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Neues Superstrings-Album
"Weil es einfach ein besonderer Klang ist"

Für sein neues Album "Sound of slow" setzte das Münchner Duo Superstrings auf kreative Gastmusiker und ausgefallene Instrumente - zum Beispiel das sogenannte Hang. Dabei handele es sich quasi um zwei Woks übereinander, erklärte die Sängerin Carolin Heiss. Dieser spezielle Klangerzeuger aus der Schweiz fasziniert die Musikerin ganz besonders.

Carolin Heiss im Gespräch mit Anja Buchmann |
    Zwei Hände spielen an dem schweizerischen Instrument Hang.
    Das sogenannte Hang hat es dem Duo Superstrings besonders angetan. (picture alliance / dpa - Ingo Wagner )
    Anja Buchmann: Wie kam Ihr erster Kontakt zum Filmbusiness zustande?
    Carolin Heiss: Das war eigentlich schon Zufall, also ich kannte jemanden, der Musik geschrieben hat für ihren Film und der hat gesagt, das ist eine coole Nummer, die spiele ich gleich mal der Regisseurin vor. Und die war begeistert von der Art, wie wir diesen Remix gemacht haben von der alten Seventies-Nummer. Und ihr hat auch die Stimme gefallen und fragte dann: Wollt Ihr nicht probieren, noch andere Songs zu schreiben. Ja, es war schon Zufall.
    Buchmann: Also es ist von Anfang an zweigleisig gewesen – zum einen die Musik, zum anderen die Filmmusik. Inwieweit gibt es da Verbindungen? Wenn Sie Musik für Superstrings schreiben, hat das auch was Visuelles?
    Heiss: Doch, da auch unsere Songs gleich von Anfang an mit Film zu tun hatten, haben wir erkannt, dass Bilder uns schon inspirieren für Texte, für Stimmungen, für Zustände, die man einfach beschreibt in einem Song. Und die dann auch innerhalb eines Songs wechseln, wie das auch bei Filmmusik oft passiert. Dass man nicht in einer ganz normalen Songstruktur komponiert, sondern auch mal bricht oder es ganz woanders hin führt, einen überrascht, auch in der Metrik nicht ganz normale Songstruktur verwendet. Das fanden wir immer das Spannende, dass man Dinge da aufbrechen kann. Und so haben wir auch immer unsere Songs geschrieben, versucht die spannend zu halten und nicht nach dem Schema F zu schreiben.
    Buchmann: Um es noch mal ein bisschen klarer zu haben – was ist für Sie das "Filmmusikalische" an ihren Songs? Dass Sie auch innerhalb eines Songs relativ häufig Stimmungen wechseln und Atmosphären brechen – können Sie das noch mal ein bisschen verdeutlichen?
    Heiss: Eigentlich so und dass man auch andere Instrumentierungen verwendet, auch andere Stile mischt: Trip Hop, auch Jazz, Klassik, klassische Instrumente verwendet, aber verzerrt. Und andere Metriken verwendet, also plötzliche Brüche, dass es nicht so durchläuft. Und andere Spannungen verwendet.
    Zeit nehmen, um ein Kopfkino zu entwickeln
    Buchmann: Das hat auch was mit Freiheit für Sie zu tun? Die Verwendung von verschiedenen Stilen - das kann man ja auch unabhängig von Filmmusik machen. Aber Sie haben es beim Filmmusik Komponieren erlebt, dass Sie da noch freizügiger mit verschiedenen Elementen umgehen konnten?
    Heiss: Genau, das fanden wir das Spannende. Auch dass ein Song nicht zwingend drei Minuten haben muss. Für uns entwickelt sich oft erst nach einer Zeit eine Stimmung oder trägt uns in eine Gedankenwelt, ein eigenes Kopfkino. Und dafür braucht man Zeit.
    Buchmann: Wie komponieren Sie, machen Sie das gemeinsam?
    Heiss: Wir machen das gemeinsam, haben aber jeder so seine Aufgaben. Ich bin für Melodien und Text zuständig und Marc fängt meist mit einem Sound an oder ein paar Chords und dann spielen wir uns die Bälle zu. Produzieren tun wir es gemeinsam, indem wir miteinander sprechen, schauen was uns gefällt oder einander überraschen und inspirieren, um weiter dran zu arbeiten. Die erste Idee entsteht meistens schnell – aber das Ausarbeiten, da lassen wir uns immer Zeit und basteln weiter dran.
    Buchmann: "Who's gonna save my soul" – ich nehme diesen Song, weil zum einen dort ein mir bekannter (auch) Jazz-Schlagzeuger mitspielt, Zach Danziger, und zum anderen, weil es da zwei verschiedene Versionen von gibt, also die Live-Version ist ja deutlich anders als die Studioversion. Wie ist der entstanden?
    Heiss: Also es ist schon die schnelle Version entstanden, das Album "Sound of slow" ist ja relativ langsam. Wir haben dann versucht teilweise mit double times zu arbeiten und haben in München eben Zach Danziger gesehen mit seinem Projekt Mr. Barrington und waren unglaublich fasziniert von seiner Technik und wie innovativ er ist. Und haben ihn dann gefragt, ob er Lust hat, auf einer der Nummern zu spielen. Die hat ihm sehr gut gefallen, und so haben wir die Chance genutzt, mit ihm ein Feature machen zu können. Eigentlich stammen die Chords aus einer Filmmusik, weil die sehr ungewöhnlich sind, und die ist nicht verwendet worden. So entstehen auch oft Songs von uns, wenn wir einen Filmmusik-Auftrag und Teile von unserer Musik dann nicht in der Szene gelandet sind. So war das eben auch bei "Who's gonna save my soul", dass wir gesagt haben: Das ist schade, eine so schöne Melodie und Akkord-Folge – da machen wir jetzt einen Song draus. Und dann ist da eine live Version, die auch auf der Platte gelandet ist und dann wollten wir noch eine Studio-Version. Von der wir gesagt haben: Die muss jetzt ganz anders, elektronisch klingen. Und so kam die Zusammenarbeit mit Zach Danziger zustande.
    Buchmann: So dass Sie auch den Groove etwas auf ihn zugeschnitten haben? Das passt ja sehr gut zu ihm, dieses Drum'n'Bass artige ...
    Heiss: Absolut, das haben wir gesehen bei Mr. Barrington, es ist ja auch DER Drum'n' Bass Schlagzeuger. Wir hatten schon einen solchen Groove programmiert, er hat ihn sich angehört und sagte dann: For this Song, you need a real drummer.
    Buchmann: Ja, sie haben einige Gastmusikerinnen und -musiker mit dabei: Streicher, Vibrafon, auch das Schweizer Instrument Hang, dem haben Sie einen Titel gewidmet. Ein sehr hübsches Instrument, etwas UFO-förmig aussehend
    Heiss: Genau, zwei Woks aufeinander ...
    Buchmann: ... mit einem sehr wiedererkennbaren Sound. Wie sind Sie darauf gekommen, dass Sie was damit machen wollten?
    Potenzielle Hang-Besitzer müssen sich bewerben
    Heiss: Also dadurch, dass der Marc Schweizer ist – das ist tatsächlich erfunden worden in Bern.
    Buchmann: Und ist noch gar nicht so alt.
    Heiss: Ist noch gar nicht so alt, ich glaube vor fünf, sechs Jahren und die sind auch sehr restriktiv, wer so ein Instrument bekommt, das ist alles Handarbeit. Da muss man sich bewerben dafür. Es gibt viele Nachahmer, die klingen dann teilweise nicht so gut – also, wenn es aus dem Berner Oberland kommt, dann ist es das Original. Und unser guter Freund und Multi-Instrumentalist hat sich diesem Instrument wieder gewidmet.
    Buchmann: Martin Kälberer.
    Heiss: Genau, Martin Kälberer, der hat sich da reingefuchst. Und dann lag es nahe, dass wir ihn fragen, weil es einfach ein besonderer Klang ist. Weil es auch ein besonderer Klang ist, auch für Filmmusik, das haben wir oft verwendet im Kinofilm "Die Farbe des Ozeans" von Maggie Peren, also das ist ein schöner stimmungsvoller Klang, deswegen wollten wir eine Nummer. Ich hatte auch überlegt, dazu noch Gesangslinien drauf zu machen, der ist ja instrumental, aber irgendwie war es uns dann doch schon dicht genug ... und dann haben wir gesagt: Okay, dann ist es halt eine Hang-Hommage.
    Buchmann: Können Sie mir in einfachen Worten oder Sätzen die Superstring-Theorie erklären?
    Heiss: Oje. Da wäre jetzt der Marc der Richtige, der ist absoluter Naturwissenschafts-Freak. Ja, das ist eine Theorie, die die Welt erklärt. Aber nicht den Otto-Normal-Bürgern und eigentlich auch nicht den Wissenschaftlern, die können es auch nicht wirklich erklären und begreifen. Die Superstrings an sich sollen die kleinsten Energiefäden zwischen Quarks sein, also die Strings, die die Welt zusammen halten.
    Buchmann: Also so was wie minimalste schwingende Saiten
    Heiss: Genau, wie Energiefäden. In elf Dimensionen. Man kann sich ja kaum mehr vier vorstellen oder fünf. Aber es sollen elf Dimensionen sein und nicht mal die Wissenschaftler können es sich richtig vorstellen. Das ist nur Theorie und dadurch auch Poesie, weil es niemand so richtig erklären kann und das hat uns fasziniert.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.