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Nicht nur Bio, sondern auch Öko

Den richtigen Riecher in Sachen Bioboom hatte vor sechs Jahren Michael Raß, als er auf der grünen Wiese in Ibbenbüren bei Osnabrück die Teutoburger Ölmühle gründete. Das Unternehmen verarbeitet Raps zu besonders hochwertigen Speiseölen und das auch noch klimaschonend, denn die Ölmühle ist völlig autark in ihrer Energieversorgung.

Von Mario Dobovisek | 27.07.2007
    Wie Wasser fließen die schwarzen Kerne der Raps-Saat in eine Schälmaschine.

    "Das Besondere der Teutoburger Ölmühle ist, dass wir den Raps nicht ganz verarbeiten - mit Schale. Sondern wir als einzige Ölmühle schälen den Raps und pressen nur die gelben Kerne kontrolliert gekühlt und kaltgepresst zu Speiseöl. Und die Schalen als Nebenprodukt nutzen wir als Energierohstoff."
    Michael Raß und seine Kollegen forschten acht Jahre lang. An der Universität Essen entwickelten sie ein völlig neues Verfahren zur Raps-Öl-Gewinnung. Doch die Industrie hatte kein Interesse daran, sah kein Geschäft in der aufwändigen Produktion von hochwertigen Bio-Speiseölen aus Raps.

    "Und das war dann bei mir die Idee - es ist doch viel zu schade diese achtjährige Arbeit in der Schublade verschwinden zu lassen. Deswegen war das von mir sozusagen die Initialzündung, sich mit diesem Projekt selbstständig zu machen."
    Das ist jetzt über sechs Jahre her. In Ibbenbüren bei Osnabrück baute Raß mit zwei weiteren Gesellschaftern auf der Grünen Wiese seine Ölmühle. Hilfe gab's vom Land Nordrhein-Westfahlen, mit der Existenzgründer-Förderung.

    "Wir haben mit vier Mitarbeitern angefangen. Wir haben im Dezember 2001 das erste Öl gepresst, ich habe das noch selber mit abgefüllt und an der Presse gestanden. Durch die positive Entwicklung der letzten Jahre sind wir heute deutlich gewachsen. Wir verarbeiten heute fast das Zehnfache des ersten Jahres an Kapazität, haben heute über 40 Vollzeit-Mitarbeiter und um die 80 Teilzeit-Mitarbeiter. Das dokumentiert schon dieses große Wachstum und wir sind heute im zweistelligen Millionenbereich im Umsatz."
    Für ihr Verfahren haben Michael Raß und seine Kollegen schon mehrere Preise gewonnen. Unter anderem den "Innovationspreis Bio-Lebensmittel-Verarbeitung 2003". Auch Stiftung Warentest und Ökotest gaben gute Noten für die Produkte.

    "Ja, wir stehen hier vor unserer Schälmaschine."

    Christian Schein zeigt auf einen Kasten, etwa so groß wie eine alte Kommode, ohrenbetäubend laut. Er ist der zweite Gesellschafter und Betriebsleiter der Teutoburger Ölmühle.

    "Die Maschine kann man sich vorstellen wie zwei Stahlwalzen, die im Grunde die einzelnen Rapskerne knacken wie in einem Nussknacker."
    Die erste Besonderheit am Verfahren der Ibbenbürener: das Schälen der Raps-Saat.

    Die gelben Raps-Kerne gelangen ohne ihre schwarzen Schalen über Rohre eine Etage tiefer - dort steht die Kaltpresse. Ein grün lackierter Stahl-Behälter, mannshoch, drum herum unzählige Leitungen und Rohre.

    "So, jetzt müssen wir aufpassen - ich mache sie mal auf."
    Christian Schein öffnet vorsichtig eine Abdeckplatte.
    Das Schmatzen des frisch gepressten Öls ist nun deutlich zu hören - und schon hat er ein paar Spritzer auf seinem weißen Kittel.

    "Die Presse ist das Herz einer jeden Ölmühle - und so eine Presse kann man sich im Grunde vorstellen wie einen Fleischwolf. Das heißt, Sie haben außen ein Rohr, das hat feine Schlitze, über die das Öl ablaufen kann und innen drin eine Schnecke."

    Und diese Schnecke, eine Art Stahlwalze, zerquetscht die Kerne. Die Reibung erhitzt das Öl und normalerweise gehen dadurch wertvolle Inhaltsstoffe verloren, Vitamine zum Beispiel. In der Teutoburger Ölmühle ist das anders: schon allein die fehlende Schale verringert die Reibungs-Wärme deutlich. Dazu kommt eine aktive Kühlung von außen - die zweite Besonderheit der Ibbenbürener: die Kaltpressung.

    Ein weiteres Stockwerk tiefer befinden sich die Filter. Hier wird das Rapsöl aus der ersten Pressung von den verbliebenen Rückständen befreit. Ganz ohne Chemie, wie es sonst in anderen Ölmühlen notwendig ist.

    "Der Clou bei uns ist, dass wir die Raps-Saat nehmen und daraus sowohl hochwertiges Premium-Speiseöl herstellen - aus den gelben Kernen, aus dem Wertvollsten. Und aus den minderwertigen Bestandteilen der Saat, der Schale, machen wir Energie."
    Die reiche aus, fährt Michael Raß fort, um alle Anlagen in der Ölmühle zu betreiben. Damit arbeitet die Teutoburger Ölmühle als erste ihrer Art in Deutschland völlig energie-autark. Auch die Firmen-Lastwagen fahren mit eigenem Rapsöl und überschüssiger Strom wird in die regionalen Netze eingespeist. Nicht nur Bio, sondern auch Öko - das oberste Prinzip der Ibbenbürener:

    "Eines ist natürlich die Ökologie, die wir hier eigentlich wunderbar durch diese Kreislaufwirtschaft umgesetzt haben. Zum anderen ist es das gesunde Lebensmittel - unser Rapskernöl ist besonders gesund. Es ist aber auch die Ökonomie, das heißt, wir müssen auch ökonomisch erfolgreich sein, um dieses alles aufzubauen. Dann sind wir auch in der Lage gesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen. Deswegen: Bio allein reicht uns nicht, sondern es gehört auch mehr dazu."

    Der Raps stammt aus kontrolliertem Anbau - 400 Betriebe aus der Region stehen unter Vertrag. Bereits ein Drittel des erzeugten Speiseöls erfüllt Bio-Standards.

    "Wir haben bisher jedes Jahr etwas gebaut und haben eigentlich ständig expandiert. Und auch dieses Jahr werden wir unsere Kapazitäten wieder deutlich erweitern, um den sogenannten Bio-Boom auch befriedigen zu können."

    Das Wachstum des Unternehmens liegt im Bio-Segment bei über 30 Prozent und damit deutlich vor den konventionellen Erzeugnissen.

    "Wir sind eindeutig Marktführer im Bereich kaltgepresster Rapsöle. Auch wenn wir teilweise um den Faktor zwei, drei teurer sind als Mitbewerber. Es ist nicht immer nur "Geiz ist geil", sondern es gibt immer mehr Kunden, die bewusst eine Qualität schätzen und auch bereit sind, dafür mehr Geld zu bezahlen."
    So ist jede dritte der 5000 Flaschen Speiseöl, die die Teutoburger Ölmühle in jeder Stunde verlassen, bereits ein Bio-Produkt. Dank Bio-Boom - Tendenz steigend.