Karin Fischer: Der Ideenwettbewerb zum Einheitsdenkmal ist glorreich gescheitert. Über 500 Entwürfe, alle nicht gut genug. Seit heute kann man das Desaster besichtigen im Kronprinzenpalais in Berlin, und Carsten Probst hat das für uns getan. Herr Probst, vielleicht sind Sie ja nicht ganz so streng wie die Jury und können uns erzählen, dass doch Bemerkenswertes dabei ist?
Carsten Probst: Bemerkenswert fand ich vor allem als Allererstes diese gewisse Empörung auf Seiten der Jury, die dann so ein bisschen hindurchdrang über diese von Ihnen jetzt genannte Naivität. Da wurde ja auch von Schrott und dergleichen geredet. Also das evoziert doch so eine gewisse Erwartung, dass diese Sache mit diesem deutschen Nationalbewusstsein wahrscheinlich völlig klar ist. Und das geht aus diesem Wettbewerb nun überhaupt nicht hervor, obwohl ich Ihnen auch sagen muss, ich habe zwei, drei wirklich gute Entwürfe gesehen, von denen ich mir durchaus vorstellen kann, dass sie verwirklicht werden.
Besonders gut gefallen hat mir ein Entwurf des Architekten des Thomas Selle. Der hat so ein sogenanntes Band der Freiheit entworfen, das kann man sich vorstellen wie so eine abstrakte Landschaft, die am Spreeufer da am Standort des alten Nationaldenkmals dann liegt. Es ist kein Denkmal im engeren Sinn, sondern eben eine aus abstrakten Kuben und geometrischen Formationen zusammengesetzte, kann man sagen, fast verschmolzene Landschaft mit auch verschiedenen Farbgebungen. Man kann unten durchgehen, man kann drübersteigen und dergleichen mehr, relativ groß angelegt und relativ zwanglos in seiner Ausstrahlung, die trotzdem eine über ihre, kann man fast sagen, haptische Gestalt, über ihre erfahrbare Gestalt trotzdem etwas verdeutlicht vom Geist dieser Schwierigkeiten und der positiven Effekte der Vereinigung. Und dieses Beispiel zeigt eigentlich, dass man diesen Wettbewerb nicht so in Bausch und Bogen verdammen kann, sondern dass es wirklich sehr davon abhängt, wie viel Gedanken sich die einzelnen Leute darüber gemacht haben, die denn eingesendet haben.
Fischer: An was sind die Entwürfe, wenn sie gescheitert sind, denn gescheitert? An der Aufgabenstellung, am festgeschriebenen Platz vor dem Schloss, um den ja viel gestritten wurde?
Probst: Ja, es gibt natürlich unglaublich viel Tralala dabei und es ist sehr ermüdend, diese ganzen wirklich gescheiterten Entwürfe auch anzuschauen. Sehr erstaunt hat mich, wie viele dieser klassischen Denkmalsgesten des 19., des 18. Jahrhunderts zurückfallen oder auch eben so sehr naive - also Regenbögen sieht man, man sieht Triumphgesten, die pompös und phallisch in die Luft ragen und natürlich massenweise Stelenfelder, Mahnungen, einstürzende Mauern und zerberstende Blöcke und dergleichen mehr. Ewige Flammen werden auch zitiert.
Also das ist schon fast ein bisschen erschreckend, wie verbreitet das auch unter wirklich professionellen Designern ist, so etwas noch mal anzubieten. Es gibt auch sehr witzige Sachen - Einkaufswagen, die Einheit und Einkauf zusammennehmen und natürlich nicht so ernst gemeint sind, oder ein deutsches Stonehenge dort aufbauen wollen oder ein Podium für Chöre, die dann deutsche Volkslieder die ganze Zeit intonieren sollen. Das sind natürlich die üblichen, auch witzigen Entwürfe.
Aber insgesamt ergibt sich doch wirklich die Ortsfrage als Hauptfrage: Wie kann man einen solch hoch belasteten Ort mit einem ehemaligen deutschen Nationaldenkmal heute wieder bespielen, ohne nicht in alte Gesten zurückzufallen. Und darüber gehen viele einfach mit der Ausflucht in Phrasen hinweg.
Fischer: Tatsächlich kann man ja darüber nachdenken und auch diskutieren, ob Kunst, wenn sie schon eine politische Message verbreiten soll - und wenn es auch ausnahmsweise mal ne positive ist -, nicht grundsätzlich scheitern muss, dass, wenn der Sinn zu offensichtlich wird, die Sache halt banal gerät.
Probst: Ja, das stimmt. Ich sehe die Aufgabenstellung ein bisschen auch als das Problem, weil sie wirklich zu wuchtig ist und weil sie dieser typischen Nachwendesuggestion erliegt, dass Deutschland nun ein wirklich normales Land ist mit einem völlig ungebrochenen Nationalbewusstsein. Und diesem Normalisierungsdiskurs ist durch das Ergebnis dieses Wettbewerbes eigentlich ein Spiegel vorgehalten worden, weshalb ich auch nicht unbedingt von einem Scheitern sprechen würde, sondern vielleicht, oder wenn man ein Scheitern, es so als Scheitern bezeichnen würde, würde ich sagen, man sollte es gelassen nehmen und der Sache wirklich noch mehr Zeit lassen.
Fischer: Herzlichen Dank, Carsten Probst, für diese Einschätzungen. Die Ergebnisse des Ideenwettbewerbs zum Einheitsdenkmal sind jetzt im Kronprinzenpalais in Berlin zu sehen.
Carsten Probst: Bemerkenswert fand ich vor allem als Allererstes diese gewisse Empörung auf Seiten der Jury, die dann so ein bisschen hindurchdrang über diese von Ihnen jetzt genannte Naivität. Da wurde ja auch von Schrott und dergleichen geredet. Also das evoziert doch so eine gewisse Erwartung, dass diese Sache mit diesem deutschen Nationalbewusstsein wahrscheinlich völlig klar ist. Und das geht aus diesem Wettbewerb nun überhaupt nicht hervor, obwohl ich Ihnen auch sagen muss, ich habe zwei, drei wirklich gute Entwürfe gesehen, von denen ich mir durchaus vorstellen kann, dass sie verwirklicht werden.
Besonders gut gefallen hat mir ein Entwurf des Architekten des Thomas Selle. Der hat so ein sogenanntes Band der Freiheit entworfen, das kann man sich vorstellen wie so eine abstrakte Landschaft, die am Spreeufer da am Standort des alten Nationaldenkmals dann liegt. Es ist kein Denkmal im engeren Sinn, sondern eben eine aus abstrakten Kuben und geometrischen Formationen zusammengesetzte, kann man sagen, fast verschmolzene Landschaft mit auch verschiedenen Farbgebungen. Man kann unten durchgehen, man kann drübersteigen und dergleichen mehr, relativ groß angelegt und relativ zwanglos in seiner Ausstrahlung, die trotzdem eine über ihre, kann man fast sagen, haptische Gestalt, über ihre erfahrbare Gestalt trotzdem etwas verdeutlicht vom Geist dieser Schwierigkeiten und der positiven Effekte der Vereinigung. Und dieses Beispiel zeigt eigentlich, dass man diesen Wettbewerb nicht so in Bausch und Bogen verdammen kann, sondern dass es wirklich sehr davon abhängt, wie viel Gedanken sich die einzelnen Leute darüber gemacht haben, die denn eingesendet haben.
Fischer: An was sind die Entwürfe, wenn sie gescheitert sind, denn gescheitert? An der Aufgabenstellung, am festgeschriebenen Platz vor dem Schloss, um den ja viel gestritten wurde?
Probst: Ja, es gibt natürlich unglaublich viel Tralala dabei und es ist sehr ermüdend, diese ganzen wirklich gescheiterten Entwürfe auch anzuschauen. Sehr erstaunt hat mich, wie viele dieser klassischen Denkmalsgesten des 19., des 18. Jahrhunderts zurückfallen oder auch eben so sehr naive - also Regenbögen sieht man, man sieht Triumphgesten, die pompös und phallisch in die Luft ragen und natürlich massenweise Stelenfelder, Mahnungen, einstürzende Mauern und zerberstende Blöcke und dergleichen mehr. Ewige Flammen werden auch zitiert.
Also das ist schon fast ein bisschen erschreckend, wie verbreitet das auch unter wirklich professionellen Designern ist, so etwas noch mal anzubieten. Es gibt auch sehr witzige Sachen - Einkaufswagen, die Einheit und Einkauf zusammennehmen und natürlich nicht so ernst gemeint sind, oder ein deutsches Stonehenge dort aufbauen wollen oder ein Podium für Chöre, die dann deutsche Volkslieder die ganze Zeit intonieren sollen. Das sind natürlich die üblichen, auch witzigen Entwürfe.
Aber insgesamt ergibt sich doch wirklich die Ortsfrage als Hauptfrage: Wie kann man einen solch hoch belasteten Ort mit einem ehemaligen deutschen Nationaldenkmal heute wieder bespielen, ohne nicht in alte Gesten zurückzufallen. Und darüber gehen viele einfach mit der Ausflucht in Phrasen hinweg.
Fischer: Tatsächlich kann man ja darüber nachdenken und auch diskutieren, ob Kunst, wenn sie schon eine politische Message verbreiten soll - und wenn es auch ausnahmsweise mal ne positive ist -, nicht grundsätzlich scheitern muss, dass, wenn der Sinn zu offensichtlich wird, die Sache halt banal gerät.
Probst: Ja, das stimmt. Ich sehe die Aufgabenstellung ein bisschen auch als das Problem, weil sie wirklich zu wuchtig ist und weil sie dieser typischen Nachwendesuggestion erliegt, dass Deutschland nun ein wirklich normales Land ist mit einem völlig ungebrochenen Nationalbewusstsein. Und diesem Normalisierungsdiskurs ist durch das Ergebnis dieses Wettbewerbes eigentlich ein Spiegel vorgehalten worden, weshalb ich auch nicht unbedingt von einem Scheitern sprechen würde, sondern vielleicht, oder wenn man ein Scheitern, es so als Scheitern bezeichnen würde, würde ich sagen, man sollte es gelassen nehmen und der Sache wirklich noch mehr Zeit lassen.
Fischer: Herzlichen Dank, Carsten Probst, für diese Einschätzungen. Die Ergebnisse des Ideenwettbewerbs zum Einheitsdenkmal sind jetzt im Kronprinzenpalais in Berlin zu sehen.