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Nicht alle machen mit

Obwohl der Nutzen von Recycling für die Umwelt klar auf der Hand liegt, wird keineswegs überall in Deutschland, wo viel Papier verbraucht wird, Recyclingpapier eingesetzt. So weigert sich zum Beispiel die Universität Karlsruhe, eine Eliteuniversität, sich mit diesem Thema überhaupt zu befassen.

Von Ludger Fittkau | 02.06.2009
    "Im ganzen Verwaltungsbereich der Universität ist festzustellen, dass man gar kein Recycling-Papier antrifft, einzelne wenige Institute haben ganz oder teilweise umgestellt, aber im Prinzip bekommt man nur Frischfaserpapier auf den Tisch als Mitarbeiter der Uni."

    Dr. Matthias Hettel wollte das nicht länger hinnehmen. Deshalb gründete er an seiner Uni Karlsruhe eine "Initiative zur Verwendung von Recyclingpapier". Doch in einem Brief an Hettel lehnte die Karlsruher Unileitung die Initiative ab: Es gäbe Probleme mit Farbdrucken auf Recyclingpapier, die Wartungskosten für Drucker würden höher und die Haltbarkeit von Recyclingpapier sei eventuell geringer. Außerdem kaufe die Uni Karlsruhe ihr normales Papier sehr kostengünstig ein. Diese Argumente bekam vor fünf Jahren auch Helmut Hengstler in Konstanz zu hören. Der stellvertretende Kanzler der dortigen Uni sorgte dennoch dafür, dass flächendeckend auf Umweltpapier umgestellt wurde, das mit dem blauen Engel zertifiziert ist. Es ist kein graues Papier, sondern hat 80 Prozent Weißanteile, erklärt Helmut Hengstler:

    "Unsere Wissenschaftler sind damit zufrieden, wir haben vielleicht in den ersten vier, fünf Wochen Probleme gehabt, genau mit den Argumenten, die sie jetzt gebracht haben, aber in der Zwischenzeit wird dieses wunderbar weiße Recycling-Papier ohne Kritik und uneingeschränkt eingesetzt."

    Weißes Papier, keine Papierstaus in den Konstanzer Uni-Kopierern und gute Haltbarkeit - alles Argumente für die schnelle Einführung des Recyclingpapiers auch an anderen Hochschulen. Matthias Hettel sieht aber noch einen ganz anderen, kulturellen Grund, warum seine Uni Karlsruhe bisher nicht dem Beispiel Konstanz folgt:

    "Und das wichtigste Gegenargument, das sich in den Köpfen der Leute festgesetzt hat, ist, dass viele auch nicht wissen, wie heutiges Recyclingpapier aussieht. Und das Papier nach außen hin heißt: Eine weiße Weste zeigen, das es mit Seriosität verbindet und das es eben auch in Verbindung mit einer Eliteuni doppelt wiegt, das man nicht nach außen in dieses Öko-Image-Fahrwasser kommen will, weil das bei den meisten Leuten immer noch damit verbunden wird: Sie sind nicht seriös."

    Dazu kommt, dass an der Uni Karlsruhe - anders als in Konstanz - die Kopierer nicht zentral verwaltet werden:

    "Das Problem kommt vor allem daher, dass viele Institute an der Universität ihre Kopierer geleast haben bei irgendwelchen Firmen und die teilweise dann den Einsatz von Frischfaserpapier vorschreiben, damit ihre Maschinen, was auch bei manchen älteren Maschinen der Fall ist, nicht vorzeitig altern und Schaden nehmen. Aber eben wie gesagt, moderne Papierhersteller und moderne Maschinen, für die ist das kein Problem und die Haltbarkeit wird garantiert und sollte von daher auch für Kopiererverleiher die Regel sein, dass die das bereitstellen können."

    Im Stuttgarter Umweltministerium hat man das Problem der unterschiedlichen Beschaffungsstrukturen an den Hochschulen jedoch inzwischen erkannt. Im Frühjahr beschäftigte sich auch der baden-württembergische Landtag mit dem Thema. Nun empfiehlt die Politik in Sachen Recyclingpapier landesweit das Vorbild Konstanz. Ermutigend findet das Matthias Hettel von der Initiative zur Verwendung von Recyclingpapier an der Uni Karlsruhe:

    "Es geht auch anders, man müsste nur miteinander reden und gemeinsam überlegen, was es für Lösungsmöglichkeiten gäbe."

    Vielleicht hilft ja folgende Erfahrung in Konstanz: Nach fünf Jahren hat die dortige Uni unter dem Strich durch den Einsatz von Recyclingpapier 25.000 Euro gespart. In der Eliteuni am schwäbischen Meer zählt so etwas.