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Nicht einmal Einsamkeit

Mit "The Waste Land" - "Das öde Land" veröffentlichte T. S. Eliot im Jahr 1922 das wohl einflussreichste und berühmteste Gedichts des 20. Jahrhunderts. Es spricht in frischen, ungekannten Tönen von den Umwälzungen eines neuen Jahrhunderts und den dadurch verursachten Schrecken. Zum 120. Geburtstag des Autors erscheint es nun in einer neuen Übersetzung des Lyrikers Norbert Hummelt.

Von Eberhard Falcke | 21.12.2008
    April is the cruellest month, breeding
    Lilacs out of the dead land, mixing
    Memory and desire, stirring
    Dull roots with spring rain.
    Winter kept us warm, covering
    Earth in forgetful snow, feeding
    A little life with dried tubers.

    [Lesung T. S. Eliot: The Waste Land, Four Quartets and
    other Poems. Harper Collins Audio Books 1971. 23 sec]

    So las der späte T. S. Eliot sein berühmtestes Werk, das auch er selbst, zusammen mit den letzten dreien seiner "Vier Quartette", für sein wichtigstes hielt.

    Eliots Versdichtung "The Waste Land" wurde seit der Veröffentlichung im Jahr 1922 zum wirkungsmächtigsten modernen englischsprachigen Langgedicht. Allerdings war es, wie so oft, nicht die Kritik, die den Weg zum Ruhm eröffnete. Es waren, wie Eliots Biograph Peter Ackroyd betont, "Studenten und junge Schriftsteller, die in dem Gedicht die Offenbarung einer modernen Sensibilität sahen", woraus sich sogar ein Kult der "Waste Landers" entwickelt habe.

    "Das öde Land" ist eine zugleich ungeheuer vieldeutige und vielsagende Versdichtung. Sie spricht über die Umwälzungen eines neuen Jahrhunderts mitsamt den dadurch verursachten Schrecken; sie schlug frische, ungekannte Töne an; und sie besitzt jene geniale, magische Aussagekraft, durch die sich ein Mixtum compositum aus subjektiven Empfindungen, beklemmenden Szenen, Beobachtungen und erlesenen wie populären Zitaten unmittelbar als große poetische Reflexion über die Epoche darstellt.

    Verschiedene Kritiker haben mir die Ehre angetan, das Gedicht als Kritik an der Gegenwart zu interpretieren, und haben sogar eine gehörige Portion Gesellschaftskritik hineingelesen. Für mich war es nur das Ventil für einen privaten und ganz belanglosen Grant gegen das Leben; es ist lediglich ein Stück rhythmischer Quengelei. [Vorwort Faksimile-Ausgabe, 1971]

    T. S. Eliot liebte solche mal ironischen, mal sarkastischen Distanzierungen, wenn man ihm zu nah oder zu simpel auf den Leib rückte. Trotzdem steckt darin ein Stück Wahrheit. Denn tatsächlich stand am Anfang des Stücks Weltliteratur, zu dem "The Waste Land" wurde, ein geballtes Quantum von privatem Ungemach. Eliot litt an Kopfschmerzen, Erschöpfungszuständen, Angst- und Unruhegefühlen; er hatte Ärger mit der Einkommensteuer, seine Frau krankte dauerhaft an Körper und Seele; Freunde konstatierten ein "sehr trauriges und elendes Aussehen", sein Arzt diagnostizierte eine nervöse Störung, schließlich war sogar von Nervenzusammenbruch die Rede. Und auch die allgemeine Lage ließ 1921 sehr zu wünschen übrig. Eliots Biograph Peter Ackroyd berichtet:

    Das Jahr, in dem Das wüste Land geschrieben wurde, war ein Jahr schlimmster politischer und wirtschaftlicher Unzufriedenheit: Der Nachkriegsboom war zusammengebrochen, es gab zwei Millionen Arbeitslose, und das Wirtschaftschaos wurde noch durch die Unentschlossenheit der Koalitionsregierung verschärft. Eliot verachtete die Demokratie und mit starken Worten beschrieb er die Hass- und Abscheugefühle, die die Zeitsituation in ihm erweckte.

    Außerdem brachte der Sommer große Hitze und regenlose Dürre, ganz zu schweigen von einer Grippe, die den Mund austrocknete und mit bitterem Geschmack erfüllte.

    Diese Symptome stehen in auffälliger Übereinstimmung mit dem Zustand und der Thematik des literarischen Projekts, mit dem sich Eliot das ganze Jahr abmühte,

    schreibt Norbert Hummelt im Nachwort zu seiner Neuübersetzung. Es ist wahr: Eliot musste nicht weit gehen, um aus dem Krisengebiet seines privaten Lebens auf den unwirtlichen Boden des 20. Jahrhunderts zu gelangen, das gerade erst ein höchst brutales Gesicht gezeigt hatte. Der Erste Weltkrieg, Umwälzungen und Revolutionen hatten das Krisengefühl der Moderne zugespitzt. Und Eliot persönlich erging es wie dem Jahrhundert: Noch war er jung und doch schon von Katastrophen zermürbt. Es hat also einiges für sich, wenn Norbert Hummelt "The Waste Land" charakterisiert als "ein Hoheslied der Bitternis, mit trockener Kehle verfasst".

    So gesehen wird auch leicht begreiflich, warum in den berühmten ersten Versen ausgerechnet der April, der ja das Frühlingserwachen einleitet, so schlecht abschneidet. In Eliots Augen war es eben ein böses Erwachen, das dieses neue Jahrhundert seinen Zeitgenossen bescherte.

    April ist der übelste Monat von allen, treibt
    Flieder aus der toten Erde, mischt
    Erinnerung mit Lust, schreckt
    Spröde Wurzel auf mit Frühlingsregen.
    Der Winter hat uns warm gehalten, hüllte
    Das Land in vergeßlichen Schnee, fütterte
    Ein wenig Leben durch mit eingeschrumpelten Knollen.
    Der Sommer kam als Überraschung, über den Starnberger See
    Mit Regenschauer; wir flüchteten unter die Kolonnaden,
    Die Sonne kam wieder, wir gingen weiter zum Hofgarten
    Und tranken Kaffee und redeten eine Stunde.


    Norbert Hummelts Version ist die dritte deutsche Übersetzung des Gedichts. Seine Vorläufer Ernst Robert Curtius und Eva Hesse hatten den Gedichttitel eigentlich durchaus einleuchtend mit "Das wüste Land" übersetzt. Bei Hummelt jedoch führt Eliots Erkundung der von geistigen Bankrotten und seelischen Abgründen gezeichneten Gegenwartslandschaft nicht durch "wüstes" sondern durch "Das öde Land". Tatsächlich handelt es sich um eine öde, unfruchtbare, von Dürre geplagte Welt, die Eliot vor Augen stand.

    Hier ist kein Wasser sondern nur Fels
    Fels und kein Wasser und die sandige Straße
    Die Straße windet sich hoch in die Berge
    Die Felsgebirge ohne Wasser sind
    Wäre hier Wasser könnten wir halten und trinken
    Man kann in den Felsen nicht halten noch denken
    ...
    Nicht einmal Stille ist in den Bergen
    Nur trockner unfruchtbarer Donner ohne Regen
    Nicht einmal Einsamkeit ist in den Bergen
    Nur rote mürrische Gesichter höhnen und spotten
    Aus Türen rissiger Lehmhäuser


    Hummelt, Jahrgang 1962, ist Lyriker, Essayist und Übersetzer. Er rechtfertigt in einer Notiz, die er seinem Nachwort vorangestellt hat, seine deutsche Neufassung mit der Zeitgebundenheit von Übersetzungen und stellt fest:

    Doch gilt wohl auch für die Übersetzung, was Eliot über das Verhältnis neuer Stimmen zur Tradition sagte, dass sie dort am meisten bei sich selbst sind, wo sie ihren Vorläufern am stärksten ähneln.

    Das kann nur heißen: Hummelt beansprucht eine größere, eine maximale Ähnlichkeit mit dem Original. Das ist ein hoher Anspruch, mit dem er besser etwas vorsichtiger gewesen wäre. Immerhin aber hat er Eliots unprätentiöse, fast anti-lyrische Form des freien Verses der darin angelegten Umgangssprachlichkeit noch näher gebracht als Ernst Robert Curtius in seiner auch schon schnörkellosen, dem Duktus des Originals folgenden ersten Übersetzung von 1927. In jenen Passagen jedoch, wo das Original eine besondere Raffinesse in der Übertragung verlangt hätte, schneidet Hummelt keineswegs besser ab als seine Vorgänger.

    Curtius' Version war jahrzehntelang maßgeblich, und besitzt nach wie vor unstreitige Qualitäten. Eva Hesse, die leidenschaftliche Vermittlerin der angelsächsischen Moderne, hat ihre Eindeutschung von 1973 allerdings mit allzu starken interpretatorischen Akzenten überformt.

    Bereits an den Versionen des ersten Verses lässt sich viel über das jeweilige Arbeitskonzept ablesen. Im Original heißt es: "April is the cruellest month ..." Curtius übersetzte wörtlich: "April ist der grausamste Monat ..." Bei Eva Hesse klingt es sonderbar: "April benimmt das Herz ..." Hummelt dagegen formuliert umgangssprachlich: "April ist der übelste Monat von allen ..."

    Damit hat Hummelt das dem Poetischen gemeinhin innewohnende Ausdruckspathos noch um einige Nuancen zurückgenommen und eine prosaische Entspannung des Stils erwirkt, die dem englischen Text zumindest in diesen Tonlagen recht nahe kommt. Im Hinblick auf die Lesbarkeit ist diese neue Fassung mit Sicherheit die am leichtesten zugängliche.

    Was Eliot mit sarkastischer Selbstironie als eine "rhythmische Quengelei" bezeichnete, das zielte in Wahrheit von vornherein und mit größter Entschiedenheit ins Überpersönliche, Exemplarische. Schon der Titel "The Waste Land", "Das öde Land" ist doppelt kodiert. Er setzt die Weltlandschaft der Zwanziger Jahre in unmittelbare Beziehung zu den Sagen vom heiligen Gral, in denen sich das Land eines verwundeten, invaliden Königs in eine unfruchtbare Einöde verwandelt hat. Mit diesem traurigen König identifiziert sich das poetische Ich des Gedichts. Damit zeigt Eliot auch den Dichter als eine traurige, versehrte Gestalt -: auch er kann für sein verwüstetes Land nichts mehr tun. Es ist nicht zuletzt diese Not, welche die vielen zitierenden Rückgriffe in die kulturellen Archive begründet. Wenn da etwa drei Themsetöchter von ihrem üblen Geschick singen, steht dahinter das Vorbild von Wagners Rheintöchtern. Wenn ein Londoner Großstadttableau die durch den Alltag hetzenden Menschenmassen zeigt, dann verbergen sich im doppelten Boden des intertextuellen Schreibens sowohl Verweise auf Baudelaires Metropolenpoesie als auch auf die vielzitierten Höllenwanderungen Dantes.

    Unwirkliche Stadt,
    Unter dem braunen Nebel eines Wintermorgens
    Glitt eine Menschenmenge über London Bridge, so viele,
    Das dacht' ich nicht, daß derart viele schon verblichen wären.
    Gelegentliche kleine Seufzer wurden ausgehaucht,
    Und jedermann sah starr auf seine Füße.


    Eliot bewunderte den "Ulysses" von James Joyce, dessen erste Buchausgabe 1922, im gleichen Jahr wie "The Waste Land", erschien. Besonders gefiel ihm, wie Hummelt in seinem Nachwort hervorhebt, "jene 'mythische Methode', die er selbst in seinem Gedicht anwendet". Das Chaos der Gegenwart erhält für den Dichter Struktur und Dimension durch die Spiegelung im großen mythologischen Stoff. Wie Siegmund Freud, Joyce, Ezra Pound, Thomas Mann und andere seiner Zeitgenossen hat Eliot die Wirrnisse der modernen Erfahrung mit dem Rettungsanker der Mythologie an die Grundmuster der Menschheitsgeschichte gebunden. Ganz abgesehen davon, dass diese Autoren schlichtweg mit ihrer humanistischen Bildung arbeiteten, so wie heutige Literaten auf Popmotive oder Systemtheorie zurückgreifen. So kommt es, dass der blinde Seher Teiresias hier, wie schon in Ovids "Metamorphosen", als zweigeschlechtlich erfahrener Experte das lausig-lieblose Sexleben in der kapitalistischen Angestelltenwelt begutachtet.

    Ich Teiresias, alter Mann mit Schrumpeltitten,
    Sah dieses Schauspiel an und weissagte den Rest -
    Und ich erwartete auch den bestellten Gast.
    Der junge Mann, der Akne-Prinz, erscheint,
    Ein kleiner Angestellter, doch mit frechem Blick,
    Ein Niederer, dem das Arrogante steht, so ungefähr
    Wie ein Seidenhut dem Bradford-Millionär.
    Er wagt es, ihr mit Zärtlichkeit zu kommen,
    Lust hat sie keine, doch sie schimpft nicht sehr.
    Er läuft entschieden rot an, geht zum Angriff über;
    Sein Grapschen stößt auf keine Gegenwehr;
    Solche Borniertheit braucht kein Gegenüber,
    Sie fühlt rein nichts und er sich aufgenommen.
    Plaziert noch einen letzten gönnerhaften Kuß,
    Macht sich durchs dunkle Treppenhaus davon ...
    Sie dreht sich um und schaut kurz in den Spiegel,
    Denkt an den Lover kaum, der eben durch die Tür;
    Ihr Hirn formt nur den einen Halbgedanken:
    'Geschafft, und ich bin froh, jetzt hab ich's hinter mir.'


    Dem Sex fehlt die Seele, so wie dem "öden Land" das Wasser. Nein, Gesellschaftskritik im expliziten Sinn ist es nicht, worum es hier geht, da hatte Eliot mit seinem Einspruch recht. Zivilisationskritik schon eher. Denn "The Waste Land" ist zweifelsohne eine Antwort auf die neuen Weltverhältnisse, in denen Werte und Sicherheiten oft gewaltsam hinweggefegt wurden. Diese Antwort formuliert sich vermittels eines Panoramas von negativen Bildern. Sie sprechen von Untergang, Kulturverfall, von ratloser Verzweiflung, sinnloser Lebensgier, von Angst und Tod. Der Ton ist mal sachlich, mal sarkastisch, oft resigniert, gelegentlich satirisch. "Wir, die lebten, sind nun am Sterben", heißt es einmal [330]. Eliot meint mit diesem Sterben jedoch keinen endgültigen Untergang. Vielmehr beschwört er durch das Zitieren entsprechender Motive die Ideen des zyklischen Neubeginns, der Auferstehung und der Erlösung. Anhand von anthropologischer Literatur hatte er sich mit Mythologie, Ritualen und Religionen der Völker eingehend beschäftigt. Das Doppelgesicht von Götterfiguren wie Adonis und Osiris, in dem sich Totenkult und Fruchtbarkeitsrituale, Eros und Thanatos verbinden, wurde neben dem Ödland der Gralssage ebenfalls zu einem zentralen Motiv. Eliot setzte es zum Beispiel in modern travestierter Form ein, wenn das poetische Ich des Gedichts einen alten Kumpel frotzelnd befragt, ob der die Saat des Todes auch pflege, damit das Leben wieder sprießen kann.

    Da traf ich einen, den ich kannte, und ich rief ihm zu: Stetson!
    Der du mit mir zu Schiff vor Mylae lagst!
    Der Tote, den du letztes Jahr im Garten pflanztest,
    Sprießt er schon? Blüht er noch in diesem Frühjahr?
    Oder ist der Nachtfrost ihm nicht gut bekommen?
    O halt den Köter fern, der um die Beete streunt,
    Sonst buddelt er ihn aus, der Menschenfreund!


    Gegen die damals vorherrschende Konvention der einheitlichen poetischen Tonlagen, setzte Eliot plötzlich die Kombination von Monolog, Dialog, Szenen und Figurenzeichnungen. Die Zerrissenheit und Widersprüchlichkeit der modernen Erfahrung ging auf diese Weise ein in die Form des Gedichts. Da stehen endzeitliche Landschaften neben Großstadtbildern, Kneipenszenen werden mit mythologischen Zitaten überblendet, Klage und Parodie fallen sich ins Wort, Untergangsschrecken wechseln ab mit Erlösungshoffnungen. Man ahnt heute kaum noch, was in dieser Mischung für umwerfende Innovationen steckten. Edmund Wilson, der Kritiker und Herold der amerikanischen Moderne, nannte "Das öde Land" "the great knockout up to date". Einen Befreiungsschlag und Durchbruch ins Jetzt also. Ezra Pound begrüßte das Werk als "die Rechtfertigung der 'Bewegung' unseres modernen Experiments seit 1900". Schon im Januar 1922 hatte er seinem Freund Eliot hohes Lob ausgesprochen.

    "Complimenti, du Hundesohn. Ich bin von allen sieben Eifersüchten geplagt."

    Allerdings hatte Pound keinen geringen Anteil an der endgültigen Form des Gedichts. Von den etwa achthundert Verszeilen, die ihm Eliot zur Begutachtung vorlegte, kürzte er durch Streichen und Straffen ungefähr die Hälfte und stellte dadurch, so Eva Hesse, eine "emotionale" Einheit her. Pound nannte das "Kaiserschnitt". Damit verhalf er einer schwierigen Geburt zum glücklichen Abschluss. Tatsächlich bestimmte er nicht allein den berühmten Anfang der Versdichtung sondern auch den Schluss, bei dem sich Eliot ganz aufs Zitieren verlegt hat.

    Ich saß am Ufer
    Angelte, die öde Ebene im Rücken
    Soll ich wenigstens noch meine Lande ordnen?
    London Bridge is falling down falling down falling down

    Dann barg er sich in reinigender glut.
    Quando fiam uti chelidon - O swallow swallow
    Le Prince d'Aquitaine à la tour abolie
    Mit diesen Bruchstücken stützte ich meine Trümmer
    Warum auch nicht, paßt schon. Hieronymo dreht wieder durch.
    Datta. Dayadhvam. Dâmyata.
    Shantih shantih shantih


    Fast jeder Vers ist ein Zitat, nur die Zeile "Mit diesen Bruchstücken stützte ich meine Trümmer" lässt sich als Selbstkommentar interpretieren. Entwaffnet vom Chaos seiner Gegenwart sucht der Dichter die großen hilfreichen Worte, die ihm nicht mehr zu Gebote stehen, in den Quellen der Weltliteratur. Das dreifache "Shantih" am Ende zitiert die Schlussformel der Upanishaden und besagt in etwa: "Der Friede, welcher höher ist als alle Vernunft". Als konkrete Erlösungshoffnung ist das noch nicht zu deuten, eher als ein Hineinrufen in die transzendentalen Sphären, ob sich nicht vielleicht doch eine Antwort regen mag.

    Doch die einzig richtige Interpretation gibt es bei diesem Gedicht noch weniger als bei anderen. Der Autor selbst bekannte sich zur Offenheit der Bedeutung ganz ausdrücklich. Diese Offenheit wird auch in der Neuübersetzung von Norbert Hummelt nirgendwo vereindeutigt. In erster Linie aber erleichtert die neue deutsche Version die Zugänglichkeit diese Schlüsselwerks der Moderne, wenn auch um den Preis, dass etliche Feinheiten eingeebnet wurden. Was kaum einmal aufblitzt, das ist poetischer Glanz, sei es in Formulierungen, im Rhythmus oder im Klang.

    Jedenfalls ist es ein Glück, dass "Das öde Land" mit dieser zweisprachigen Ausgabe nun endlich wieder einmal in unseren Gesichtskreis gerückt wird. Denn Eliots Gedicht ist noch immer frisch und auf der Höhe der Zeit. Und es ist, nebenbei gesagt, um einiges radikaler, als vieles, was heute geschrieben oder gesampelt wird.

    I sat upon the shore
    Fisching, with the arid plain behind me
    Shall I at least set my lands in order?
    London Bridge is falling down falling down falling down

    Poi s'ascose nel foco che gli affina
    Quando fiam ut chelidon - O swallow swallow
    Le Prince d'Aquitaine à la tour abolie
    These fragments I have shored against my ruins
    Why then Ile fit you. Hieronymo's mad againe.
    Datta. Dayadhvam. Dâmyata.
    Shantih shantih shantih



    Bibliographie

    T. S. Eliot: Das öde Land. Englisch und deutsch. Übertragen und mit einem Nachwort versehen von Norbert Hummelt. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2008. 71 Seiten, 16,80 Euro.