwort "Menschenrechte" aufgreifend meint er:
Jeder Mensch hat andere Vorstellungen darüber, was seine Rechte beinhalten. - Zum Beispiel: Die tschetschenischen Kämpfer haben die Vorstellung, den russischen Staatsverband zu verlassen.
Müssen bei dieser Konzeption eigentlich auch die Menschenrechte anderer berücksichtigt werden? Oder dürfen nur die Rechte eines radikal eingestellten Tataren oder Tschetschenen berücksichtigt werden? Die Rechte von einhundert Millionen ebenfalls in Russland lebender Menschen bedeuten doch auch etwas! Das Beispiel Jugoslawien hat im übrigen gezeigt: Wer ausschließlich die Rechte der Minderheiten unterstützt, verhilft letztlich dazu, dass die Rechte der Mehrheit geschädigt werden.
Hier wird ein Gegensatz deutlich, bei dem jedoch der Westen nach den Terror-Anschlägen in den USA Russland neuerdings entgegenzukommen scheint. Auf einem Gebiet, wo Moskau sich bisher seit langem eindeutig in der Defensive befand - in der Tschetschenien-Frage:
In Straßburg hat sich, vor dem Hintergrund der internationalen anti-terroristischen Operation, die Situation kardinal verändert, wenn man sie mit dem Vorjahr vergleicht. So begann mit kaum verhohlener Zufriedenheit Ende vergangener Woche NTW-Korrespondent Vadim Glusker eine Fernseh-Reportage aus dem Europa-Rat. Damals, vor einem Jahr, so berichtet Glusker weiter, entzog man den russischen Parlamentariern das Stimmrecht. Die russsische Delegation hatte darauf hin unter Protest den Sitzungssaal verlassen. Auf der Tagesordnung stand sogar der Antrag, Russland aus dem Europarat auszuschließen.
Jetzt aber - so Glusker - habe sich viel verändert. Die Kritiker der russischen Exekutive in Straßburg würden weniger und weniger. Die Demarche der tschetschenischen Seite vor einigen Tagen, ihre Beziehungen zur Parlamentarier-Versammlung des Europarats abzubrechen, bewerte der Vorsitzende des Duma-Ausschusses für Internationale Beziehungen, Dimitri Rogozin, als Ausdruck der Schwäche der tschetschenischen Führung.
Und ungeachtet dessen, dass der Generalsekretär des Europa-Rats, Walter Schwimmer, davon gesprochen habe, dass sich an der Position seiner Organisation hinsichtlich Tschetscheniens im Zusammenhang mit dem verstärktem Kampf gegen den Internationalen Terrorismus nichts verändern werde, hätten andererseits viele aufmerksam folgendes registriert: Vertreter Tschetscheniens seien nicht nur nicht im Saal anwesend gewesen sondern viele von ihnen habe man einfach nicht in das Gebäude des Europa-Rats eingelassen. Der offizielle Grund, so Gluskers maliziös klingender Schluss-Satz: Verstärkte Sicherheitsmaßnahmen!
Für Russland - so stellt es sich jetzt für viele Beobachter dar - hat sich nach dem 11. September als Mitglied der Internationalen Anti-Terrorismus-Koalition die Möglichkeit ergeben das hausgemachte Tschetschenien-Problem jetzt womöglich leichter auf eine ihm genehme Weise in den Griff zu bekommen. Ausgerechnet der deutsche Bundeskanzler, ausgerechnet Gerhard Schröder, gilt als jener westliche Regierungs-Chef der während Putins Deutschland-Visite dem Kreml-Chef ein entsprechend eindeutiges und öffentliches Signal des Westens gegeben hat:
Ich habe gemeint, dass es in Bezug auf Tschetschenien zu einer differenzierteren Bewertung der Völkergemeinschaft kommen muss und sicher auch kommen wird.
Kaum war dieser Satz auf dem Markt, fielen die Reaktionen in den für die Tschetschenien-Kriegsführung verantwortlichen Kreisen des russischen Regierungs-Apparates entsprechend zufrieden und selbstbewusst aus. Vladimir Ruschajlo etwa, früherer Innenminister unter Putin und jetzt Sekretär des Nationalen Sicherheitsrates, meinte kurz nach der Schröder-Äußerung während eines Besuchs im russisch-ukrainisch-weißrussischen Grenzgebiet:
Das Verhalten uns gegenüber von Vertretern einiger Organisationen, die Russland wegen übermäßiger Gewaltanwendung in Tschetschenien kritisiert haben, muss sich ändern. Denn wir sehen, dass wir es mit ein und denselben terroristischen Gruppen zu tun haben. Und wir haben unsere amerikanischen Partner schon seit langem gewarnt: Die tschetschenischen Kämpfer sind Verbindungsleute von Usama bin Laden, werden aus ein und denselben Finanzzentren versorgt. Und deswegen haben wir es mit Erscheinungsformen des internationalen Terrorismus zu tun, dem sich die Weltgemeinschaft insgesamt entgegenstellen muss.
Russland-Experte Heinrich Vogel sieht den vermeintlichen Freifahrt-Schein für Russland in Tschetschenien, ausgestellt durch den Bundeskanzler, aus dieser Optik:
Was der Kanzler offensichtlich in einer spontanen Eingebung meinte, war die unleugbare Tatsache, dass in Tschetschenien natürlich ein harter Kern von fundamentalistischen, zu allen Gewalttaten entschlossenen Kämpfern am Werk war, die auch die eigene Bevölkerung als Geisel genommen haben und an dieser Stelle muss man sagen, ist der Ausspruch des Kanzlers nicht an der Sache vorbei. Nur: Es geht nicht nur um die differenzierte Wahrnehmung. Es geht um eine differenzierte Reaktion auf eine hochkomplexe Lage im Kaukasus.
Eine - auch wenn es beinahe zynisch klingt - positive Möglichkeit für Russlands künftige außenpolitische Konzeption, zeichne sich aufgrund der neuen Lage - so Vogel - bereits jetzt ab:
Bis vor den 11. September muss man davon ausgehen, dass viele Positionen der Sicherheitspolitik noch nicht austariert waren. Hier gab es Widerspruch von Seiten des Militärs. Hier gab es Besorgnisse in der Innenpolitik hinsichtlich des Einflusses des Westens auf die russische Gesellschaft. All das ist jetzt in den Hintergrund gerückt. Jetzt geht es darum , die eigene Position einzuordnen in die anti-terroristische Koalition, die sich ja jetzt gebildet hat. Hier ist man plötzlich nicht mehr der Außenseiter, auf den alle mit den Fingern zeigen, sondern man ist Teil einer Koalition, die das selbe Problem bekämpft und nicht immer mit Samthandschuhen angeht."
Und noch eins kommt hinzu: Es könnte sich erweisen, dass die russische Außenpolitik die gegenwärtige Position als gleichgestellter, vielleicht in gewisser Hinsicht sogar privilegierter Partner innerhalb der internationalen Anti-Terror-Koalition zu einem weiteren Vorteil für sich auszubauen versucht. Konkret: Moskau dürfte danach streben, im Umfeld der Afghanistan-Krise seine Positionen in Zentralasien zu festigen. Ein Ansatz, durch den sich aber China beeinträchtigt sehen könnte. Dennoch stimmte zunächst auch Peking im UN-Sicherheitsrat für die Anti-Terror-Resolution:
Es war taktisches Verhalten. Eigentlich hätte China eine ganze Menge gegen eine solche Koalition, gegen eine solche Allianz. Weniger wegen der eigenen Minderheiten im eigenen Lande, wegen der Tibeter oder der Uiguren. Vielmehr wird es China darum gehen, wie sich die Kräfte in Zentralasien verschieben werden. Zum Beispiel der Iran und Pakistan: Wie diese beiden Länder innerhalb der sogenannten Allianz gegen den internationalen Terrorismus langfristig sich verhalten werden gegenüber Amerika, gegenüber Europa, gegenüber Japan etwa. Früher, die beiden Länder, waren anti-amerikanisch eingestellt, hatte China zwei sehr gute Karten in der Hand.
Und speziell hinsichtlich Russlands aktueller, vor allem aber künftiger Rolle in Zentralasien, kommt der in Deutschland lebende Publizist und China-Experte Shi Ming zu folgender weiterer Einsicht:
Russland ist ein noch gefährlicherer Gegner für China als die USA, weil Russland durch die enge Kooperation mit Tadschikistan, mit Kasachstan, mit Usbekistan und vor allem mit den USA China eben diese beiden Karten aus der Hand nimmt. Es gibt die Shanghai-Kooperation der zentralasiatischen Länder von Russland und China vor drei Jahren ins Leben gerufen. Damals hatte China in dieser Allianz eine sehr starke Position. Jetzt jedoch, weil Russland mit diesen zentralasiatischen Staaten ausnahmslos in die Koalition der weltweiten Anti-Terror-Koalition eingestiegen ist, dadurch hat Peking jetzt schon innerhalb der ‘Shanghaier 5’ fast nichts mehr mitzureden. Russland hat gegenüber Amerika noch viel Ressourcen, z.B. Erdöl. Dadurch, dass Russland den Einfluss in Zentralasien zurückgewinnt, sieht sich Peking noch einmal unter Druck gesetzt, nämlich nicht nur unter den Druck der Amerikaner, die im Nahen Osten die Erdöl-Ressourcen durch Saudi-Arabien kontrollieren sondern durch Russland. Weil Russland diesmal in Zentralasien zugreifen wird.
Dass Russland - nicht zuletzt durch ein geschicktes und von professioneller Öffentlichkeits-Arbeit begleitetes Vorgehen - in den zurückliegenden Tagen und Wochen außenpolitisches Terrain zurückgewonnen hat, ist kaum zu bezweifeln. Interessant wird indes sein, ob Moskau wiedergewonnene Positionen halten kann, weiterhin geschmeidig reagieren wird oder doch der Versuchung nachgeben könnte, auch auf internationaler Bühne wieder machtpolitisch Druck ausüben zu wollen - vermeintlich gedeckt durch ein kollektives Augenzwinkern oder Wegsehen Europas, weniger vielleicht der USA.
011002
Bekannt sei nur, so sagt er, dass der stellvertretende Vorsitzende der strategisch-politischen Planungsgruppe, Kitt Dayton, diese Delegation leite. Nicht auszuschließen sei, so fährt der Nachrichtensprecher fort, dass das Treffen als Teil des beiderseitigen gemeinsamen Vorgehens gegen den Terrorismus stattfinde. Besonders nachdem Russland inzwischen versprochen habe, mit den USA die dazu erforderlichen Geheimdienstinformationen über Afghanistan auszutauschen und sogar an der Planung möglicher Militäraktionen teilzunehmen. Ende des Beitrags.
Dieser ausdrückliche Hinweis, diese Betonen einer russisch-amerikanischen Zusammenarbeit sogar in den delikaten Bereichen von Militär und Geheimdienst, hätte noch vor wenigen Wochen gerade in Moskau bei nicht wenigen ungläubiges Kopfschütteln provoziert. Neue Normalität also im Umgang zwischen Russland und den USA, zwischen Russland und dem Westen?
Das entscheidende Signal ertönte nur wenige Tage zuvor an ganz anderer Stelle, im Reichstagsgebäude, vor den Abgeordneten des Deutschen Bundestags. In seiner von vielen rasch als "historisch" bezeichneten Rede hatte Russlands Staatspräsident Wladimir Putin dazu aufgerufen, gemeinsam der internationalen terroristischen Bedrohung entgegenzutreten.
Er hatte aber nicht nur die USA im Blick, die nach den Kamikaze-Attentaten auf New York und Washington Tausende von Opfern zu beklagen hatten. Ausdrücklich mahnte er vor dem deutschen Parlament die Europäer, alte Denkweisen zu überwinden. Aus seiner, Putins, Sicht gebe es immer noch das Problem:
Wir leben weiterhin im alten Wertesystem. Wir sprechen von einer Partnerschaft. Nur, in Wirklichkeit haben wir immer noch nicht gelernt, einander zu vertrauen. Trotz der vielen süßen Reden - heimlich leisten wir Widerstand. Mal verlangen wir Loyalität zur Nato, mal streiten wir uns über die Zweckmäßigkeit ihrer Ausbreitung. Wir können uns immer noch nicht über die Probleme der Abwehr des Raketensystems einigen. Als ob wir nicht bemerkten, dass sich die Welt nicht mehr in zwei feindliche Lager teilt. Die Welt ist viel, viel komplizierter geworden.
Die Anschläge in den USA, die schnelle Reaktion Russlands, Washington seine Solidarität im Kampf gegen die Hintermänner, Mitwisser und Finanziers dieser Terroraktionen anzubieten und auch das konstruktive, im Ergebnis pro-amerikanische, Abstimmungsverhalten Russlands im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen lässt zunächst den Schluss zu: Moskau versucht, das in der jüngsten Vergangenheit eher kühle Verhältnis zu Washington wieder zu erwärmen. Dass Russlands politische Hilfs- und Kompromissbereitschaft beim wohl vor allem im Mittleren Osten, in Afghanistan, dislozierten Terrorproblem neuerdings ein ausgesprochen gutes Echo hervorruft, spricht für die Zielstrebigkeit dieser russischen Haltung:
Man ist Partner. Man weiß es. Und man versucht diese neue Position, diese neue Schlüsselfunktion, in dieser Region so teuer wie möglich zu verkaufen. Das ist hochprofessionell gemacht. Und man sollte dies auch der russischen Seite nicht vorwerfen, solange sie sich an ihre Abmachungen hält und solange sie nicht zu hohe Forderungen stellt.
Heinrich Vogel, Russland-Experte und bis vor kurzem Direktor des Kölner Bundesinstituts für Ostwissenschaftliche und internationale Studien, beurteilt die mittel- bis langfristigen Perspektiven, die sich daraus für eine russische Außenpolitik ergeben könnten, in der Konsequenz daraus so:
Im besten Fall kann man eine pragmatische Politik erwarten, die sich an die verbliebenen Möglichkeiten der ehemaligen Großmacht anpaßt, d.h.: Keine allzu großen Ansprüche an die Außenwelt und die Bescheidung auf die Rolle, die man spielen kann, nämlich in Eurasien und hier insbesondere in der Region, auf die es jetzt ankommt. Jetzt ist der Zeitpunkt für die russische Politik, sich auf eine völlig veränderte Lage in den internationalen Beziehungen einzustellen und diese Gelegenheit wird ergriffen.
Dass dieser pragmatische Ansatz in der russischen Politik derzeit vielleicht die dominierende Linie sein mag, dabei aber durchaus immer noch in Konkurrenz stehen kann zu einer russischen Denkschule, die vom Dominanzstreben der USA ausgeht und von der russischen Politik ein Dagegenhalten fordert - dies wurde zeitgleich deutlich während der Jahrestagung des Deutsch-Russischen Forums vergangene Woche in Berlin und dem Deutschland-Besuch von Präsident Putin. Und dort meinte etwa Alexej Puschkow, prominenter Moderator eines politischen Fernsehmagazins in Russland:
Als am 11. September die Terror-Katastrophe in den USA passierte, war Präsident Putin einer der ersten, wenn nicht sogar der erste Präsident einer Großmacht, der Präsident Bush anrief und politische Unterstützung sowie die Bereitschaft äußerte, im Kampf gegen den internationalen Terrorismus zusammenzuarbeiten.
Das ist eine Form der Unterstützung. Aber wenn die USA Dinge machen, die - sagen wir - zumindest umstritten sind, mit denen sehr viele Länder nicht einverstanden sind, müssen wir auch dann automatisch die Vereinigten Staaten unterstützen? Ist das unser Passierschein in den sogenannten zivilisierten Teil der Menschheit? Müssen wir von vornherein unkritisch sein, was die Handlungen der westlichen Staaten angeht? Hat die NATO per se, per Definition, immer Recht - oder nicht? Neunzehn Demokratien können sich nicht irren? - Nein?? - Na, dann ist doch alles klar, nicht? Dann herrscht also bereits das Himmelreich auf Erden, ja?
Fast zeitgleich, vielleicht drei Kilometer Luftlinie entfernt vom Tagungsort, klang das im Berliner Reichstag in den Worten Wladimir Putins vielleicht eleganter aber in der Quintessenz nicht weniger deutlich:
"Die bisher ausgebauten Koordinations-Organe geben Russland keine reale Möglichkeiten, bei der Vorbereitung der Beschlussfassung mitzuwirken. Heutzutage werden Entscheidungen manchmal überhaupt ohne uns getroffen. Nur werden wir dann nachdrücklich gebeten, sie zu bestätigen. Dann spricht man wieder von der Loyalität von Nato. Es wird sogar gesagt: Ohne Russland sei es unmöglich, diese Entscheidungen zu verwirklichen. Wollen wir uns fragen, ob das normal ist? Ob das echte Partnerschaft ist?
Allerdings scheint es im Licht der jüngsten Ereignisse und der sich bereits international neu-justierenden strategischen Kraftfelder immer noch sinnvoll zu sein, gemeinsam benutzte Begriffe zunächst auf ihren Inhalt hin einmal abzugleichen. Es lohnt sich immer noch nachzufragen, ob die russische Seite von derselben Begrifflichkeit oder Definition ausgeht wie ihre westlichen Gesprächspartner. Ein markantes Beispiel lieferte - ebenfalls während des jüngsten Deutsch-Russischen Forums - Gleb Pawlowskij. Der Politologe und Leiter eines Moskauer "Think Tank" gilt seit langem als einer der einflussreichsten Berater Putins. Was er etwa zum Stichwort "Europa", "Europäisierung" formulierte, offenbarte einen Blickwinkel, der sich von den hierzulande gebräuchlichen Sichtweisen dann doch einigermaßen unterschied :
Russland beabsichtigt keine eigenständige Europäisierung. so etwas ist unmöglich. Wir werden uns zusammen mit denjenigen Ländern ‚europäisieren’, für die das Problem aktuell ist. Das sind Staaten wie die Ukraine, Weißrussland, unabhängig von der Person des dortigen Präsidenten Lukaschenka... - Unser Problem ist: Russland wird gezwungen sein, sich von neuem jenes europäische Areal aufzubauen, zu erschließen und mit ihm ins Gespräch zu kommen, wo es ohne Unterstützung zurückgeblieben war.
Und - Beispiel zwei - auch was das Thema "Menschenrechte" betrifft, kursieren innerhalb der russischen politischen Elite nach wie vor Auffassungen, die sich zum Teil in bewusstem Gegensatz zu westlichen Denkmustern und Vorstellungen artikulieren. Deutlich verärgert gibt etwa wieder Fernseh-Moderator Puschkow zu verstehen:
Von Russland wird überdurchschnittlich viel gefordert. Anders als bei solchen Ländern wie - na, zum Beispiel: China oder Saudi-Arabien. Russland soll, so scheint es, sehr schnell nach dem westlichen Wertesystem funktionieren. Hier aber habe ich doch eine große Frage. Nämlich: Wie universal begreift sich eigentlich dieses westliche Wertesystem? Wie durchdacht oder nicht breitet es sich über den ganzen Erdball aus? Als die sowjetischen Truppen 1978 in Afghanistan einmarschiert sind, haben sie versucht, dort die kommunistischen Werte einzupflanzen. - Und jeder weiß, wie das ausgegangen ist.
Und ausgehend von dieser Analyse schlägt Aleksej Puschkow dann den Bogen zur weltweit aktuellen Anti-Terrorismus-Debatte. Nochmals das Stichwort "Menschenrechte" aufgreifend meint er:
Jeder Mensch hat andere Vorstellungen darüber, was seine Rechte beinhalten. - Zum Beispiel: Die tschetschenischen Kämpfer haben die Vorstellung, den russischen Staatsverband zu verlassen.
Müssen bei dieser Konzeption eigentlich auch die Menschenrechte anderer berücksichtigt werden? Oder dürfen nur die Rechte eines radikal eingestellten Tataren oder Tschetschenen berücksichtigt werden? Die Rechte von einhundert Millionen ebenfalls in Russland lebender Menschen bedeuten doch auch etwas! Das Beispiel Jugoslawien hat im übrigen gezeigt: Wer ausschließlich die Rechte der Minderheiten unterstützt, verhilft letztlich dazu, dass die Rechte der Mehrheit geschädigt werden.
Hier wird ein Gegensatz deutlich, bei dem jedoch der Westen nach den Terror-Anschlägen in den USA Russland neuerdings entgegenzukommen scheint. Auf einem Gebiet, wo Moskau sich bisher seit langem eindeutig in der Defensive befand - in der Tschetschenien-Frage:
In Straßburg hat sich, vor dem Hintergrund der internationalen anti-terroristischen Operation, die Situation kardinal verändert, wenn man sie mit dem Vorjahr vergleicht. So begann mit kaum verhohlener Zufriedenheit Ende vergangener Woche NTW-Korrespondent Vadim Glusker eine Fernseh-Reportage aus dem Europa-Rat. Damals, vor einem Jahr, so berichtet Glusker weiter, entzog man den russischen Parlamentariern das Stimmrecht. Die russsische Delegation hatte darauf hin unter Protest den Sitzungssaal verlassen. Auf der Tagesordnung stand sogar der Antrag, Russland aus dem Europarat auszuschließen.
Jetzt aber - so Glusker - habe sich viel verändert. Die Kritiker der russischen Exekutive in Straßburg würden weniger und weniger. Die Demarche der tschetschenischen Seite vor einigen Tagen, ihre Beziehungen zur Parlamentarier-Versammlung des Europarats abzubrechen, bewerte der Vorsitzende des Duma-Ausschusses für Internationale Beziehungen, Dimitri Rogozin, als Ausdruck der Schwäche der tschetschenischen Führung.
Und ungeachtet dessen, dass der Generalsekretär des Europa-Rats, Walter Schwimmer, davon gesprochen habe, dass sich an der Position seiner Organisation hinsichtlich Tschetscheniens im Zusammenhang mit dem verstärktem Kampf gegen den Internationalen Terrorismus nichts verändern werde, hätten andererseits viele aufmerksam folgendes registriert: Vertreter Tschetscheniens seien nicht nur nicht im Saal anwesend gewesen sondern viele von ihnen habe man einfach nicht in das Gebäude des Europa-Rats eingelassen. Der offizielle Grund, so Gluskers maliziös klingender Schluss-Satz: Verstärkte Sicherheitsmaßnahmen!
Für Russland - so stellt es sich jetzt für viele Beobachter dar - hat sich nach dem 11. September als Mitglied der Internationalen Anti-Terrorismus-Koalition die Möglichkeit ergeben das hausgemachte Tschetschenien-Problem jetzt womöglich leichter auf eine ihm genehme Weise in den Griff zu bekommen. Ausgerechnet der deutsche Bundeskanzler, ausgerechnet Gerhard Schröder, gilt als jener westliche Regierungs-Chef der während Putins Deutschland-Visite dem Kreml-Chef ein entsprechend eindeutiges und öffentliches Signal des Westens gegeben hat:
Ich habe gemeint, dass es in Bezug auf Tschetschenien zu einer differenzierteren Bewertung der Völkergemeinschaft kommen muss und sicher auch kommen wird.
Kaum war dieser Satz auf dem Markt, fielen die Reaktionen in den für die Tschetschenien-Kriegsführung verantwortlichen Kreisen des russischen Regierungs-Apparates entsprechend zufrieden und selbstbewusst aus. Vladimir Ruschajlo etwa, früherer Innenminister unter Putin und jetzt Sekretär des Nationalen Sicherheitsrates, meinte kurz nach der Schröder-Äußerung während eines Besuchs im russisch-ukrainisch-weißrussischen Grenzgebiet:
Das Verhalten uns gegenüber von Vertretern einiger Organisationen, die Russland wegen übermäßiger Gewaltanwendung in Tschetschenien kritisiert haben, muss sich ändern. Denn wir sehen, dass wir es mit ein und denselben terroristischen Gruppen zu tun haben. Und wir haben unsere amerikanischen Partner schon seit langem gewarnt: Die tschetschenischen Kämpfer sind Verbindungsleute von Usama bin Laden, werden aus ein und denselben Finanzzentren versorgt. Und deswegen haben wir es mit Erscheinungsformen des internationalen Terrorismus zu tun, dem sich die Weltgemeinschaft insgesamt entgegenstellen muss.
Russland-Experte Heinrich Vogel sieht den vermeintlichen Freifahrt-Schein für Russland in Tschetschenien, ausgestellt durch den Bundeskanzler, aus dieser Optik:
Was der Kanzler offensichtlich in einer spontanen Eingebung meinte, war die unleugbare Tatsache, dass in Tschetschenien natürlich ein harter Kern von fundamentalistischen, zu allen Gewalttaten entschlossenen Kämpfern am Werk war, die auch die eigene Bevölkerung als Geisel genommen haben und an dieser Stelle muss man sagen, ist der Ausspruch des Kanzlers nicht an der Sache vorbei. Nur: Es geht nicht nur um die differenzierte Wahrnehmung. Es geht um eine differenzierte Reaktion auf eine hochkomplexe Lage im Kaukasus.
Eine - auch wenn es beinahe zynisch klingt - positive Möglichkeit für Russlands künftige außenpolitische Konzeption, zeichne sich aufgrund der neuen Lage - so Vogel - bereits jetzt ab:
Bis vor den 11. September muss man davon ausgehen, dass viele Positionen der Sicherheitspolitik noch nicht austariert waren. Hier gab es Widerspruch von Seiten des Militärs. Hier gab es Besorgnisse in der Innenpolitik hinsichtlich des Einflusses des Westens auf die russische Gesellschaft. All das ist jetzt in den Hintergrund gerückt. Jetzt geht es darum , die eigene Position einzuordnen in die anti-terroristische Koalition, die sich ja jetzt gebildet hat. Hier ist man plötzlich nicht mehr der Außenseiter, auf den alle mit den Fingern zeigen, sondern man ist Teil einer Koalition, die das selbe Problem bekämpft und nicht immer mit Samthandschuhen angeht."
Und noch eins kommt hinzu: Es könnte sich erweisen, dass die russische Außenpolitik die gegenwärtige Position als gleichgestellter, vielleicht in gewisser Hinsicht sogar privilegierter Partner innerhalb der internationalen Anti-Terror-Koalition zu einem weiteren Vorteil für sich auszubauen versucht. Konkret: Moskau dürfte danach streben, im Umfeld der Afghanistan-Krise seine Positionen in Zentralasien zu festigen. Ein Ansatz, durch den sich aber China beeinträchtigt sehen könnte. Dennoch stimmte zunächst auch Peking im UN-Sicherheitsrat für die Anti-Terror-Resolution:
Es war taktisches Verhalten. Eigentlich hätte China eine ganze Menge gegen eine solche Koalition, gegen eine solche Allianz. Weniger wegen der eigenen Minderheiten im eigenen Lande, wegen der Tibeter oder der Uiguren. Vielmehr wird es China darum gehen, wie sich die Kräfte in Zentralasien verschieben werden. Zum Beispiel der Iran und Pakistan: Wie diese beiden Länder innerhalb der sogenannten Allianz gegen den internationalen Terrorismus langfristig sich verhalten werden gegenüber Amerika, gegenüber Europa, gegenüber Japan etwa. Früher, die beiden Länder, waren anti-amerikanisch eingestellt, hatte China zwei sehr gute Karten in der Hand.
Und speziell hinsichtlich Russlands aktueller, vor allem aber künftiger Rolle in Zentralasien, kommt der in Deutschland lebende Publizist und China-Experte Shi Ming zu folgender weiterer Einsicht:
Russland ist ein noch gefährlicherer Gegner für China als die USA, weil Russland durch die enge Kooperation mit Tadschikistan, mit Kasachstan, mit Usbekistan und vor allem mit den USA China eben diese beiden Karten aus der Hand nimmt. Es gibt die Shanghai-Kooperation der zentralasiatischen Länder von Russland und China vor drei Jahren ins Leben gerufen. Damals hatte China in dieser Allianz eine sehr starke Position. Jetzt jedoch, weil Russland mit diesen zentralasiatischen Staaten ausnahmslos in die Koalition der weltweiten Anti-Terror-Koalition eingestiegen ist, dadurch hat Peking jetzt schon innerhalb der ‘Shanghaier 5’ fast nichts mehr mitzureden. Russland hat gegenüber Amerika noch viel Ressourcen, z.B. Erdöl. Dadurch, dass Russland den Einfluss in Zentralasien zurückgewinnt, sieht sich Peking noch einmal unter Druck gesetzt, nämlich nicht nur unter den Druck der Amerikaner, die im Nahen Osten die Erdöl-Ressourcen durch Saudi-Arabien kontrollieren sondern durch Russland. Weil Russland diesmal in Zentralasien zugreifen wird.
Dass Russland - nicht zuletzt durch ein geschicktes und von professioneller Öffentlichkeits-Arbeit begleitetes Vorgehen - in den zurückliegenden Tagen und Wochen außenpolitisches Terrain zurückgewonnen hat, ist kaum zu bezweifeln. Interessant wird indes sein, ob Moskau wiedergewonnene Positionen halten kann, weiterhin geschmeidig reagieren wird oder doch der Versuchung nachgeben könnte, auch auf internationaler Bühne wieder machtpolitisch Druck ausüben zu wollen - vermeintlich gedeckt durch ein kollektives Augenzwinkern oder Wegsehen Europas, weniger vielleicht der USA.
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