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Neues unter der Sonne

Die Solarenergie in Deutschland boomt. Jedes Jahr verzeichnet die Branche Wachstumsraten von 30 Prozent und mehr – nicht zuletzt dank der Förderung durch das Gesetz für erneuerbare Energien. Bald werden hierzulande Solaranlagen mit insgesamt 400 Megawatt installiert sein, was ausreichen würde, um die Einwohner einer Stadt wie Stuttgart mit Strom zu versorgen. Aber wie weit ist die technische Entwicklung bei der Photovoltaik? Wird der Strom aus Solarzellen jemals so billig werden, dass es er auch ohne staatliche Unterstützung wirtschaftlich konkurrenzfähig ist?

Von Jan Lublinski | 14.03.2004
    Deutschen Ingenieuren ist es inzwischen gelungen, den Wirkungsgrad der klassischen Solarzellen aus Siliziumkristall auf 20 Prozent zu steigern. Australische Wissenschaftler tüfteln derweil an neuen, wesentlich billigeren Solarzellen, die mit mikrometerdünnen Silizium-Schichten arbeiten. Und in Israel fokussiert ein Parabolspiegel das Sonnenlicht auf eine spezielle Hochleistungssolarzelle, die Wirkungsgrade von über 30 Prozent erreicht. Die Entwicklung geht schnell voran, aber vielleicht immer noch nicht schnell genug. Denn spätestens im Jahr 2040, so prognostizieren Experten, muss die Solarenergie eine tragende Rolle bei der globalen Energieversorgung übernehmen.

    Astronomen haben vermessen, wie viel Energie von der Sonne auf die Erde gestrahlt wird - Die Solarkonstante: Ungefähr ein Kilo-Watt landet auf jedem einzelnen Quadratmeter Erdoberfläche, insgesamt macht das 170 Milliarden Megawatt. Das ist das 10.000fache des Energiebedarfs der Menschheit. Die Sonne erwärmt die Atmosphäre, den Boden und die Gewässer, sie macht die Photosynthese der Pflanzen möglich. Aber das Leben auf der Erde wird zunehmend schwieriger. Die Weltbevölkerung explodiert, der Energieverbrauch steigt, das Klima erwärmt sich. Einige der Probleme, die auf uns zu kommen, ließen sich zumindest mildern, wenn es in Zukunft gelänge, die Energie der Sonne noch gezielter zu nutzen. Aber wie weit sind wir auf diesem Weg?

    Der Platz vor dem Hörsaalbereich Physik der Universität Düsseldorf ist zu einem Solar-Basar geworden. Umweltgruppen, Entwicklungshilfe-Vereine und kleine Firmen haben, anlässlich einer Tagung zum Thema "Solarenergie für Afrika", hier Geräte ausgestellt, mit denen sich die Sonnenenergie nutzen lässt: Solarzellen für unterwegs, Stirlingmotoren, die Sonnenlicht in mechanische Energie umwandeln und, in besonders großer Zahl, Solarkocher: Von kleinen Sperrholzkisten, die Licht und Wärme über zwei schräg gestellte Spiegeln einsammeln – bis hin zu sonnenschirmgroßen Parabolspiegeln mit einem Kochtopf im Brennpunkt. Die Stimmung unter den Solarbastlern ist entspannt und fröhlich, auch wenn die Sonne sich an diesem Tag immer wieder versteckt, hinter Wolken und der Betonarchitektur der Universität.

    Inge Behringer vom Verein ULOG-Solar steht in einem Imbiss auf Rädern und verkauft Brot, Kuchen und Crepes. An diesem wechselhaften Tag muss sie mangels direkter Sonneneinstrahlung immer wieder mit Gas kochen – obwohl sie natürlich viel lieber ihren Solarofen vorführt.

    Aber gestern haben wir dafür wie die Weltmeister gekocht und gebacken. Und eingeweckt, Pflaumen eingeweckt und 12 Brote, 8 Kuchen. Gestern war ein Supertag. Aber damit müssen wir leben. Aber das geht auch in Deutschland, dass man die Sonne nimmt. Man nimmt sie viel zu wenig bei uns.

    Der Herd dieses Alternativ-Imbisses arbeitet mit einer Parabolschüssel, die aus vielen beweglichen streifenförmigen Spiegeln zusammen gesetzt ist. Ein einfacher Regelmechanismus sorgt dafür, dass ein Elektromotor die Spiegel der Sonne nachführt. Ausgetüftelt hat diese Konstruktion der Ingenieur Wolfgang Scheffler.

    Die Spiegel fokussieren auf einen festen Brennpunkt, so dass man sehr bequem kochen kann. Sie drehen sich mit der Sonne mit. Dazu kommt, dass sie je nach Jahreszeit, damit das mit dem festen Brennpunkt auch funktioniert, eine andere Form annehmen müssen.

    Scheffler hat ganz bewusst kein Patent auf das Erfolgsmodell seiner "Scheffler-Spiegel" angemeldet. Er will daran nichts verdienen. Vielmehr legt er seine Entwicklungshilfe-Projekte so an, dass seine Spiegel von immer mehr Leuten nachgebaut werden können. In den vergangenen Jahren hat er eine große Zahl von Schulküchen dabei unterstützt, mit seinen Solarkochern zu arbeiten. Inzwischen ist die Technik zu einem Selbstläufer geworden.

    Weltweit sind von den großen Spiegeln schon 720 gebaut worden. Vor zwei Jahren waren es erst 250. Es wächst recht schnell. In Indien sind 500 allein davon. Und dort haben die Inder jetzt Küchen gebaut, wo sie 100 solche Spiegel nehmen, damit in einem gemeinsamen Rohr Dampf erzeugen und damit für bis zu 18000 Leute Essen kochen. Also eine ganze Kleinstadt wir da solar bekocht. Soweit sind wir inzwischen.

    Solarkocher brauchen keinen Brennstoff, sie produzieren keine Abgase und sie lassen sich relativ leicht nachbauen. Trotzdem sind diese Geräte für viele Menschen immer noch unerschwinglich. Entwicklungshilfeorganisationen bemühen sich darum, im Rahmen von kleinen Projekten Anschubfinanzierungen zu leisten. - Aber allein mit Solarkochern lassen sich die Energieprobleme der Welt insgesamt wohl nicht in den Griff bekommen...
    Die Energieprobleme der Welt - Lassen sie sich überhaupt mit Hilfe der Solarenergie lösen?

    Die Bundesregierung hat einen wissenschaftlichen Beirat beauftragt, sich mit globalen Umweltveränderungen zu befassen. Dieses Expertengremium hat verschiedene Szenarien für die Zukunft der weltweiten Entwicklung am Computer modelliert.

    Wir haben uns mal ein Extremszenario vorgenommen. Also ein Szenario, wo man ein sehr deutliches Wirtschaftswachstum hat, wo man ein sehr stark technologieorientiertes Wirtschaften auf der Welt hat und wo man eine globale Konvergenz hat.

    Joachim Luther ist Mitglied des Beirates und leitet im Hauptberuf das Fraunhofer Institut für Solare Energietechnik in Freiburg.

    Und dann haben wir das versucht nachzuweisen und zu überlegen, auf welcher Basis man dann eine Welt nachhaltig mit Energie versorgen kann und das Ergebnis ist: Es funktioniert: Einmal rationeller intelligenter Umgang mit Energie, zweitens: erneuerbare Energien. drittens im Bereich fossiler Energien, die man noch lange brauchen wird, höchst effiziente Kraftwerke, und des weiteren in einem gewissen Umfang: Sequestrierung, also Tiefenlagerung von CO2 in geologischen Formationen.

    Die Kernenergie würde nach diesem Szenario im Jahr 2050 auslaufen – obwohl es in Sachen Klimaschutz günstiger wäre, auch später noch auf Atomkraftwerke zu setzen.

    Mit Kernenergie können sie natürlich relativ leicht CO2-frei Energieszenarien realisieren. Sie erkaufen sich nur andere Probleme ein. Die man also sozial nicht nachhaltig oder verträglich bezeichnen würde, wie z.B. die globale Verbreitung von Atomwaffen überall auf der Welt. Klammer auf: Terrorismus, Klammer zu. Wir denken, dass so eine Welt nicht beherrschbar ist.

    Ein zentraler Punkt beim Umbau der Energieversorgung ist die Frage, wie stark sich die Effizienz der Energieerzeugung steigern lässt – sowohl bei den regenerativen als auch bei den konventionellen Energieträgern.

    Dieser Wert hat zugenommen. Wir sind also immer Effizienter geworden. In Deutschland so etwa 1,8 Prozent pro Jahr. Also mit immer weniger Energie produzieren wir unsere Güter und unseren Wohlstand. Das sieht global völlig anders aus, das ist zum Teil eine regelrechte Katastrophe, mit dem, was hochindustrialisierte Ländern mit der Energie realisieren können.

    Zum Beispiel verbraucht ein durchschnittlicher Einwohner der USA Tag für Tag etwa drei mal so viel Energie wie ein Europäer. Luther und Kollegen gehen in ihrem Szenario von einer weiteren Zunahme der Energieeffizienz von 2 Prozent pro Jahr aus.

    Es ist in jedem Fall wichtig, dass man ganz schnell vorankommt. Weil man eben spätestens im Jahr 2030, 2040 Solarenergie massiv für die globale Energieversorgung benötigt. Und wenn man dieses nicht realisiert, dann bekommt man mit Sicherheit noch größere Probleme mit dem Klima als wir sie jetzt schon haben. Und dann ist ein zügiges Vorgehen, ein lenkendes, steuerndes Vorgehen, von den Regierungen notwendig. Und das ist genau das, was wir brauchen.

    Ein rechtzeitiger Umbau wäre nach den Simulationsrechnungen des wissenschaftlichen Beirates der Bundesregierung also möglich. Allerdings geht die Studie von recht optimistischen Annahmen aus - etwa, dass die Menschheit rational auf die Fragen der Zukunft reagieren wird und dass es in den westlichen Demokratien möglich wird, über viele Legislaturperioden hinweg kontinuierlich zu planen.

    Aber ganz egal wie die Entwicklung verlaufen wird: Es wird in jedem Fall darauf ankommen, die regenerativen Energien auszubauen. Und von entscheidender Bedeutung wird auch sein, ob es in den kommenden Jahren gelingt, weiter Energie einzusparen. Wo aber liegt hier im Moment das größte Potential?


    Da liegt ein Riesen-Potenzial, wenn man ein Gebäude baut, wo Wärme, Licht, Kraft, Kälte auf einander abgestimmt sind, wo man zum Teil diese Energien doppelt nutzen kann. Dann kann man sehr viel Energie einsparen.


    Volker Wittwer arbeitet am Fraunhofer Institut für Solare Energiesysteme, dem europaweit führende Solarforschungszentrum. Er befasst sich intensiv mit der Frage, wie man Häuser besser planen kann. Immerhin verbrauchen wir Mitteleuropäer 30 Prozent unserer Energie in Gebäuden. Gemeinsam mit seinen Kollegen hat Wittwer Computerprogramme entwickelt, die es ermöglichen, die Energieflüsse in einem Haus bereits in der Planungsphase zu simulieren und zu optimieren. Sie sind inzwischen überzeugt davon, dass es möglich ist, auch in Bürogebäuden auf Klimaanlagen ganz zu verzichten. Vorgemacht haben sie dies unter anderem anhand ihres eigenen Instituts-Neubaus: Ein ganz in weiß gehaltenes Haus, dessen Fassade an seiner Eingangsseite einen Halbkreis beschreibt und in dessen Treppenhausfenstern viele Solarzellen zu sehen sind. Dieses Gebäude wurde von der öffentlichen Hand finanziert, insofern mussten die Planer mit einem vertretbaren Budget auskommen. Sie mussten zeigen, dass es auch mit wenig Aufwand möglich ist, ein Bürohaus zu bauen, in dem es sich ohne Klimaanlage gut arbeiten lässt.

    Wir haben hier Jalousien an den Südfassaden, mit den Oberlichtern, wo man die Oberlichter anders steuern kann als den unteren Bereich. Das heißt man kann unten abschatten und oben noch Tageslicht herein lassen und auf die Art und Weise in Sommerzeiten Überhitzung vermeiden und trotzdem vermeiden Kunstlicht einschalten zu müssen.

    Auch in der Wand zwischen Wittwers Büro und dem Flur befindet sich ein Oberlicht, das sich kippen lässt. Nach einem heißen Sommertag kann er es über Nacht offen lassen. Ein zentrales Gebläse saugt dann nachts die warme Luft aus seinem und den anderen Büros an. Bis zum nächsten Morgen sind dann alle Räume gut durchgelüftet.

    Das hat weitgehend sehr gut geklappt im letzten Sommer 2003 gabs dann natürlich einige Probleme, gerade hier in Freiburg, wo es einige Nächte gab, wo es auch draußen nicht unter 25 Grad abgeklungen ist. Damit war es auch tagsüber in den Räumen über 25 Grad. Aber im Mittel lagen wir 10 Grad unter Außentemperatur. Also man sah einen deutlichen Effekt, aber es war trotzdem warm.

    In Sachen Energiesparen bleibt also viel zu tun – gerade für Architekten, die sich allzu häufig nur um ästhetische und funktionale Fragen kümmern und dabei die Energiebilanz hinten anstellen.

    Ein Hoffnungsträger für die saubere Stromversorgung der Zukunft ist die Solarzelle. Sie arbeitet mit speziellen Halbleitermaterialien, in denen durch Sonneneinstrahlung Elektronen freigesetzt werden, die von einer Seite des Materials zu anderen wandern, so dass ein nutzbarer elektrischer Strom entsteht. Die Bundesregierung hat diese Technik, die auch Photovoltaik genannt wird, in den vergangenen Jahren mit dem 100 000 Dächerprogramm massiv gefördert, und sie tut dies auch weiterhin: über das erneuerbare Energien Gesetz, ab dem Jahr 2004 mit noch höheren Vergütungen für jene, die Solarstrom ins öffentliche Netz einspeisen. In Deutschland sind inzwischen Anlagen mit insgesamt etwa 200 Megawatt installiert, theoretisch würde das ausreichen, um die Einwohner einer mittelgroßen Stadt wie Aachen mit Strom zu versorgen. Und die Branche freut sich über Wachstumsraten von 30 Prozent und mehr. Aber wie weit ist die technische Entwicklung bei der Photovoltaik? Wird der Strom aus Solarzellen jemals so billig werden, dass es er auch ohne staatliche Unterstützung wirtschaftlich konkurrenzfähig wird?

    Ein Laser gibt 10.000 Schüsse in der Sekunde auf eine Solarzelle ab. Das Verfahren dient dazu, einen elektrischen Kontakt herzustellen zwischen dem Siliziumkristall und einer Aluminium-Schicht, die sich auf seiner Rückseite befindet.

    Und da macht man dann eben alle Millimeter einen solchen Kontaktpunkt und das dann über die gesamte Solarzellenrückseite.

    Eric Schneiderlöchner hat herausgefunden, dass er durch einen genau dosierten Laserschuss auf die Aluminium-Rückseite der Solarzelle ein Loch in eine darunter liegende Isolierschicht schießen kann und dass anschließend das Aluminium von selbst in das Loch hineinwandert und auf diese Weise den elektrischen Kontakt zwischen dem Silizium-Kristall und seiner Rückseite herstellt. Der Vorteil: Die Solarzelle bleibt mit ihren 10 000 winzigen Kontaktstellen insgesamt sehr gut verspiegelt, was den Lichteinfang verbessert.

    Für Fachleute handelt es sich bei diesem Verfahren um eine kleine Revolution: In der Industrie werden für diese Aufgabe derzeit noch aufwändige photolithographische Verfahren eingesetzt, die viele Arbeitschritte erfordern – und die weniger gute Ergebnisse liefern.

    Darüber hinaus setzen die Freiburger Solarzell-Experten alles daran, die Scheiben aus Silizium-Kristall, die so genannten Wafer, möglichst dünn werden zu lassen. Denn: Je dünner die Siliziumkristalle, desto effektiver lässt sich das Licht einfangen und in Strom umwandeln. Die besten Wafer sind inzwischen 40 Mikrometer dünn, also vier Mal so dick wie ein menschliches Haar, und die aus ihnen hergestellten Solarzellen erreichen einen Wirkungsgrad von 20 Prozent. Das heißt: Ein Fünftel des einfallendes Lichtes wird in Strom umgewandelt. – Ein echter Fortschritt, denn handelsübliche Solarzellen sind 300 Mikrometer dick, damit wesentlich teurer und sie erreichen lediglich 16 Prozent Wirkungsgrad.

    Was wir machen ist: wir mogeln etwas. Wir nehmen dickere Wafer und schleifen die dünn. Da kommt dann die Kritik: da wird Material weggeschmissen.

    Gerhard Willeke, Leiter der Abteilung Solarzellen am Fraunhofer-Insitut in Freiburg.

    Das stimmt natürlich letztlich auch. Aber unser Ansatz ist mal zu zeigen, wie dünn können den Wafer werden, und wann kann man denn Solarzellen aus wie dünnen Wafern herstellen. Das ist mal ein Experiment im Labor, was natürlich auch schon direkte Anwendung hat, in der Luft- und Raumfahrt, denn da ist Gewicht ein Faktor. Und wenn man leichtere und effizientere Solarzellen nehmen kann, dann ist das von Vorteil.

    In Zukunft will Willeke aber ganz ohne das Dünnschleifen der Kristalle auskommen. Ihm und seinen Kollegen ist es inzwischen gelungen, 100 Mikrometer dicke Wafer aus Silizium-Blöcken herauszusägen – und das ohne Materialverluste.

    Bei der der Photovoltaik ist einiges in Bewegung. Immerhin lag der Wirkungsgrad der kristallinen Solarzellen vor 25 Jahren bei etwa 8 Prozent. Aber es wird wohl noch ein Jahrzehnt dauern, bis, zumindest in südlichen Ländern, Solarzellen aus Silizium-Kristall wirtschaftlich arbeiten werden.

    Die ganz großen Entwicklungssprünge der Photovoltaik, die in der Vergangenheit immer wieder angekündigt wurden, sind jedoch ausgeblieben: So wurde etwa das amorphe Silizium lange Zeit hochgejubelt. Hier sind die Siliziumatome nicht mehr regelmäßig angeordnet, was die entsprechenden Solarzellen in der Herstellung viel billiger macht als solche, die mit Siliziumkristallen arbeiten. Weil sich der Wirkungsgrad der Zellen mit amorphem Silizium jedoch nicht über 8 Prozent hinaus steigern ließ, hat sich dieses Material nur in Nischenmärkten etablieren können, wie etwa bei Solar-Taschenrechnern, die nicht viel Strom benötigen.

    Heißt das also, das die Forscher in diesem Bereich ihr Blatt bereits ausgereizt haben? Oder gibt es doch ganz neue Technologien, die den Wirkungsgrad noch einmal deutlich verbessern könnten?

    Martin Green von der Universität von New South Wales im australischen Sydney.

    Ich glaube immer noch, dass wir irgendwie wegkommen müssen von den Silizium-Wafern. Denn sie begrenzen unsere Möglichkeit die Kosten zu drücken. Wenn es gelänge, dünne Solarzellen auf Glas aufzudampfen, dann könnten wir viel billiger produzieren.

    Martin Green ist ein Pionier im Bereich neuer Photovoltaiksysteme. Er hat in den vergangenen Jahren daran gearbeitet, ultradünne Schichten aus Silizium herzustellen, die nur noch etwa einen Mikrometer dick sind, also noch vierzigmal mal dünner als die flachgeschliffenen Wafer des Fraunhofer Instituts. Diese Schichten werden nicht mehr aus Kristallen geschnitten, sondern, mit einer völlig anderen Technik, auf Glasscheiben aufgedampft. Auf diesem Weg ist es Green und Kollegen immerhin schon gelungen, einen Wirkungsgrad von 8 Prozent zu erzielen.

    Das ist der Weltrekord für eine Silizium-Zelle auf einem Glassubstrat. Nun gibt es nicht allzu viele andere Forschergruppen, die so etwas machen. Insofern ist es leicht, so einen Weltrekord aufzustellen. Aber was wirklich zählt ist: Dieser Wirkungsgrad reicht aus, um sich am Markt zu behaupten. Mit weniger könnten wir vermutlich keine Kunden anlocken. Außerdem glauben wir inzwischen zu wissen, wie wir diesen Wert auf 12 Prozent steigern können.

    Neben seinem Job als Wissenschaftler an der Universität, arbeitet Green als Entwicklungschef der Firma "Pacific Solar". Im kommenden Jahr Jahren will er mit neuen Dünnschicht-Silizium-Zellen in die Massenproduktion gehen.
    Zugleich denkt er auch schon an den übernächsten Schritt. Er ist auf der Suche nach dem, was er die Solarzellen der dritten Generation nennt. Diese sollen aus komplizierten Schichtsystemen bestehen, bei denen verschiedene Materialien in vielen dünnen Lagen übereinander gedampft werden. Damit soll es möglich werden, das Sonnenlicht noch viel effektiver zu ernten. 30 Prozent Wirkungsgrad und mehr will Green auf diese Weise erreichen.

    Die Herausforderung ist vergleichbar mit der Herstellung des ersten Halbleiterlasers. Der erste Laser auf einem Chip, das war nicht leicht, und viele Leute haben es damals für unmöglich gehalten, dass so etwas realisiert erden kann. Einer ähnlichen Herausforderung müssen wir uns jetzt stellen. Und wir hoffen, dass wir in den kommenden sechs Jahren herausfinden werden, wie man so eine Idee in die Tat umsetzen kann.

    Solarzellen, die in dünnen Schichten aufgedampft werden, könnten der Solarwirtschaft in den kommenden Jahren einen neuen Impuls verleihen. Voraussetzung ist allerdings, dass ihr Wirkungsgrad tatsächlich 10 Prozent erreicht. Im diesem Fall würden sie konkurrenzfähig werden zu den herkömmlichen Wafern mit 16 Prozent Wirkungsgrad. Denn: Der Vorteil der Dünnschichtsysteme besteht darin, dass sie wesentlich billiger in der Herstellung sind. Es dauert etwa 4 Jahre, bis eine Solaranlage, die mit den klassischen Kristall-Wafern arbeitet, die Energie produziert hat, die für ihre Herstellung aufgewendet wurde. Bei einer Dünnschichtsolarzelle der Zukunft wäre dieser Punkt bereits nach etwa einem halben Jahr erreicht.

    Aber ob es je soweit kommen wird, ist längst nicht entschieden. Selbst wenn die Dünnschicht-Solarzellen als Prototypen alle Ziele erreichen, müssen sie auch in der Massenproduktion billiger bleiben. Das wird nicht einfach sein, weil sie in großen Flächen hergestellt werden und bei Fehlern in der Produktion viel Ausschuss entsteht. Die klassischen Solarmodule bestehen dagegen aus vielen kleinen Zellen, die bei Produktionsproblemen einzeln ausgetauscht werden können.
    Was also, wenn die Dünnschichttechnologie sich nicht durchsetzen wird? Gibt es noch andere mögliche Wege für die Photovoltaik?

    Mitten in der Einöde der Negev Wüste, zwischen unwirtlichen steinigen Hügeln, die in der Hitze flimmern, liegt eine grüne Oase. Hinter flachen Lehmhäusern, die unter Palmen ein wenig Schatten finden, befindet sich ein mehrere Fußballfelder großes Versuchsfeld für Solaranlagen.

    David Faimann, der Direktor des Nationalen Solarenergiezentrums der israelischen Ben Gurion Universität.

    Wir haben hier einen Parabolspiegel gebaut. Das ist die größte Solarschüssel auf der ganzen Welt. Die Sammelfläche ist über 400 Quadratmeter groß. Sie ist sechseckig und der Abstand zweier gegenüberliegenden Seiten beträgt 26 Meter.

    Dieser von weitem sichtbare Parabolspiegel besteht aus etwa 200 dreieckigen Spiegeln, die das Licht um den Faktor 400 konzentrieren und wird von einem Hydrauliksystem der Sonne nachgeführt. Genau im Brennpunkt der Spiegel befinden sich spezielle Solarzellen, die besonders hohe Lichtintensitäten aushalten. Sie wurden am Institut für Solare Energietechnik in Freiburg entwickelt, auf der Basis von speziellen Halbleitermaterialien wie etwa Gallium-Arsenid. Diese Hochleistungszellen erreichen bereits einen Wirkungsgrad von über 30 Prozent. Sie kommen jedoch für gewöhnliche Solarzellen auf Hausdächern nicht in Betracht, weil sie in der Herstellung extrem teuer sind. Für den Brennpunkt des Parabolspiegels in der Negev-Wüste aber sind sie geeignet. Denn hier werden nur wenige Quadratzentimeter des Materials benötigt.

    Solarzellen kosten heute typischerweise etwa 100 Euro pro Quadratmeter. Wenn sie das um den Faktor 100 billiger machen, dann bedeutet das, dass die Solarzellen so gut wie gar nichts mehr kosten. Die Gesamtkosten des Systems sind dann im wesentlichen die Kosten dieser riesigen Spiegelschüssel, der Kühlung, der Nachführung und das Fundaments. Ich habe die Kosten für so ein System kalkuliert. Ergebnis: Bei Massenproduktion müsste man für eine solche 100 KiloWatt-Schüssel etwa 100 000 Euro aufbringen. Das macht pro Watt einen Euro. Und das ist genau der Preis, den sie auch bei einem konventionellen Kraftwerk bezahlen. Nur dass sie dort dann noch extra für den Brennstoff aufkommen müssen.

    Die so genannte Konzentratortechnologie, bei der das Sonnenlicht mit Linsen oder Parabolspiegeln auf spezielle Solarzellen fokussiert wird, ist die derzeit wohl aussichtsreichste Neuentwicklung im Bereich Photovoltaik. Allerdings ist hierfür, im Gegensatz zu herkömmlichen Solarzellen, immer eine direkte Sonneneinstrahlung nötig. Diese Technik kann also nur in südlichen Ländern, vielleicht aber auch in Städten wie München oder Freiburg eingesetzt werden, wo der Himmel häufig unbedeckt ist.

    Mit der Konzentratortechnologie könnte die Photovoltaik langfristig in Konkurrenz treten zu den großen solarthermischen Anlagen, die bereits in einigen südlichen Ländern Strom produzieren. Diese Kraftwerke arbeiten überwiegend mit langgestreckten Parabolrinnen, die das Sonnenlicht auf Rohre fokussieren, in denen Öl fließt. Das Öl heizt sich auf und treibt einen Wasserdampfkreislauf an, der wiederum über eine Turbine Strom erzeugt. In absehbarer Zukunft werden also sowohl die Konzentratortechnologie als auch die solarthermischen Anlagen die herkömmlichen Kraftwerke ergänzen. Wie aber kann man diese Energie von den Wüsten der Erde in die anderen Regionen transportieren? Wie sieht das langfristige Szenario für die Versorgung mit Solarstrom aus?

    Im diesem Labor sieht es ein wenig aus wie auf einer Intensivstation: In einem unübersichtlichen Gestrüpp aus Schläuchen und Kabeln hängen, auf verschiedene Tische verteilt, einzelne Brennstoffzellen: Sie bestehen aus mehreren flächigen, quadratischen Membranen, die in durchsichtigen Gehäusen untergebracht sind. 30 Wissenschaftler der Abteilung Energietechnik des Fraunhofer Institut in Freiburg bemühen sich darum, die Möglichkeiten dieser kleinen Kraftwerke auszureizen. Brennstoffzellen sind in der Lage, Wasserstoff und Sauerstoff in einem kontinuierlichen chemischen Prozess zu verwandeln in Wasser, Wärme – und elektrischen Strom. Ein sehr universelles Werkzeug also, bei dem der Teufel im Detail steckt. Die so genannte kalte Verbrennung von Wasserstoff in verschiedenen Brennstoffzell-Typen muss für jede Anwendung sehr genau untersucht und angepasst werden, bevor ein System in Serie gehen kann.

    Wir wollen nämlich hier mit diesen Testständen alle Betriebszustände, die so eine Brennstoffzelle erreichen kann, also sowohl die Zelle als auch über die Außenbedingungen abbilden.

    Christopher Hebling leitet die Forschungsarbeiten im Bereich Energietechnik am Freiburger Fraunhofer Institut.

    Wir können jetzt alle Klimata, die auf der Erde realistischerweise vorkommen, können wir da jetzt sehr sehr genau abbilden. Wir können Arktis, wir können Sahara spielen – sozusagen. Wir können alle Feuchten einstellen und zwar auch sehr genau definiert. 42 Prozent Luftfeuchte einstellen, wenn das Nötig ist und schauen, wenn die Temperatur runter geht, unter den Gefrierpunkt schauen wie die Brennstoffzelle sich verhält, wie sie denn anläuft bei Minusgraden. Und dafür braucht man also diese ganze Messmimik.

    Es sieht so aus, als könnte die Brennstoffzelle in Zukunft universell eingesetzt werden. Bei der Strom und Wärmeversorgung in Häusern, als Stromversorgung für Laptops und andere mobile Geräte und unter Umständen auch als Antriebsbatterie von Elektroautos.

    Das Langzeitszenario ist sicher das, über regenerativ erzeugten Strom, Wasserstoff herzustellen, und zwar an der Strom-Entstehungs-Stätte sozusagen – Das sind insbesondere die Off-Shore-Windparks oder Powerplants, die dann in südlichen Ländern im Mittelmeerraum über Elektrolyse Wasserstoff herstellen. Wasserstoff lässt sich über längere Strecken sehr viel effizienter transportieren als Strom. Das der dann an, da wo er gebraucht wird an der Brennstoffzelle wieder verstromt wird. Das ist (natürlich) das einzige wirklich nachhaltige Szenario, das in den ganzen Diskussionen vorkommt. Es ist CO2-frei und basiert letztlich auf diesem Paradigma, dass man mit Wasserstoff eine ganze Energie-Infrastruktur aufbauen kann.

    Vielleicht wird die Menschheit im Jahr 2050 tatsächlich so weit sein, dass sie einen großen Teil ihres Energiebedarfs mit Wasserstofftechnologie in Kombination mit regenerativen Energieträgern decken kann. Die Hausdächer werden dann nicht mehr rot sondern blau sein, weit draußen auf dem Meer riesige Areale mit Windrädern bestückt sein, und es wird ein flächendeckendes Wasserstoff-Tankstellen-Netz geben.

    Aber wie wir dorthin kommen, ist völlig ungeklärt. Einige Visionäre und Lobbyisten fordern bereits jetzt einen massiven Ausbau der Wasserstoffproduktion durch regenerative Energieträger. Das aber wäre eine Verschwendung wertvoller Ressourcen: Denn wenn man mit Strom durch Elektrolyse Wasserstoff erzeugt, diesen dann transportiert und anschließend wieder per Brennstoffzelle in Strom zurückverwandelt, gehen etwa zwei Drittel der Energie verloren. Gewinnt man den Wasserstoff aber, wie derzeit üblich, einfach nur aus Erdgas, so ist dem Klima auch nicht geholfen.

    Letztlich kann die Frage, ob und auf welche Weise die Wasserstofftechnologie flächendeckend eingeführt werden kann, auch dann noch beantwortet werden, wenn abzusehen ist, dass ein überwiegender Teil des Strombedarfs aus Photovoltaik, thermischen Solaranlagen und anderen regenerativen Energieträgern gewonnen wird. Bis dahin aber ist es noch ein weiter Weg. Ihn nicht zu gehen, wäre trotzdem töricht, denn früher oder später werden in diesem Jahrhundert die fossilen Energievorräte Öl und Erdgas zur Neige gehen. Die Sonne dagegen wird noch Jahrmillionen scheinen.