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Neues Zentrum für Dialog zwischen unterschiedlichen Kulturen geplant

Der Präsident des Wissenschaftszentrums Berlin, Jürgen Kocka, hat sich für das von Wolf Lepenies vorgeschlagene "Forum für transregionale Studien" ausgesprochen. Dahinter stehe die Idee, in "diesem Zeitalter beschleunigter Globalisierung" die westlich geprägten Geistes- und Sozialwissenschaften enger mit den Regionalwissenschaften in Verbindung zu bringen. Wissenschaften also, die sich mit Lateinamerika oder Ostasien oder Afrika beschäftigen.

Moderation: Katja Lückert |
    Katja Lückert: An Jürgen Kocka, Präsident des Wissenschaftszentrums Berlin ging die Frage, was ist genau die Idee hinter dem "Forum für transregionale Studien"?

    Jürgen Kocka: Dahinter steht die Idee, dass in diesem Zeitalter beschleunigter Globalisierung die Geistes- und Sozialwissenschaften, die verschiedenen Disziplinen wie Geschichte, Soziologie oder Kunstwissenschaften eben von ihrer Herkunft her sehr westlich geprägt sind und dass es sich lohnt, das disziplinäre Wissen, die Ansätze dieser Disziplinen, enger mit Regionalwissenschaften in Verbindung zu bringen, also mit Regionalwissenschaften, die sich mit Lateinamerika oder Ostasien oder Afrika beschäftigen, in der Hoffnung, dass sich beide Seiten befruchten und damit auch die westlichen Prägungen der Disziplinen neu herausgefordert und produktiv weiter entwickelt werden können und dafür hat man sich hier in Berlin die Idee eines transnationalen Forums einfallen lassen, das aber noch organisatorisch weiter gedacht werden muss und dessen Finanzierung auch noch keinesfalls feststeht.

    Lückert: Es sollte ja um die Vernetzung von wissenschaftlichen Aktivitäten gehen, Potentiale sollen gebündelt werden, etwa nach dem Vorbild der "London School of Economics". Könnten Sie eine solche Arbeit einmal an einem konkreten Beispiel erklären. Was könnten mögliche Themen sein?

    !Kocka: Ein mögliches Thema könnte beispielsweise Geschichte und Zukunft der Arbeit in global-historischer und globaler Perspektive sein. Der Begriff der Arbeit, wie wir ihn seit dem 18. Jahrhundert kennen, als allgemeiner Begriff und Zweckgerichteter Tätigkeit häufig für Erwerbszwecke. Das ist ein Begriff der in anderen Sprachen, außerhalb des Westens häufig nicht so gegeben ist. Dahinter steckt, dass auch das Verhältnis von Arbeit und anderen Lebensäußerungen in anderen Kulturen und Zivilisationen anders geordnet ist, als bei uns im Westen.

    Lückert: Also Vernetzung funktioniert ja eigentlich über das Internet schon ganz gut. Es geht also wirklich darum, dass wir auch Reisekosten brauchen für die Wissenschaftler, die sich dann gegenseitig besuchen könnten, oder?

    !Kocka:
    Es geht um gemeinsame Forschungsprojekte, um Phasen gemeinsamen Arbeitens vor Ort, denn wir wollen ja hier bei uns nicht nur über ferne Länder arbeiten, sondern auch mit Leuten aus diesen Ländern zusammen und das alles in einer Situation, wie Berlin und die Nachfrage auch nach Gesellschafts- und Politikberatung über solche Dinge, der Bedarf nach Fernkompetenz auch besonders ausgeprägt ist, also auch der Bezug hin zur Öffentlichkeit, zur Politik ist mitgedacht und ist eine Ursache für diesen Vorschlag eines "Forums für transregionale Studien", was aber getragen werden soll, von vorhandenen Institutionen, insbesondere von Universitäten, in denen ja die geistes- und sozialwissenschaftliche Forschungsarbeit ja besonders betrieben wird.

    Lückert: Wäre denn das geplante Humboldt-Forum auf dem Schlossplatz der geeignete Ort für ein solches "Forum für transregionale Studien"?

    !Kocka: Über den Ort ist noch nicht richtig nachgedacht geworden, aber wenn Sie so fragen, wäre das möglicherweise auch ein intellektuell und symbolisch passender Ort, denn auf diesem Humboldt-Forum soll es ja ebenfalls um die Verflechtung und den Dialog und die Konflikte zwischen unterschiedlichen Kulturen und Regionen der Welt gehen.