Der weite Gutspark in Netzeband bietet unterschiedlichste Spielorte für unterschiedliche Spielweisen. Mal wurde hinten im Wald, mal mitten im offenen Park gespielt, ein andermal ging es kreuz und quer durch den Park. In diesem Jahr bespielte man wieder einmal den offenen Raum vor der klassizistischen Temnitzkirche. Das Publikum sitzt mit dem Rücken zum Park, und die Darsteller verteilen sich auf dem Abhang, der sich in mehreren Stufen zur Kirche hinauf zieht. Regisseur und Festivalleiter Frank Matthus wagte sich an eines der ganz wenigen nichtklassizistischen Lustspiele der deutschen Literatur, an Grabbes "Scherz, Satire, Ironie und tiefere Bedeutung." In ihm ist der Teufel auf die Erde gekommen, und bevor er hier viel durcheinanderbringt, friert er erst einmal fürchterlich mit der Stimme von Corinna Harfouch:
"Hol mich Gott, es ist sehr kalt. Könnt ich nur Holz stehlen oder einen Wald anzünden, ja, einen Wald anzünden. Alle Engel, es wäre doch kurios, wenn der Teufel erfrieren müsste. Holz stehlen, Wald anzünden, anzünden, stehlen..."
Die 1822 entstandene drastische Groteske, zugleich Sprachsatire wie derbe Auseinandersetzung mit dem Literaturbetrieb, ist ein Kammerspiel, das man nicht unbedingt im Freilichttheater erwartet. Doch in Netzeband setzt man auf Literaturtheater und hat dafür einen eigenen Stil entwickelt, Synchrontheater genannt. Der Text kommt vom Band, gesprochen von renommierten Schauspielern, während die Darsteller, - Tänzer, Schauspieler, Laien-, verborgen unter herrlich grob-komischen, ausdrucksstark bunten Masken, mit ihrem gestischen Spiel den Text illustrieren oder synchronisieren. Was in der Vergangenheit, so letztes Jahr bei den Nibelungen, wunderbar funktionierte, das schafft bei Grabbe jedoch Probleme. Weil seine sozial genau gezeichneten Figuren bei dieser Aufführung nur noch wie bieder-komische Charaktermasken wirken, und weil die Schärfe der schnellen Dialoge verloren geht, wenn sie, mit viel Ausdrucksbedeutung vorgetragen, das gestische Spiel als verlangsamende, leere Gestikuliererei wirken lassen, unter der ein recht gleichförmiger Tonteppich liegt.
Dann aber mischte sich, wie so oft beim Freilichttheater, das Wetter ein. Der Regen prasselte, die Scheinwerfer krachten, die Schauspieler rutschten auf dem Abhang herum, und die Aufführung musste abgebrochen werden. So ist weder ein Gesamturteil möglich noch genau zu beurteilen, ob und wie das voller zeithistorischer Anspielungen stehende Stück heutig gemacht wurde. Frank Matthus, während der Regen auf unseren Unterschlupf prasselt:
"Schon auch durchaus sind wir so ran gegangen, das Stück so zu lassen, wie es eigentlich ist. Weil, - das ist tatsächlich auch ein Stück Historie, und auch diese Historie zu entdecken, ohne eine Art von jetzt moderner Übertünchung, finden wir einen reizvollen Vorgang. Wir haben allerdings an einigen Punkten eingegriffen. Das hängt aber ein bisschen mit dem Rhythmus der Komödie zusammen. Natürlich braucht man irgendwann auch ein paar Punkte, die auch heute ins Schwarze treffen."
Tags zuvor, in Wustrau am Ruppiner See, gab es keine Wetterprobleme. Wenn Fontanes "Unterm Birnbaum" gespielt wird, sitzt das Publikum hier am Rande des Parkes vor dem einstigen Schloss des preußischen Reitergenerals Zieten. Als das neue Stück "Atlantia" zur Aufführung kam, saß man am Seeufer vor einer 20 Meter vor dem Ufer schwimmenden, 25x10 Meter großen Seebühne. Das Seefestival Wustrau setzt auf seine historische und seine Naturkulisse. Es hat gerade den Brandenburgischen Tourismuspreis bekommen. Warum, zeigt uns die neue Produktion. Regisseur und Festivalleiter Marten Sand, der das Stück gemeinsam mit der Choreografin Gesine Ringel entwickelt hat:
"Wir nennen es eine fantastische Seebühnen-Show: viele Elemente, die wir miteinander verbinden, Feuer, Wasser, Atlantis, die untergegangene Stadt. Und die Zuschauer erwartet neben großartigen Schauspielern, wie Hans Teuscher und Annika Mauer, tolle Musicaldarsteller und eine Wassershow, die man in der Größenordnung im Theaterbereich eigentlich nicht kennt."
"Atlantia" will ein magisches Spektakel und ein Event sein. Also gibt es vier Tänzerinnen, die umgetextete Musical- und Popsongs singen und zu ihrem ersten Auftritt durchs Wasser auf die Insel schreiten, ein König schwimmt auf einem Thronponton auf die Insel, es wird viel fontänehaftes Wasserspiel und etwas Lichtshow geboten, und nach der Pause, wenn sich in der Dämmerung die bunte Bühne im Wasser spiegelt, gibt es eine beeindruckende Feuershow. Doch die kleine Bühne, rechts ein Thron, links ein Thron, in der Mitte Säulen, erlaubt nur ein Auftritts- und Hinstelltheater. Der Aufführung fehlen, trotz viel Tanzes und Gesang, Schwung und Pep. Hans Teuscher als abdankender König und Annika Mauer als seine Tochter sind zwar hervorragende Sprecher, und Annika Mauer überzeugt auch noch als Sängerin, doch insgesamt ist dieses Theater doch sehr brav. Es ist im Kern ein pädagogisches Theater. Dabei wirkt der engagierte Text von "Atlantia" schlicht gestrickt und besitzt, anders als in der Vergangenheit, als man hier Fontanes "Oceane" für die Seebühne einrichtete, keine rechte literarische Qualität. Atlantia ist von Umweltkatastrophen bedroht, es wird versinken:
Denn tief auf dem Grund des Meeres, liegt ein Spiegelbild unserer Zeit. Wenn wir nicht aus Fehlern lernen, sind wir Vergangenheit, Vergangenheit.
Gefahr droht den Menschen hier vor allem aus der ideologischen Indoktrination durch eine Oberpriesterin, und nachdem die Menschen sich alle Auswege verbaut haben, geht die Insel unter.
Das Seefestival Wustrau hat wie der Theatersommer Netzeband nicht nur seinen eigenen Stil, sondern auch sein festes Publikum gefunden. Nicht nur aus der Region, sondern von weither kommen die Zuschauer, und der eigene Charme des Freilichttheaters lässt das Publikum über manche Schwächen nicht hinweg sehen, aber doch aus Sympathie ganz selbstverständlich hinweggehen. Im Freilichttheater bewährt sich der Livecharakter des Theaters auf so eigenartige wie eigene Weise.
"Hol mich Gott, es ist sehr kalt. Könnt ich nur Holz stehlen oder einen Wald anzünden, ja, einen Wald anzünden. Alle Engel, es wäre doch kurios, wenn der Teufel erfrieren müsste. Holz stehlen, Wald anzünden, anzünden, stehlen..."
Die 1822 entstandene drastische Groteske, zugleich Sprachsatire wie derbe Auseinandersetzung mit dem Literaturbetrieb, ist ein Kammerspiel, das man nicht unbedingt im Freilichttheater erwartet. Doch in Netzeband setzt man auf Literaturtheater und hat dafür einen eigenen Stil entwickelt, Synchrontheater genannt. Der Text kommt vom Band, gesprochen von renommierten Schauspielern, während die Darsteller, - Tänzer, Schauspieler, Laien-, verborgen unter herrlich grob-komischen, ausdrucksstark bunten Masken, mit ihrem gestischen Spiel den Text illustrieren oder synchronisieren. Was in der Vergangenheit, so letztes Jahr bei den Nibelungen, wunderbar funktionierte, das schafft bei Grabbe jedoch Probleme. Weil seine sozial genau gezeichneten Figuren bei dieser Aufführung nur noch wie bieder-komische Charaktermasken wirken, und weil die Schärfe der schnellen Dialoge verloren geht, wenn sie, mit viel Ausdrucksbedeutung vorgetragen, das gestische Spiel als verlangsamende, leere Gestikuliererei wirken lassen, unter der ein recht gleichförmiger Tonteppich liegt.
Dann aber mischte sich, wie so oft beim Freilichttheater, das Wetter ein. Der Regen prasselte, die Scheinwerfer krachten, die Schauspieler rutschten auf dem Abhang herum, und die Aufführung musste abgebrochen werden. So ist weder ein Gesamturteil möglich noch genau zu beurteilen, ob und wie das voller zeithistorischer Anspielungen stehende Stück heutig gemacht wurde. Frank Matthus, während der Regen auf unseren Unterschlupf prasselt:
"Schon auch durchaus sind wir so ran gegangen, das Stück so zu lassen, wie es eigentlich ist. Weil, - das ist tatsächlich auch ein Stück Historie, und auch diese Historie zu entdecken, ohne eine Art von jetzt moderner Übertünchung, finden wir einen reizvollen Vorgang. Wir haben allerdings an einigen Punkten eingegriffen. Das hängt aber ein bisschen mit dem Rhythmus der Komödie zusammen. Natürlich braucht man irgendwann auch ein paar Punkte, die auch heute ins Schwarze treffen."
Tags zuvor, in Wustrau am Ruppiner See, gab es keine Wetterprobleme. Wenn Fontanes "Unterm Birnbaum" gespielt wird, sitzt das Publikum hier am Rande des Parkes vor dem einstigen Schloss des preußischen Reitergenerals Zieten. Als das neue Stück "Atlantia" zur Aufführung kam, saß man am Seeufer vor einer 20 Meter vor dem Ufer schwimmenden, 25x10 Meter großen Seebühne. Das Seefestival Wustrau setzt auf seine historische und seine Naturkulisse. Es hat gerade den Brandenburgischen Tourismuspreis bekommen. Warum, zeigt uns die neue Produktion. Regisseur und Festivalleiter Marten Sand, der das Stück gemeinsam mit der Choreografin Gesine Ringel entwickelt hat:
"Wir nennen es eine fantastische Seebühnen-Show: viele Elemente, die wir miteinander verbinden, Feuer, Wasser, Atlantis, die untergegangene Stadt. Und die Zuschauer erwartet neben großartigen Schauspielern, wie Hans Teuscher und Annika Mauer, tolle Musicaldarsteller und eine Wassershow, die man in der Größenordnung im Theaterbereich eigentlich nicht kennt."
"Atlantia" will ein magisches Spektakel und ein Event sein. Also gibt es vier Tänzerinnen, die umgetextete Musical- und Popsongs singen und zu ihrem ersten Auftritt durchs Wasser auf die Insel schreiten, ein König schwimmt auf einem Thronponton auf die Insel, es wird viel fontänehaftes Wasserspiel und etwas Lichtshow geboten, und nach der Pause, wenn sich in der Dämmerung die bunte Bühne im Wasser spiegelt, gibt es eine beeindruckende Feuershow. Doch die kleine Bühne, rechts ein Thron, links ein Thron, in der Mitte Säulen, erlaubt nur ein Auftritts- und Hinstelltheater. Der Aufführung fehlen, trotz viel Tanzes und Gesang, Schwung und Pep. Hans Teuscher als abdankender König und Annika Mauer als seine Tochter sind zwar hervorragende Sprecher, und Annika Mauer überzeugt auch noch als Sängerin, doch insgesamt ist dieses Theater doch sehr brav. Es ist im Kern ein pädagogisches Theater. Dabei wirkt der engagierte Text von "Atlantia" schlicht gestrickt und besitzt, anders als in der Vergangenheit, als man hier Fontanes "Oceane" für die Seebühne einrichtete, keine rechte literarische Qualität. Atlantia ist von Umweltkatastrophen bedroht, es wird versinken:
Denn tief auf dem Grund des Meeres, liegt ein Spiegelbild unserer Zeit. Wenn wir nicht aus Fehlern lernen, sind wir Vergangenheit, Vergangenheit.
Gefahr droht den Menschen hier vor allem aus der ideologischen Indoktrination durch eine Oberpriesterin, und nachdem die Menschen sich alle Auswege verbaut haben, geht die Insel unter.
Das Seefestival Wustrau hat wie der Theatersommer Netzeband nicht nur seinen eigenen Stil, sondern auch sein festes Publikum gefunden. Nicht nur aus der Region, sondern von weither kommen die Zuschauer, und der eigene Charme des Freilichttheaters lässt das Publikum über manche Schwächen nicht hinweg sehen, aber doch aus Sympathie ganz selbstverständlich hinweggehen. Im Freilichttheater bewährt sich der Livecharakter des Theaters auf so eigenartige wie eigene Weise.