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Neuordnung im Kabelmarkt

Kabelfernsehen. - Finanzkräftige Kapitalgesellschaften sind dabei, fast das gesamte Kabelfernsehen in Deutschland unter ihre Fittiche zu bringen. Kabel Deutschland will die Kabelnetze in West- und Süddeutschland übernehmen und digital aufrüsten. Ein einziger großer Anbieter könnte dann technisch bestimmen, welche Programme überhaupt noch im Wohnzimmer ankommen sollen. Das führt zu heftigen Auseinandersetzungen der Fernsehsender mit der Kabelfirma.

Von Leo Krause |
    Neun Kabelregionen gehören Kabel Deutschland schon, jetzt sollen noch die regionalen Betreiber iesy in Hessen, ish in NRW und Kabel-Württemberg dazu kommen. Gibt das Bundeskartellamt grünes Licht, wäre wie zu Telekom-Zeiten fast die gesamte Republik wieder in der Hand eines einzigen Anbieters. Ein Monopol sei das nicht, sagt Kabel-Deutschland-Direktor Andreas Siemen:

    Durch diesen Zusammenschluss von Kabel Deutschland mit iesy, ish und Kabel Baden-Württemberg verändert sich die Monopolsituation ja eigentlich für den einzelnen Kunden gar nicht. Denn bisher hatte er einen regionalen Anbieter. Der Name ändert sich möglicherweise.

    Vom regionalen zum nationalen Monopol – dem Zuschauer soll das nützen. Kabel Deutschland will mit dem Geld der Finanzinvestoren das digitale Fernsehen vorantreiben. Mehr Kanäle, mehr Auswahl, mehr Fernsehvergnügen soll das bringen. Voraussetzung: Man kauft sich einen kleinen Kasten, der zwischen die Kabeldose und den Fernseher kommt. Der macht aus den digitalen Fernsehsignalen wieder ein Fernsehbild.

    Nun soll aber nicht jeder Zuschauer alle möglichen Programme bekommen, sondern speziell abgepackte Programmpakete. Deshalb wird das Signal im Kabel verschlüsselt und von der Box wieder entschlüsselt. Wer also türkische Sender will, könnte ein paar Euro extra zur Kabelgebühr zahlen, wer Sport oder Nachrichten will, könnte entsprechende Digitalpakete buchen. Die öffentlich-rechtlichen Programme machen schon bei der Verschlüsselung nicht mit, sagt Karola Wille, Justiziarin beim Mitteldeutschen Rundfunk:

    Das hat was mit unserem öffentlichen Auftrag zu tun. Wir gehen davon aus, dass der auch bedeutet, dass die Zuschauer unsere Programme frei zugänglich bekommen müssen. Das heißt es darf keinen Zwischenschritt geben, einen Freischalte-Schritt, den ein Dritter vornimmt, sondern die Programme müssen unmittelbar und direkt beim Kunden ankommen können.

    Das hat die ARD mit Kabel Deutschland nun nach harten Auseinandersetzungen geklärt. Die großen Privatsender sind aber nicht aus dem Schneider. Sie wollen keinesfalls in kostenpflichtigen Extra-Paketen landen und lehnen auch die Grundverschlüsselung ab. Kabel Deutschland dürfe RTL nicht zum digitalen Bezahlfernsehen machen, sagt Hans-Henning Arnold von der RTL-Gruppe.

    Jeder muss eine Eintrittsgebühr bezahlen, um überhaupt unsere Programme sehen zu können. Eine Eintrittsgebühr, die auf Dauer eben 14,50 Euro ausmacht, neben der Kabelgebühr. Das ist auf jeden Fall für uns ein Nachteil. Das heißt, die öffentlich-rechtlichen Programm bekomme ich unverschlüsselt, unsere Programme bekomme ich mit Eintrittsgeld und in verschlüsselter Form.

    Deshalb wollten die großen Privatsender das digitale Kabel aus Angst um Quoten und Werbeeinnahmen ausbremsen, kritisieren kleinere Konkurrenten. Michael Kayser vom englischen Spartenprogramm BBC World:

    RTL will eigentlich verhindern, dass es stattfindet. Wer 100 Prozent hat, braucht keine zusätzliche Reichweite. Das digitale Leben könnte nur die RTL-Position untergraben. Jeder Sender mehr ist ein Konkurrent mehr, der Reichweite wegnimmt. Das heißt, auch die Fernsehforschung müsste neu konzipiert werden, großer Aufwand, große Kosten und für RTL eigentlich nur Ärger.

    Kayser sucht für die BBC neue Kabelplätze und ist sich mit der großen 'Kabel Deutschland' schnell einig geworden. Sein Programm werde digital verbreitet und er zahle dafür einen fairen Preis, wie Kayser sagt. Das System Vielfalt durch Marktmacht scheint hier einigermaßen zu funktionieren. Dem freien Spiel der Kräfte sollte das deutschlandweite Kabelnetz aber nicht völlig überlassen werden, sagt Hans Hege, Direktor der Medienanstalt Berlin-Brandenburg.
    Es gibt Regeln, was drin sein muss: Das sind die öffentlich-rechtlichen Programme, die sind gut geschützt, aber das gilt nur für ein Drittel der Kapazitäten. Also die Netzbetreiber haben auch Spielräume, das ist ja auch richtig so, sie sollen ja auch ausprobieren, was bei den Zuschauern ankommt. Ein Problem entsteht eher im nationalen Rahmen, wenn ein einziges Unternehmen die Pakete zusammenstellt. Es geht darum, zu welchen Konditionen sie in welches Paket kommen. Wir werden das sorgfältig prüfen müssen, insbesondere das Kartellamt, weil natürlich eine stärkere Stellung entsteht.

    Die Entscheidung der Kartellwächter steht noch aus. Geben sie grünes Licht, will Kabel Deutschland den Zuschauer noch in diesem Jahr neue Digitalpakete anbieten. Wo dabei die großen Privatsender landen, ist noch offen.