Archiv


"Nicht der Riesenskandal"

Im Mai 2009 haben 16 Wissenschaftler der Universität Göttingen versucht, Gelder der Deutschen Forschungsgemeinschaft zu erschleichen. Die Ombudskommission der Uni spricht in einem ersten Bericht von "grober Fahrlässigkeit" in einigen Fällen.

Von Ute Andres |
    Zwei Monate lang hat die Untersuchungs-Kommission Akten gewälzt und sich durch den 1.100 Seiten starken Förderantrag gearbeitet. "Da steckt viel Arbeit drin", sagt der Leiter der Kommission, der Präsident des Landgerichts Göttingen, Klaus Henning anerkennend und fasst zusammen:

    "Also, wir sind zu dem Ergebnis gekommen, dass zwar Fehlverhalten vorliegt, das war nicht in Ordnung. Aber das war auch nicht der Riesenskandal."

    Die Kommission hat die Arbeiten von 16 Wissenschaftlern des Sonderforschungsbereichs geprüft.

    "25 Fälle sind fertig, und wir haben in allen Fällen festgestellt, dass sich die Wissenschaftler nicht korrekt verhalten haben. Wir haben aber nur bei vier Wissenschaftlern festgestellt, dass sie sich grob fahrlässig falsch verhalten haben. Und das wird dann nach den Richtlinien der Universität als wissenschaftliches Fehlverhalten qualifiziert."

    In diesen vier Fällen sei das festgelegte Datum für die geplante Veröffentlichung wissenschaftlicher Berichte ohne Korrektur überschritten worden. Dass diese Angaben dennoch im Förderantrag stehen blieben, sei eine grobe Pflichtverletzung gewesen.

    "Wichtig für uns war, dass in allen Fällen die Publikationen vorhanden waren. Es ging also nicht darum, dass Titel ohne Texte veröffentlicht wurden, sondern lediglich darum, dass sich Termine über geplante Veröffentlichungen als falsch herausgestellt haben."

    Die Leitung der Universität reagierte verhalten erleichtert auf den Bericht der Kommission. Uni-Präsident Kurt von Figura sagte, die Wissenschaftler müssten mit disziplinarischen Konsequenzen rechnen, würden aber nicht aus dem Dienst entfernt. Allerdings - so heißt es aus internen Universitätskreisen: die Arbeit an dem inzwischen geschlossenen Sonderforschungsbereich 552 der Universität Göttingen stehe sowieso in jedem Lebenslauf. Die Karrieren der jungen Wissenschaftler seien gezeichnet.

    Außerdem sind bislang nur die Ermittlungen zu den Publikationen abgeschlossen. Die Staatsanwaltschaft Göttingen ermittelt seit Mai gegen einen Mitarbeiter des Bereichs wegen Betrugsverdachts und Untreue. "Wir sind da noch lange nicht am Ende", sagt der Sprecher der Staatsanwaltschaft Göttingen, Heimgärtner. In der nächsten Woche will übrigens die Deutsche Forschungsgemeinschaft ihren Bericht zu den Vorfällen vorlegen - auf diese Ergebnisse wartet auch die Staatsanwaltschaft.