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Neugierige Späher aus dem Internet

Selbst wenn alle Sicherheitsratschläge beherzigt werden - gegen die zahllosen Schnüffelprogramme auf dem PC kommt man kaum noch an. Ein Beispiel ist etwa jene Software, die Microsoft selbst auf jedem PC mit dem Windows-Media-Player installiert und die fleißig meldet, welche CD man hört oder welche DVD man gerade sieht. Eine andere Gattung gelang mit nützlichen und obendrein kostenlosen Programmen auf den heimischen Rechner. So auch ''Gator'', der sich brennend für die Vorlieben seines Wirtes interessiert.

    Gail bedient sich gerne des Internets, um günstigste Windelangebote oder andere Babyprodukte für den Nachwuchs zu orten oder Ratgeber über Kindererziehung und Gesundheitsnachrichten zu studieren. Einleuchtend, dass sich gerade Anbieter von Baby-Utensilien für solche zeitgemäß am Puls des Internet lebenden Verbraucher brennend interessieren. So ist Gail quasi Ottonormal-Mutter, an deren Beispiel der US-Werbevermarkter "Gator" auf der Firmenhomepage sein Dienstleistungsangebot erläutert. Das Unternehmen verspricht seinen Kunden, deren Werbung zielgruppengerecht auf dem Bildschirm individueller Surfers zu platzieren und so den Umsatz höchst effizient anzukurbeln. Stellt sich aber die Frage, wie Gator denn so sicher wissen kann, wofür Gail sich so interessiert. Die Lösung: Auch der Rechner von Mustermutter Gail geht schwanger, nämlich mit einer kleinen Software, die ihr Surfverhalten fleißig mitschneidet und an Gator meldet.

    Während die Hersteller solche Programme als so genannte "Adware", ein Kunstwort aus Advertisement - Werbung - und Software, bezeichnen, die gerne gegen Entgelt in hilfreiche Programme von Freeware-Programmierern eingebettet wird und so mehr oder minder unbemerkt auf die Rechner gelangt, sprechen Datenschützer lieber von "Spyware". "Dieser Name rührt von der Funktion dieser Programme, dass sie das Verhalten der Anwender dem Anbieter der Software zurückmelden. Bei Adware ist das oft der Fall, denn die Unternehmen wollen Werbung individuell gezielt platzieren", resümiert Jason Catlet, Präsident der US-Datenschutzorganisation Junkbusters. Da freiwillig kaum ein Internetbenutzer bereit ist, entsprechende Angaben wahrheitsgemäß zu machen, werden die dienstbaren kleinen Programme quasi huckepack mit anderer Software frei Haus geliefert, ohne dass der Anwender ahnt, was sich da alles in seinem PC breit macht.

    Inzwischen sollen rund 25 Millionen PC-Benutzer weltweit einen Datensammler von Gator auf ihrem Rechner haben, so lauten zumindest Angaben der Firma. Für die meist unfreiwilligen Benutzer von Spyware sieht es dann beim Internetsurfen so aus, als stamme ein zusätzliches Werbefenster von der Seite, die sie gerade besuchen. Tatsächlich schmuggelt aber Gator die passende "Produktinformation" zum aufgerufenen Webthema. Überdies werden die Schnüffel-Programme künftig wohl auch Reklame auf Suchmaschinen schmuggeln, ebenfalls stets passend zum jeweiligen Suchbegriff. So berichten Anwender, die unvorsichtigerweise Gator-Tools installiert haben, aber nicht mehr deinstallieren konnten von einem merkwürdigen Phänomen. Bei der Google-Suche erscheint auch ein Fenster auf dem Bildschirm mit Ergebnissen von Overture. Diese Suchmaschine veräußert die vorderen Plätze einer Indexliste zu bestimmten Suchbegriffen an den Meistbietenden. Gator gibt sich über diese Berichte indes verschwiegen und lehnt Interview-Wünsche ab. Overture allerdings bestätigte, man teste gemeinsam mit Gator die Vermarktung von Internet-Werbung.

    Gators Erfolgsgeheimnis ist die Unwissenheit der Surfer. Erst beim Einsatz von entsprechenden Abwehrprogrammen wie beispielsweise "Ad-Aware" von Lavasoft entdecken sie mitunter gleich Heerscharen der geheimniskrämerischen Spione. "Die meisten Leute sind dann erstaunt darüber, dass sie häufig nicht nur eines, sondern gleich mehrere Programme vorfinden, die Informationen über sie an Firmen übermitteln, von denen sie nie gehört oder die sie bereits wieder völlig vergessen haben", so Catlet. Gegen Gator sind bereits mehrere Klagen von Web-Site-Betreibern anhängig, die sich um mögliche Werbeeinnahmen betrogen fühlen. In einigen Fällen machte das Unternehmen auch bereits Rückzieher und sicherte zu, keine Pop-up-Werbefenster mehr auf die Seiten zu schmuggeln. Jason Catlet fordert mehr Transparenz von den Werbetreibenden und ihren Helfern: "Die übermittelte Information sollte vom Anwender kontrolliert werden können, indem er sie sieht und löschen kann, wenn er will, dass sie nur für eine bestimmte Zeit gespeichert wird. Es sollten eben die traditionellen Regeln des Datenschutzes gelten."

    [Quelle: Achim Killer]