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„New Start“ auf der Kippe?

Für Präsident Obama ist der neue START-Abrüstungs-vertrag sein außenpolitisches Meisterstück. Die Verhandlungen mit Russland waren lang und zäh, aber schließlich erfolgreich. Der START-Vertrag ist ein wesentlicher Baustein für Obamas Vision einer atomwaffenfreien Welt.

Von Anna Engelke |
    Für Präsident Obama ist der neue START-Abrüstungsvertrag sein außenpolitisches Meisterstück. Die Verhandlungen mit Russland waren lang und zäh, aber schließlich erfolgreich. Der START-Vertrag ist ein wesentlicher Baustein für Obamas Vision einer atomwaffenfreien Welt:

    ""Wir senden damit ein starkes Signal an Russland, dass wir es mit der Verkleinerung unseres Atomarsenals ernst meinen, aber auch ein klares Signal an die Welt, dass es uns mit der Nichtverbreitung von Atomwaffen sehr ernst ist.""

    Es geht um weniger nukleare Sprengköpfe in den USA und Russland. Außerdem sollen gegenseitige Kontrollen wieder Routine werden. Seit fast einem Jahr - seit dem Auslaufen des alten START-Vertrags - haben amerikanische Inspekteure keinen Zugang mehr zu russischen Raketendepots. Das beunruhigt viele in den USA. Aber das neue Abkommen ist für Präsident Obama noch viel mehr als nur ein Abrüstungs- und Kontrollvertrag. Obama:

    ""Der neue START-Vertrag ist auch Eckpfeiler für unsere Beziehungen mit Russland. Das geht über nukleare Sicherheit hinaus. Russland war elementar, um den Iran mit starken Sanktionen wegen seines Nuklearprogramms unter Druck zu setzen."'"

    Das neue Abkommen ist eine vertrauensbildende Maßnahme zwischen Washington und Moskau. Ein Neustart nach den desaströsen US-russischen Beziehungen unter Obamas Amtsvorgänger George W. Bush. Beim Anpacken der großen Probleme in der Welt brauchen die USA die Russen. Bei der Versorgung der US-Soldaten in Afghanistan ist Washington auf Moskau angewiesen. Der START-Vertrag habe für die USA höchste sicherheitspolitische Priorität, so Obama:

    ""Es ist eine zwingende Notwendigkeit, dass die USA das neue START-Abkommen noch in diesem Jahr ratifizieren."

    Ob das klappt, steht allerdings seit diesem Dienstag in den Sternen. Denn am Dienstag ist ein republikanischer Senator namens Jon Kyl ordentlich auf die Bremse getreten. Er hat großen Einfluss und will erst im nächsten Jahr über den START-Vertrag abstimmen, nicht mehr in diesem. Zu wenig Zeit, so begründet Kyl die Verzögerung. Die Republikaner wollen unter anderem mehr Geld für die Modernisierung des heimischen Atomwaffen-Arsenals. Das habe das Weiße Haus bereits zugesagt, betonte Präsident Obama:

    "Wir werden im nächsten Jahrzehnt 80 Milliarden Dollar in die Modernisierung unserer Atomwaffen investieren. Außerdem legen wir wie von Senator Kyl gewünscht noch einmal vier Milliarden Dollar oben drauf."

    Den Republikanern reicht Obamas Angebot dennoch nicht. Sie halten von seiner Vision einer atomwaffenfreien Welt wenig. Sie wollen, dass die USA neue Atomraketen entwickeln und nicht nur alte modernisieren. Und seitdem die Republikaner bei der Kongresswahl Anfang des Monats so glänzend abgeschnitten haben, wollen sie dem Präsidenten offensichtlich zeigen, wer jetzt in Washington das letzte Wort hat. Alexander Rahr von der Deutschen Gesellschaft für Internationale Politik in Berlin:

    "Die Republikaner wittern natürlich für sich Morgenluft. Sie sehen, Obama ist geschwächt, sie wollen ihn vorführen, auch vor der ganzen Welt. Man will zeigen, dass er ein schwacher Präsident ist. Man will ihn vor sich hertreiben …"

    Die Republikaner gönnen dem Präsidenten offenbar keinen Erfolg. Bei der Ratifizierung des START-Vertrags ist Obama in der alten Legislaturperiode mindestens auf acht Senatorenstimmen angewiesen. In der neuen Legislaturperiode ab nächstem Jahr sogar auf 14, weil die Republikaner Sitze hinzugewonnen haben. Dick Lugar ist einer der ganz wenigen republikanischen Senatoren, der für das START-Abkommen stimmen will und zwar jetzt und nicht im nächsten Jahr:

    "Jetzt Zeit herauszuschinden ist unentschuldbar."

    Sagte Lugar an die Adresse seiner republikanischen Kollegen im Senat. Er ist von der Bedeutung des Vertrags für die nationale Sicherheit der USA überzeugt. Wie auch andere frühere republikanische Außen- und Verteidigungsminister. In ihrem Beisein warb Obama kurz vor seiner Abreise nach Lissabon noch einmal eindringlich um die Zustimmung der Republikaner:

    Obama: ""Wenn wir auf unbestimmte Zeit verzögern, wird der amerikanische Führungsanspruch bei der Nichtverbreitung von Atomwaffen und die Nationale Sicherheit geschwächt."'"

    Und die Glaubwürdigkeit des US-Präsidenten - das sagte Obama zwar nicht, aber er weiß es. Den Republikanern wäre das recht. Denn ein außenpolitisch schwacher Präsident ist ihnen innenpolitisch höchst willkommen.