Karge Landschaft, karge Sinne. Kaum etwas wächst auf den graubraunen Felsen. Das Einzige, was lebendig ist, ist ein Eisbär. Trotzdem, nein, gerade deshalb ist dies der einzige Schauplatz des Films: ein alter, heruntergekommener Beobachtungsposten, Technik aus den sechziger Jahren, verrostetes Metall, Ruinenästhetik. Schon klar, es muss sich hier ganz offenkundig um materielle Symbole handeln - sie bezeugen gescheiterte Träume und Utopien.
Der kurze Sommer der Utopie ist ja zu Ende, schon im Titel. So steht alles von Anfang an fest und kommt kaum in Bewegung. Und darum darf, damit das der Zuschauer auch wirklich glaubt und sinnlich, körperlich nachvollzieht, auch nichts wirklich schön sein in diesem Film. Vielmehr sind die Gesichter hässlich, die Leiber dreckig und ungepflegt, die Landschaft öde und die Luft sehr kalt.
Dies ist die Geschichte zweier Männer. Sie tun Dienst in einer Polarstation auf einer Insel im Arktischen Meer. Sie liegt weit ab, so weit östlich, dass es schon wieder Westen ist - ein Ort, an dem die Sonne nicht untergeht. Ein Tag dauert hier nahezu einen ganzen Sommer lang. Die beiden Männer heißen Sergej und Pavel. Der bullige Sergej ist schon seit Jahren hier. Er ist gewöhnt an die Einsamkeit. Und als der schmächtige junge Student Pavel hier für ein paar Monate auftaucht, um ein Praktikum zu absolvieren, stört das eher sein Alleinsein.
Was tun diese Männer? Sie warten. Auf das Schiff, das kommen wird, um sie wieder abzuholen. Ihre Arbeit ist einfach und scheint auch nicht ungemein wichtig zu sein: Sie messen die Strahlenwerte der längst ausgemusterten Forschungsstation und geben diese ans ferne Hauptquartier durch. Ansonsten schlagen sie die Zeit tot. Sie hören Musik, Pavel spielt am Computer oder läuft für ein paar Stunden in der kargen Gegend umher. Sergej liest, oder fischt auf dem Meer.
Zunehmend wächst die Spannung. Pavel hat Angst vor Sergej. Und als aus dem Funkgerät die Nachricht kommt, dass Sergejs Frau und Kind einen schweren Unfall hatten, traut sich Pavel nicht, sie weiterzugeben. Als Sergej dann doch alles erfährt, wird das Verhältnis der beiden zusehends aggressiv.
Schweigen und brüten, schreien und streiten. In "How I Ended This Summer" vom russischen Regisseur Alexei Popogrebsky trifft "Solaris" auf "Shining", "Shutter Island" auf Becketts "Warten auf Godot" - nur leider ist der Film nicht annährend so gut oder wenigstens so spannend wie diese Vorbilder.
Was ist das für ein Film? Was soll das alles? Kälte, Einsamkeit, Langeweile, steigende Aggression - man kann bei solchen Begriffen gar nicht falsch liegen, wenn man dem Film unterstellt, es handle sich um eine Allegorie auf die sozialen und politischen Verhältnisse.
Was machen wir Kinogänger, wenn wir einen russischen Film sehen? Wir stellen unsere Erwartungen um, weg von Hollywood, weg vom europäischen Autorenkino, hin zu Tristesse, Tiefsinn und Theologie - wie man sie aus vielen Filmen der ehemaligen Ostblockstaaten gewohnt ist. Wir denken statt an Truffaut und Spielberg an Tarkowski.
Man ist gewohnt, russische Filme im Westen grundsätzlich immer politisch zu deuten. Ob gewalttätig oder langweilig, ob Yuppie-Reichtum oder Not der Armen - "postsowjetisch" ist dies alles auf jeden Fall. Hinter jeder Geste, jedem Dialogsatz, in jedem Schauplatz meinen wir ein politisches Symbol, eine gesellschaftskritische Botschaft zu erkennen. Ruinen sind nie nur Ruinen, sondern gescheiterte Utopien. Depression, das ist nie nur Depression, sondern das Ende des Traums vom neuen Menschen und die Folge eines bösen Regimes. Hässlichkeit und Schmutz sind eine Folge des Kommunismus und seines Glaubens an Weltrevolution.
Religion steigt zwar wieder in unserem Ansehen, sie gilt als wichtig und gut, selbst wenn wir uns schwer tun, zu glauben. Nur, wenn es um die politische Religion der Kommunismus geht, dann sind wir alle Atheisten, denken an Inquisition, Intoleranz und Terror gegen Andersdenkende.
Vielleicht sind Depression, Ruinen und der Rest aber auch nur postsozialistischer Realismus, nur das, womit russische Künstler im Westen Erfolg haben können, weil sie unsere Erwartungen bedienen?
Ist dies wirklich große Kunst? Oder sind es nur die routinierten Kunstgriffe des Arthousemainstream, die unsere eingefahrenen Interpretationsreflexe bedienen?
Man kann den Verdacht nicht ganz abschütteln, dass hier Bedeutung vor allem vorgetäuscht wird und wir es mit des Zaren neuen Kleidern zu tun haben.
Der kurze Sommer der Utopie ist ja zu Ende, schon im Titel. So steht alles von Anfang an fest und kommt kaum in Bewegung. Und darum darf, damit das der Zuschauer auch wirklich glaubt und sinnlich, körperlich nachvollzieht, auch nichts wirklich schön sein in diesem Film. Vielmehr sind die Gesichter hässlich, die Leiber dreckig und ungepflegt, die Landschaft öde und die Luft sehr kalt.
Dies ist die Geschichte zweier Männer. Sie tun Dienst in einer Polarstation auf einer Insel im Arktischen Meer. Sie liegt weit ab, so weit östlich, dass es schon wieder Westen ist - ein Ort, an dem die Sonne nicht untergeht. Ein Tag dauert hier nahezu einen ganzen Sommer lang. Die beiden Männer heißen Sergej und Pavel. Der bullige Sergej ist schon seit Jahren hier. Er ist gewöhnt an die Einsamkeit. Und als der schmächtige junge Student Pavel hier für ein paar Monate auftaucht, um ein Praktikum zu absolvieren, stört das eher sein Alleinsein.
Was tun diese Männer? Sie warten. Auf das Schiff, das kommen wird, um sie wieder abzuholen. Ihre Arbeit ist einfach und scheint auch nicht ungemein wichtig zu sein: Sie messen die Strahlenwerte der längst ausgemusterten Forschungsstation und geben diese ans ferne Hauptquartier durch. Ansonsten schlagen sie die Zeit tot. Sie hören Musik, Pavel spielt am Computer oder läuft für ein paar Stunden in der kargen Gegend umher. Sergej liest, oder fischt auf dem Meer.
Zunehmend wächst die Spannung. Pavel hat Angst vor Sergej. Und als aus dem Funkgerät die Nachricht kommt, dass Sergejs Frau und Kind einen schweren Unfall hatten, traut sich Pavel nicht, sie weiterzugeben. Als Sergej dann doch alles erfährt, wird das Verhältnis der beiden zusehends aggressiv.
Schweigen und brüten, schreien und streiten. In "How I Ended This Summer" vom russischen Regisseur Alexei Popogrebsky trifft "Solaris" auf "Shining", "Shutter Island" auf Becketts "Warten auf Godot" - nur leider ist der Film nicht annährend so gut oder wenigstens so spannend wie diese Vorbilder.
Was ist das für ein Film? Was soll das alles? Kälte, Einsamkeit, Langeweile, steigende Aggression - man kann bei solchen Begriffen gar nicht falsch liegen, wenn man dem Film unterstellt, es handle sich um eine Allegorie auf die sozialen und politischen Verhältnisse.
Was machen wir Kinogänger, wenn wir einen russischen Film sehen? Wir stellen unsere Erwartungen um, weg von Hollywood, weg vom europäischen Autorenkino, hin zu Tristesse, Tiefsinn und Theologie - wie man sie aus vielen Filmen der ehemaligen Ostblockstaaten gewohnt ist. Wir denken statt an Truffaut und Spielberg an Tarkowski.
Man ist gewohnt, russische Filme im Westen grundsätzlich immer politisch zu deuten. Ob gewalttätig oder langweilig, ob Yuppie-Reichtum oder Not der Armen - "postsowjetisch" ist dies alles auf jeden Fall. Hinter jeder Geste, jedem Dialogsatz, in jedem Schauplatz meinen wir ein politisches Symbol, eine gesellschaftskritische Botschaft zu erkennen. Ruinen sind nie nur Ruinen, sondern gescheiterte Utopien. Depression, das ist nie nur Depression, sondern das Ende des Traums vom neuen Menschen und die Folge eines bösen Regimes. Hässlichkeit und Schmutz sind eine Folge des Kommunismus und seines Glaubens an Weltrevolution.
Religion steigt zwar wieder in unserem Ansehen, sie gilt als wichtig und gut, selbst wenn wir uns schwer tun, zu glauben. Nur, wenn es um die politische Religion der Kommunismus geht, dann sind wir alle Atheisten, denken an Inquisition, Intoleranz und Terror gegen Andersdenkende.
Vielleicht sind Depression, Ruinen und der Rest aber auch nur postsozialistischer Realismus, nur das, womit russische Künstler im Westen Erfolg haben können, weil sie unsere Erwartungen bedienen?
Ist dies wirklich große Kunst? Oder sind es nur die routinierten Kunstgriffe des Arthousemainstream, die unsere eingefahrenen Interpretationsreflexe bedienen?
Man kann den Verdacht nicht ganz abschütteln, dass hier Bedeutung vor allem vorgetäuscht wird und wir es mit des Zaren neuen Kleidern zu tun haben.