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Neues Siegel für Nahrungsmittel ohne Allergene

Zwischen drei und fünf Prozent der Bevölkerung bei uns sind gegen bestimmte Lebensmittel allergisch. Seit ungefähr drei Wochen gilt eine neue Verordnung, die ihnen das Leben erleichtern soll: Allergieauslöser in Lebensmitteln müssen besser gekennzeichnet werden. Die Verordnung hat nach Ansicht von Allergieexperten allerdings ihre Lücken und diese Lücken will ein neues Gütesiegel schließen.

Von Andreas Baum |
    Nach geltender EU-Vorschrift müssen Hersteller Angaben machen, die aber nur 12 Produktgruppen betreffen. Nicht berücksichtig werden die Stoffe, die für Allergiker das größte Problem darstellen: die versteckten Inhaltsstoffe. Es gibt eine solche Vielzahl von Stoffen, die an und für sich harmlos sind, bei bestimmten Menschen dann aber doch allergische Reaktionen auslösen können. Eigentlich ist jeder Allergiker anders, weshalb die fachlich fundierte Information möglichst individuell sein sollte. Das ist der Grund, warum die Europäische Stiftung für Allergieforschung dieses Siegel entwickelt hat, das sich dann – einfarbig oder als Farbdruck – auf den Verpackungen der Lebensmittel finden wird. Der Leiter der Stiftung, der Arzt Torsten Zuberbier, hält sein Siegel vor allem für präziser in der Kennzeichnung und der Information als das, was seit dem 25. November in Europa Pflicht ist.

    "Die Deklarationspflicht ist verbessert worden in der EU. Aber sie reicht nicht aus, dem Allergiker eine gute Information zu geben bezüglich Verunreinigung und bezüglich der Tatsache, wie sehr wird denn in der Firma darauf geachtet, auf diese Problematik. Informationen, detailliert, zu diesen Produkten, und zu den Hintergründen, und wie er sich verhalten kann, als Allergiker, die findet dann der betroffene auf den Internetseiten."

    Also: Weil jeder Allergiker anders ist, ist allergikerfreundliches Lebensmittel vor allem ein solches, das genau auf seine Inhaltsstoffe überprüft wurde. Wer ein solches Siegel auf einer Verpackung findet, weiß, dass wirklich wissenschaftlich überprüft wurde, welche Inhaltsstoffe drin sind, wie sorgfältig man bei der Verarbeitung ist, wie mit bestimmten allergenen Stoffen umzugehen ist. Und diese ganze Zusatzinformation bekommt der Allergiker dann im Internet. Die Stiftung für Allergieforschung sagt, dass dies die einzig mögliche Art ist für Allergiker, ihre Lebensmittel auszuwählen, auch weil die Normen, die hier angesetzt werden, über die gesetzlich vorgeschriebenen hinausgehen: Man ist also noch sorgfältiger mit der Deklaration, klärt zusätzlich Verbraucherfragen und ist – darauf ist man besonders stolz – unabhängig weil nicht kommerziell.

    "Die Stiftung vergibt dieses Siegel, es ist kein kommerzielles Interesse dahinter. Anders als viele andere Siegel, die in unserer Gesellschaft vergeben werden, ist es nicht ein Prüfinstitut, was daran verdient, dass es ein Siegel vergibt. Das Siegel wird europaweit vergeben, es werden viele Prüfinstitute nachher sein, und ECAF guckt sich die Gutachten an, die das Prüfinstitut liefert an Gutachten. So dass es völlig unabhängig bleibt. Und dieser Schritt ist ein ganz entscheidender, der uns unterscheidet von allen anderen Siegeln, die vergeben werden."

    Die Stiftung überprüft also am Ende die Prüfinstitute und garantiert so wissenschaftliche Unabhängigkeit. Was über die gesetzlichen Normen hinausgeht, ist vor allem die Deklaration von versteckten Allergenen, etwa durch Verunreinigungen, die Allergiker bisher nicht identifizieren können. Bestimmte Stoffe werden deklariert, die gesetzlich nicht ausgewiesen werden müssten, zum Beispiel Gewürze: Anis, Kümmel, Zimt, Koriander oder Nachtschattengewächse und Obst. Bei aller Genauigkeit, die die Mediziner für sich in Anspruch nehmen, sagen sie aber auch, dass es für Allergiker keine absolute Sicherheit gibt: Simpel gesagt, wer sich beim Essen auf die Zunge beißt, kann von einem Stoff, auf den er sonst gar nicht allergisch reagieren würde, sehr viel mehr in die Blutbahn aufnehmen – all dies sind Risiken, die auch bei der sorgfältigsten Kennzeichnung von Lebensmitteln nicht auszuschließen sind.

    "Das Siegel wird im Lauf der Zeit erweitert werden für alle Produkte des täglichen Lebens. Vor allem steht aber hinter diesem Siegel ein Wunsch. Ein Wunsch, Lebensqualität trotz Allergien zu verbessern und diese Botschaft, for a better life with allergies, zu verbreiten, dass es nämlich möglich ist, dass man als Allergiker sich sehr gut behandeln lassen kann und dass man sehr gut seine Leistungsbereitschaft wieder erzielen kann, dass man gut leben kann, trotz Allergien."

    Das Siegel kann im Prinzip ab sofort vergeben werden, jetzt müssen sich nur noch die Hersteller finden, die diese vergleichsweise hohen Ansprüche an Qualität und Sorgfalt erfüllen wollen.