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Nicht immer positiv bewertet

Um ein Studium erfolgreich zu absolvieren, sollte man etwas Selbstdisziplin mitbringen. Noch mehr Disziplin braucht man für ein Fernstudium. Denn in der Regel haben die Fernstudierenden neben ihrem Studium auch noch einen Beruf. So viel Strebsamkeit und Motivation müsste doch beim Arbeitgeber bestens ankommen. Das ist aber nicht unbedingt immer der Fall.

Von Michael Böddeker |
    Menschen, die ein Fernstudium absolvieren, sind hoch motiviert, zielstrebig, selbstständig und besitzen ein starkes Durchhaltevermögen. Das besagt eine Forsa-Umfrage unter Personalverantwortlichen. Und so sieht es auch Ursula Schütze-Kreilkamp, Leiterin der Personalentwicklung der REWE-Group in Köln. Sie hat in Vorstellungsgesprächen schon oft mit Fernstudierenden gesprochen.

    "Also grundsätzlich sagt mir das erstmal, da sitzt jemand vor mir, der ein großes Interesse hat, und vor allem ein hohes persönliches Engagement mitbringt. Und das ist etwas, glaube ich, da freut sich jeder Arbeitgeber, solche Arbeitnehmer gewinnen zu können."

    Ganz so positiv wird dieses hohe persönliche Engagement aber nicht immer gesehen, weiß Markus Jung. Er betreibt ein Internetportal zum Thema Fernstudium. Die Nutzer tauschen dort ihre Erfahrungen untereinander aus. Ein bereits abgeschlossenes Fernstudium mache zwar einen guten Eindruck, sagt Markus Jung, der selbst auf diesem Weg seinen Abschluss in Informatik gemacht hat. Allerdings:

    "Etwas schwieriger sind die Erfahrungen, wenn man noch mittendrin steht im Fernstudium. Weil dann einfach viele Arbeitgeber Sorge haben, dass sich das negativ auf die berufliche Tätigkeit auswirken könnte. Dass einfach der Zeitaufwand für das Studium dann im Vordergrund stehen würde."

    Erfahrungen, die sich auch in den Kommentaren der Nutzer im Internetforum von Markus Jung widerspiegeln. Dort wird von Vorstellungsgesprächen berichtet, in denen den Bewerbern gesagt wurde:

    "Wenn Sie doch so viel arbeiten und auch noch eine Frau haben und nebenher studieren, leidet denn dann nicht die Arbeit darunter?"

    "Wir brauchen niemanden, der nachher dann mit einem tollen Abschluss meint, zu Höherem berufen zu sein."

    Kein Wunder also, dass manche Bewerber im Vorstellungsgespräch zögern, ihr Fernstudium zu erwähnen. Markus Jung aber rät dazu, offensiv mit dem Thema umzugehen.

    "Also gerade wenn es ein Fernstudium ist, das fachlich passt zu der Stelle, auf die ich mich bewerbe, würde ich das schon erwähnen, auch wenn ich noch dabei bin. Und schon aktiv im Grunde auch reinbringen wie ich mich organisiert habe, um auch deutlich zu machen, dass der Beruf nicht darunter leiden wird. Und dass ich dadurch auch gelernt habe, Aufgaben sehr selbstständig zu erledigen, die halt auch im Berufsalltag immer an einen herangetragen werden."
    Auch Personalleiterin Ursula Schütze-Kreilkamp empfiehlt, das Fernstudium mit dem Arbeitgeber zu besprechen. Denn die zusätzliche zeitliche Belastung sei gerade in der Einarbeitungszeit in der neuen Firma eine Schwierigkeit. Manchmal sei es dann nötig, dass Fernstudierende ihr Stundenpensum etwas drosseln.

    "Ich probiere immer dahingehend zu unterstützen, das Fernstudium auf keinen Fall hinten runter fallen zu lassen, dass das dann durch eine Festanstellung im Unternehmen ein abruptes Ende findet, sondern eher Lösungen gemeinsam zu eruieren, die es möglich machen, dass das Studium auch beendet wird."

    Und wenn dann endlich, nach harter Arbeit, der Abschluss des Fernstudiums erreicht ist, profitieren alle davon. Der Angestellte habe bessere Chancen für seine Karriere, so Ursula Schütze-Kreilkamp. Und das Unternehmen wiederum bekomme einen hochqualifizierten Mitarbeiter.

    "Und dann sind wir, denke ich, als Unternehmen in der Situation, dass wir uns darum bemühen sollten und auch tun, diese Bewerber genau zu halten und zu sagen: Okay, das ist ein unglaublicher Input, den du leistest, wir werden davon profitieren, jetzt und auch in Zukunft, und lass uns mal überlegen, was könnte ein gemeinsamer Weg sein. Was haben wir für Möglichkeiten, das müssen wir auch ganz realistisch sehen, auf der anderen Seite, und was hast du für Wünsche. Und zu gucken, wie können wir da übereinkommen."