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Neuseeland im Goldrausch

Schmitz: War es eine Überraschung, dass Jacksons "Herr der Ringe, Teil 3" mit so vielen besonders begehrten Oscars ausgezeichnet worden ist?

Josef Schnelle im Gespräch |
    Schnelle Nein, das pfiffen ja schon seit Wochen die Spatzen von den Dächern, es war ja auch nicht viel Alternatives da. Von dem Film "Seabiscuit" zum Beispiel, einem Rennpferdmelodram, hat man ganz wenig doch eigentlich gehört. Also, ich sage einmal so, die Gegner oder die direkten Konkurrenten waren auch außerordentlich schwach und deswegen wäre alles andere eine große Überraschung gewesen. So war es eigentlich ein sehr, sehr langweiliger Oscar-Abend.

    Schmitz: Über den Verlauf des Abends reden wir gleich noch, noch weiter zu Peter Jackson und seiner Trilogie. Hinter der Suggestivkraft dieses Filmepos steckt ja eine gewaltige, bisher nie da gewesene tricktechnische Illusionsmaschinerie Hollywoods, die hier zu Höchstleistungen hochgefahren wurde. Ist diese Leistung vor allem ausgezeichnet worden?

    Schnelle Ja, das ist schon eine Sache, wenn jemand sieben Jahre an einem Projekt arbeitet, an einem Projekt, wo viele zwischendurch auch nicht daran glauben. Der erste Versuch, "Herr der Ringe" zu verfilmen, ist ja damals schief gegangen vor zwölf Jahren und Peter Jackson hat das dann geschafft. Also, die schiere Leistung von diesem kleinen Hobbit da aus Neuseeland, der sieht ja auch so ein bisschen aus und man wundert sich ja, wenn er Schuhe trägt, was dann der Bill Crystal, der Moderator, dann auch getan hat. Das ist schon dann ausgezeichnet worden, obwohl Hollywood, gut, Hollywood hat es schon finanziert, aber ich glaube, es sind auch deutsche Medienfonds drin. Es ist in Neuseeland gedreht worden, es ist viel von der Tricktechnik auch überall auf der Welt gemacht worden. Man darf sich dieses Hollywood eigentlich gar nicht mehr so vorstellen auf einen Ort konzentriert, sondern das ist über die ganze Welt diversifiziert, das ist ein System Hollywood eigentlich und das hat dann natürlich wieder einmal gewonnen, aber auch dadurch, dass es immer wieder schafft, alle möglichen kreativen Kräfte von außen, diesmal kam es aus Neuseeland, immer wieder herein zu ziehen und daraus etwas Neues zu machen, was zumindest erfolgreich ist auf der ganzen Welt.

    Schmitz: Die Schauspielerin Charlize Theron hat für ihre Hauptrolle im Film "Monster" den Oscar bekommen, Sean Penn für seine Hauptrolle in "Mystic River", um zwei weitere wichtige Preisträger zu nennen von Filmen, die mit Tricktechnik ja gar nichts zu tun haben. Was halten Sie von diesen Entscheidungen, wie bewerten Sie das Preisträgerprofil?

    Schnelle Ja, offenbar ist die Akademie, die ja keine Akademie ist, sondern die Zusammenkunft aller Filmschaffenden in Groß-Los Angeles, dann doch ein bisschen erschrocken vor ihrer Konsequenz, da nur so ein Trickspektakel auszuzeichnen und es war ja kein einziger Schauspieler aus "Herr der Ringe" nominiert, also ein Film ohne Schauspieler sozusagen, und deswegen sind die Schauspieler-Oscars dann in eine ganz andere Richtung gegangen an eigentlich vergleichbar kleine, überschaubare Autorenfilme Marke Hollywood, sofern die da überhaupt gehen. Und es sind dann so Kraftleistungen wie die zum Beispiel von der Charlize Theron, die sich ja hässlich gemacht hat, die ein berühmtes Fotomodell ist aus Südafrika, sehr schön, die Männer werfen sich hin und dann spielt sie aber eine hässliche Mörderin. Das ist so eine typische Rolle, für die man dann von den Kollegen für diese Anstrengung auch einen Oscar bekommt und insofern wiesen dann diese Schauspieler-Entscheidungen so in die Richtung, dass man doch wieder zurück will vom tricktechnischen Kino zu dem Kino, in dem es echte Menschen und echte Emotionen gibt.

    Schmitz: Also auch zum Autorenkino?

    Schnelle Ja, sofern es das in Hollywood halt gibt. Das ist halt alles sehr teuer da, unter 70 Millionen Dollar kann man da auch keinen Autorenfilm machen. Also, unser Begriff von Autorenfilm ist das dann eben nicht, aber schon zum persönlicher geprägten Film.

    Schmitz: Die Preisverleihung wurde ja um fünf Sekunden zeitversetzt gesendet, um auf unliebsame Vorkommnisse reagieren zu können. Wie ist der Abend überhaupt verlaufen, da wären wir jetzt, gab es bewegende Momente?

    Schnelle Ja, also Rucker gab es nicht, wo dann etwa vielleicht irgendein kleiner Sexskandal sich verborgen hätte oder verborgen sein können. Es gab auch keine politischen Reden so wie im letzten Jahr. Man muss aber auch bedenken, dass, wenn viel Geld im Spiel ist, dann sind diese Dankesreden auch so ein bisschen schon unter Anwälten ausgemacht, also das lief alles sehr glatt. Selbst Sean Penn und Tim Robbins, die ja so die Vorzeigelinken Hollywoods sind, haben es sich verkniffen, da auf den Irakkrieg oder irgend so etwas einzugehen. Also, diese Vorsichtsmaßregel war wohl dann überflüssig und ja, es ist eine der größten Unterhaltungssendungen der Welt, eine Milliarde Menschen auf der Welt gucken da zu, aber irgendwie war es eigentlich nicht sehr viel spannender als bei Gottschalk.

    Schmitz: Stichwort Coppola?

    Schnelle Stichwort Coppola, ah, das war für mich der einzige wirklich bewegende Moment, wenn dann so eine Familiendynastie sich so ausbreitet. Die Sofia Coppola hat ja den Oscar für das beste Drehbuch bekommen und wurde von ihrem Vater dann an die Bühne geleitet und der war sehr gerührt und das ist dann doch wieder so die alte Hollywood-Dramaturgie nach dem Motto "a star is born". Also, die Familie Coppola geht jetzt in die nächste Generation. Ihn selbst haben ja die Oscars auch immer sehr geprägt, im Guten wie im Schlechten und er macht jetzt seinen Wein in Napa Valley und die Tochter macht weiter.