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Nicht nur mit Vorteilen verbunden

Neun Hochschulen dürfen bereits den Titel "Exzellenzuni" tragen - so auch die Freie Universität in Berlin. Doch anders als man annehmen könnte, freuen sich nicht alle darüber. Viele Studierende sprechen sogar von einer Mogelpackung.

Von Claudia van Laak | 02.03.2011
    Nele Solf studiert Literaturwissenschaften an FU Berlin. "An einer Exzellenzuni" - könnte sie stolz sagen. Macht sie aber nicht.

    "Das wird wenn nur sehr ironisch verkündet."

    Ihrer Kommilitonin Lucia Goldmann - ebenfalls Studentin der Literaturwissenschaft - geht es genauso. Bei ihrem Auslandssemester in Italien wurde sie als "Studentin einer deutschen Exzellenzuni" vorgestellt - und kam sich dabei etwas komisch vor.

    "Ich weiß nicht, was sich die Leute dabei vorgestellt haben, aber offensichtlich hatte das, was sie sich vorgestellt haben, nicht so viel zu tun mit der Realität, wie sie bei uns ist."

    Lucia Goldmann musste in Italien erst einmal erklären, dass das Prädikat "Exzellenz" für die Forschung vergeben wird, nicht für die Lehre. Das bedeutet im Fachbereich "Vergleichende Literaturwissenschaften" der Freien Universität Berlin: Viele Professorinnen und Professoren arbeiten im Exzellenzcluster "Languages of Emotion" und haben sich von ihren Lehrverpflichtungen befreien lassen. Die Folge für die Studierenden: Sie haben Probleme, Betreuer für ihre Abschlussarbeiten zu finden. So ging es auch Lucia Goldmann mit ihrer Bachelorarbeit.

    "Der offizielle Erstprüfer, das war ein Professor, der hat am Ende nur seinen Schnörkel drunter gesetzt. Ich bin mir sicher, dass diese Arbeit nicht gelesen wurde, von diesem Professor."

    "Letztendlich, was wir davon haben, wird nur der schöne Anstrich auf dem Lebenslauf sein."

    Eine harsche Kritik der Studierenden, die Peter-Andre Alt natürlich nicht teilt. Die Exzellenzinitiative sei ein hervorragendes Instrument der Nachwuchsförderung, erwidert der FU-Präsident. Studierende hätten die Chance, in den Exzellenzclustern mitzuarbeiten, durch die Graduiertenschulen würden Promovenden besser unterstützt als früher.

    "Wir haben in Deutschland, und das liegt nicht nur an der Exzellenzinitiative, niemals eine Situation gehabt, in der der Nachwuchs so gut gefördert worden ist - durch Promotionsprogramme, durch Programme, durch Betreuung."

    Doch darum geht es den Kritikern der Exzellenzinitiative an der Freien Universität gar nicht - sie fordern, dass alle an der Hochschule von dem Exzellenzstatus profitieren sollten, nicht nur einige wenige. So sieht es auch Raul Rojas. Wir sind eine Exzellenzuni, sagt der Professor für künstliche Intelligenz an der FU, können aber den Mathestudenten keine Pflichthausaufgaben aufgeben, weil wir nicht genügend Tutoren haben, die diese kontrollieren.

    "Dieser Grundgedanke der Humboldt-Universität, Lehre und Forschung gehören zusammen, das wurde in der Exzellenzinitiative gar nicht berücksichtigt."

    Raul Rojas übt ganz grundsätzliche Kritik an dem Programm von Bundesbildungsministerin Annette Schavan. Es produziere Leuchttürme in einer Wüste der Unterfinanzierung.

    "Der Grundgedanke der Exzellenzinitiative, die Homogenität der Universitäten zu brechen, das ist die Ursünde der Exzellenzinitiative gewesen."

    So ganz verdammen kann er die zusätzlichen Einnahmen für die FU allerdings nicht - könnte der Professor für künstliche Intelligenz doch selber demnächst von der Exzellenzinitiative direkt profitieren. Gemeinsam mit Forschern der anderen beiden großen Berliner Universitäten hat Raul Rojas einen Antrag für das Exzellenzcluster "Science of Intelligence" eingereicht – und ist schon gespannt auf die morgige Entscheidung.