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Neun Teraflops für Jülich

Seit Anfang dieser Woche spielt Deutschland in Sachen Super-Computer wieder in der Champions League: Am Montag nahm das John von Neumann-Institut für Computing am Forschungszentrum Jülich Europas stärksten Höchstleistungsrechner in Betrieb. Seine Leistung liegt bei knapp neun Teraflop, also neun Billionen Fliess-komma-Operationen pro Sekunde – was ihn unter den zivil genutzten Großrechner den sechsten Platz sichert.

von Mirko Smiljanic |
    Am Anfang stand ein Wettrennen: Der alte Supercomputer des Forschungszentrums Jülich – eine Cray-Maschine – gegen den neuen: Beide simulierten die Ausbreitung von Schadstoffen im Grundwasser, optisch dargestellt mit einer an die Wand projizierten Grafik: Ein roter Fleck frisst sich langsam durch sauberes Grün. Die Wahl der Farben – beteuerte Professor Joachim Treusch, Vorstandsvorsitzender des Forschungszentrums Jülich – habe keinerlei politischen Hintergrund. Auch nicht, dass der neue Superrechner mit seinen insgesamt 41 schwarzen Kästen einfach schick aussieht. Norbert Attig vom John von Neumann-Institut für Computing am Forschungszentrum Jülich erklärt die Technik:

    Dieser neue Rechner besteht aus 41 Knoten, jeder Knoten ist ein System von IBM P 690, innen drin sind jeweils 32 Prozessoren vom Typ Power 4+, getaktet mit 1,7 GHz, und wenn man die 41 Rechner über einen High Performance Switch zusammen schaltet, kommt dabei eine theoretische Pikperformance raus von 8,9 Teraflop.

    Wenn alle der insgesamt 1312 Prozessoren arbeiten, erreicht die Maschinen also eine Gesamtleistung von 8,9 Teraflop – FLOP steht für Floating Point Operations per Second, also Fliesskomma-Operationen pro Sekunde. Diese Leistung, darauf legt das John von Neumann Institut besonderen Wert, steht schon heute zur Verfügung, nicht erst in sechs Monaten – so lange dauert es üblicherweise, Supercomputern die volle Performance zu entlocken. Für den Rechner musste übrigens ein komplett neues Gebäude gebaut werden, das vorhandene Rechenzentrum war einfach zu klein.

    Das hängt damit zusammen, dass diese Systeme, die wir hier haben, luftgekühlte Systeme sind, das also Systeme, die man aus dem Regal kaufen kann, und die Luftkühlung bringt es dann mit sich, dass diese Teile wieder einigermaßen groß sind und wieder ein eigenes Gebäude brauchen, um einfach die heiße Luft, die anfällt wegschaffen zu können.

    Es gibt auch wassergekühlte Anlagen, die dann üblicherweise klein und kompakt sind, der Trend geht allerdings wieder hin räumlich großen Systemen. Der Supercomputer nutzt ein extra entwickeltes Betriebssystem, das AX in der Version 5.2, allerdings – betont Norbert Attig, könnte man auch Linux nutzen. 41 Millionen Euro kostet die Anlage inklusive fünf Jahre Wartung plus Software – danach muss neu verhandelt werden. Auf der 500er-Liste der weltweit stärksten Computer liegt die Jülicher Anlage im zivilen Bereich auf Platz sechs, werden militärisch genutzte Supercomputer einbezogen, ist es immerhin noch der Platz 12. Das wird sich natürlich binnen weniger Monate ändern, es sei denn, das Forschungszentrum Jülich erweitert das Cluster, also die Anzahl der zusammengeschalteten Einzel-Rechner:

    Der Computer ist ausbaufähig, diese Anzahl von 41 hängt nur mit dem Etat zusammen, da könnte noch weitere Knoten zugeschaltet werden, wir sind auch dabei, noch weitere Knoten dran zu bekommen.

    Mittlerweile hat der Rechner eine durchschnittliche Auslastung von 90 Prozent, mehr als 100 Forschergruppen lassen ihre Probleme in Jülich rechnen.

    Aus dem FZ Jülich ist es hauptsächlich die Festkörperforschung, die hier rechnet, Weiche Materie, Festkörperphysik, das sind hauptsächlich die Themen, die hier bearbeitet werden, und dann bieten wir natürlich noch 50 Prozent der Rechenzeit für Forscher an Universitäten und anderen Forschungseinrichtungen, die bei uns ihre Rechnungen auf diesen Rechner rechnen können.

    Natürlich ist die neue Anlage auch in einem Grid zu nutzen, in dem räumlich getrennte Computer vernetzt werden. Ach ja, da war ja noch das Wettrennen alter Supercomputer gegen den neuen. Die Cray-Maschine hat nach einer Stunde simuliert wie sich Schadstoffen im Grundwasser innerhalb von 25 Tagen ausbreiten; der neue Superrechner war da schon bei 115 Tagen.