Es kommt nicht oft vor, dass ein Politiker seine Abschiedsrede zweimal halten kann. Aber wenn Belgiens abtretender Premier Guy Verhofstadt heute nach seinem Besuch bei König Albert den Wunsch verspürt, seinen Anhängern und Mitarbeitern noch ein persönliches Wort mit auf den Weg zu geben, dann braucht er eigentlich nur das Manuskript vom 10. Juni 2007 herauszukramen:
"Sie müssen wissen, dass Belgien ein wunderbares Land ist. Nicht chauvinistisch, manchmal eher zu wenig stolz auf sich selbst, wie ich finde. Und sie sollen vor allem wissen, dass es für mich eine unglaubliche Ehre war, dieses Land und seine Menschen führen zu dürfen. Dank an euch alle für die Freundschaft, für die Kameradschaft und für die Liebe, die ich in den vergangenen Jahren von euch habe erfahren dürfen."
Damals, vor neun Monaten, hatte der Flame Guy Verhofstadt gerade die belgischen Wahlen verloren. Wenn er heute endgültig die Rue de la Loi 16, den Amtssitz der belgischen Premierminister räumt, geht er mit erhobenem Haupt. Nachdem der Wahlsieger Yves Leterme von den Christdemokraten sich nach sechs Monaten Koalitionsverhandlungen unauflöslich in den Schlingen des belgischen Sprachgemeinschaftsstreites verfangen hatte, nahm Guy Verhofstadt gedrängt von König Albert, den Auftrag an, den keiner wollte. Verhofstadt stellte eine Übergangsregierung auf die Beine, legte den überfälligen Haushalt vor und versprach die Amtsübergabe an seinen politischen Rivalen Yves Leterme vor Ostern. Und so passiert es heute. Typisch Verhofstadt, geben auch die Kritiker des langen Blonden mit der größten Zahnlücke Europas zu, er selber amüsiert sich:
"Hier in diesen Kreisen heißt es dann immer gleich, das klappt doch nie, das wird nichts. Wenn man mit der Mentalität Politik macht, dann klappt es wirklich nie."
Jetzt nimmt Verhofstadt eine Auszeit, um ein Buch über Europa zu schreiben. Nächstes Jahr wird sich der 55-Jährige wahrscheinlich um einen Sitz im Europaparlament bewerben. Damit geht eine lange belgische Politikkarriere zu Ende: vom jüngsten belgischen Abgeordneten, der wegen seiner superliberalen Wirtschaftsideen bald Baby Thatcher genannt wurde, zum überzeugten Europäer, der um Haaresbreite EU-Kommissionspräsident geworden wäre. Verhofstadt reüssierte auch in der Königsdisziplin belgischer Politiker, dem Austarieren der kompliziertesten Koalitionen mit Parteien von beiden Seiten der Sprachgrenze - und das acht Jahre lang. Dabei vertrauten die frankophonen Belgier noch stärker als die Flamen dem Regierungschef Verhofstadt: Der Flame wurde im Süden Belgiens als Mann des Ausgleichs hoch geschätzt.
Das ist ganz anders bei seinem Nachfolger Yves Leterme. Deshalb auch brauchte der christdemokratische Sieger Wahlsieger aus Flandern neun Monate und einen Rivalen als Steigbügelhalter, bis ihn König Albert heute zum neuen belgische Premier ernennt:
"Ich weiß noch nicht, wie das ist, Premierminister zu sein, aber das kommt vielleicht noch, eins nach dem anderen."
Mit einer flämischen Mutter und einem wallonischen Vater wäre der 47-jährige Leterme eigentlich die belgische Idealbesetzung. Doch dem Mann, der als flämischer Ministerpräsident sehr beliebt war, vertraut nur jeder zweite Flame. Im frankophonen Belgien liegen die Zustimmungsraten für Leterme bei gerade mal zehn Prozent. Nicht wenige frankophone Politiker sind ebenfalls misstrauisch: Der flämische Christdemokrat hat im Wahlkampf, vor allem aber bei seinen gescheiterten Versuchen, eine belgische Regierung zu schmieden, zu viel politisches Porzellan zerschmissen. Durch Ungeschicklichkeit und Starrsein hat Leterme das Misstrauen zwischen den Sprachgemeinschaften weiter verstärkt. Seit einiger Zeit nun bemüht er sich um ein anderes Auftreten.
"Ich weiß, dass ich in der Vergangenheit einige Fehler gemacht habe. Aber es ist mein Ziel, mein Bestes zu geben für alle Bürger, wohlgemerkt auch für die Wallonen."
Doch Letermes flämische Christdemokraten haben sich bei den Koalitionsverhandlungen vom kleinen separatischen Bündnispartner NVA vor sich hertreiben lassen mit ultimativen Forderungen nach flämischer Autonomie. Inzwischen ist dieses Gedankengut auch bei den Christdemokraten und in weiten Teilen der flämischen Bevölkerung verbreitet. Es sind die eigenen Leute, die den neuen Premier unter Druck setzen werden, bis Mitte Juli konkrete Beschlüsse zur Regionalisierung im Sozial - und Steuerrecht vorzulegen, andernfalls drohen sie mit dem Ende der Koalition. Der Vorsitzende der Jungen Christdemokraten wird schon jetzt seinem Premier Leterme die Stimme verweigern, weil ihm das Regierungsabkommen in Sachen Autonomie nicht weit genug geht.
"Sie müssen wissen, dass Belgien ein wunderbares Land ist. Nicht chauvinistisch, manchmal eher zu wenig stolz auf sich selbst, wie ich finde. Und sie sollen vor allem wissen, dass es für mich eine unglaubliche Ehre war, dieses Land und seine Menschen führen zu dürfen. Dank an euch alle für die Freundschaft, für die Kameradschaft und für die Liebe, die ich in den vergangenen Jahren von euch habe erfahren dürfen."
Damals, vor neun Monaten, hatte der Flame Guy Verhofstadt gerade die belgischen Wahlen verloren. Wenn er heute endgültig die Rue de la Loi 16, den Amtssitz der belgischen Premierminister räumt, geht er mit erhobenem Haupt. Nachdem der Wahlsieger Yves Leterme von den Christdemokraten sich nach sechs Monaten Koalitionsverhandlungen unauflöslich in den Schlingen des belgischen Sprachgemeinschaftsstreites verfangen hatte, nahm Guy Verhofstadt gedrängt von König Albert, den Auftrag an, den keiner wollte. Verhofstadt stellte eine Übergangsregierung auf die Beine, legte den überfälligen Haushalt vor und versprach die Amtsübergabe an seinen politischen Rivalen Yves Leterme vor Ostern. Und so passiert es heute. Typisch Verhofstadt, geben auch die Kritiker des langen Blonden mit der größten Zahnlücke Europas zu, er selber amüsiert sich:
"Hier in diesen Kreisen heißt es dann immer gleich, das klappt doch nie, das wird nichts. Wenn man mit der Mentalität Politik macht, dann klappt es wirklich nie."
Jetzt nimmt Verhofstadt eine Auszeit, um ein Buch über Europa zu schreiben. Nächstes Jahr wird sich der 55-Jährige wahrscheinlich um einen Sitz im Europaparlament bewerben. Damit geht eine lange belgische Politikkarriere zu Ende: vom jüngsten belgischen Abgeordneten, der wegen seiner superliberalen Wirtschaftsideen bald Baby Thatcher genannt wurde, zum überzeugten Europäer, der um Haaresbreite EU-Kommissionspräsident geworden wäre. Verhofstadt reüssierte auch in der Königsdisziplin belgischer Politiker, dem Austarieren der kompliziertesten Koalitionen mit Parteien von beiden Seiten der Sprachgrenze - und das acht Jahre lang. Dabei vertrauten die frankophonen Belgier noch stärker als die Flamen dem Regierungschef Verhofstadt: Der Flame wurde im Süden Belgiens als Mann des Ausgleichs hoch geschätzt.
Das ist ganz anders bei seinem Nachfolger Yves Leterme. Deshalb auch brauchte der christdemokratische Sieger Wahlsieger aus Flandern neun Monate und einen Rivalen als Steigbügelhalter, bis ihn König Albert heute zum neuen belgische Premier ernennt:
"Ich weiß noch nicht, wie das ist, Premierminister zu sein, aber das kommt vielleicht noch, eins nach dem anderen."
Mit einer flämischen Mutter und einem wallonischen Vater wäre der 47-jährige Leterme eigentlich die belgische Idealbesetzung. Doch dem Mann, der als flämischer Ministerpräsident sehr beliebt war, vertraut nur jeder zweite Flame. Im frankophonen Belgien liegen die Zustimmungsraten für Leterme bei gerade mal zehn Prozent. Nicht wenige frankophone Politiker sind ebenfalls misstrauisch: Der flämische Christdemokrat hat im Wahlkampf, vor allem aber bei seinen gescheiterten Versuchen, eine belgische Regierung zu schmieden, zu viel politisches Porzellan zerschmissen. Durch Ungeschicklichkeit und Starrsein hat Leterme das Misstrauen zwischen den Sprachgemeinschaften weiter verstärkt. Seit einiger Zeit nun bemüht er sich um ein anderes Auftreten.
"Ich weiß, dass ich in der Vergangenheit einige Fehler gemacht habe. Aber es ist mein Ziel, mein Bestes zu geben für alle Bürger, wohlgemerkt auch für die Wallonen."
Doch Letermes flämische Christdemokraten haben sich bei den Koalitionsverhandlungen vom kleinen separatischen Bündnispartner NVA vor sich hertreiben lassen mit ultimativen Forderungen nach flämischer Autonomie. Inzwischen ist dieses Gedankengut auch bei den Christdemokraten und in weiten Teilen der flämischen Bevölkerung verbreitet. Es sind die eigenen Leute, die den neuen Premier unter Druck setzen werden, bis Mitte Juli konkrete Beschlüsse zur Regionalisierung im Sozial - und Steuerrecht vorzulegen, andernfalls drohen sie mit dem Ende der Koalition. Der Vorsitzende der Jungen Christdemokraten wird schon jetzt seinem Premier Leterme die Stimme verweigern, weil ihm das Regierungsabkommen in Sachen Autonomie nicht weit genug geht.