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Nicht die Massierung macht's

Medizin. - Bei einer Reihe von Krankheiten kommt es zu massenhafter Zusammenlagerung von Proteinen, etwa bei Alzheimer oder den Prionkrankheiten BSE, Scrapie und Creutzfeldt-Jacob. Eine offene Frage ist, ob diese so genannten Plaques die Ursachen oder nur Begleiterscheinungen der Erkrankungen sind. Zwei Berichte im Fachblatt "Nature" legen jetzt nahe, dass die Plaques nur ein Symptom sind, während die eigentlichen Verursacher in Vorläufermolekülen von Eiweißen zu suchen sind. Die sind durch einen Fehler in der Faltung gefährlich geworden.

    Proteine sind Ketten von Aminosäuren, die aufgrund der unterschiedlichen chemophysikalischen Eigenschaften dieser Aminosäuren ihre räumliche Struktur erhalten. In mehreren Schritten müssen die Proteine in der richtigen Art und Weise gefaltet werden, damit sie ihre vielfältigen Aufgaben in der Zelle erfüllen können. Ein kleiner Fehler in der Faltung und schon werden die Eiweiße weniger leistungsfähig, unbrauchbar oder schlimmstenfalls gefährlich. Zwei Teams aus Italien und England sowie aus den USA und Irland berichten jetzt von giftigen Vorstufen der reifen Proteine, die möglicherweise für neurodegenerative Krankheiten wie Alzheimer oder die Prionerkrankungen verantwortlich sein könnten.

    Es handelt sich um Fehlfaltungen, die schließlich zur Zusammenlagerung von Proteinen, den so genannten Amyloid-Fibrillen, führen. Tests an kultivierten tierischen Nervenzellen zeigten allerdings, dass nicht diese Fibrillen die Zellen absterben lassen, sondern ihre Vorstufen. In den pathologischen Untersuchungen nach dem Tod der Patienten waren bislang stets die Fibrillen oder die ähnlichen Plaques gefunden worden, was eine Reihe von Forschern veranlasst hatte, in ihnen die Ursache der Erkrankungen zu sehen.

    Die Untersuchungen legen nahe, dass es relativ schnell zu einer Fehlfaltung der Aminosäureketten kommen kann, da ihre Faltung ein komplexer und empfindlicher Prozess ist. "Chemisch betrachtet müsste man geradezu eine Fehlfaltung erwarten, eigentlich müssen wir herausfinden, warum der Mechanismus in der Natur so oft klappt", erklärt Professor Christopher Dobson von der Fakultät für Chemie der Universität Cambridge, einer der Autoren des ersten Berichts. Mit der Identifizierung eines möglichen Verursachers haben die Forscher den Pharmakologen ein Ziel für eine mögliche Therapie geliefert. Bis diese allerdings den entsprechenden Wirkstoff gefunden und eine verlässliche Therapie entwickelt haben, wird noch viel Zeit vergehen. Weiterhin ungeklärt ist, warum Krankheiten wie BSE oder Creutzfeldt-Jacob ansteckend sind. Eine Antwort auf diese Frage konnten die Autoren der Nature-Beiträge nicht geben.

    [Quelle: Michael Lange]