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Nie mehr schlechtes Obst?

Gentechnik.- Bauern können ein Lied von ihnen singen. Doch will man Obst-Krankheiten wie Feuerbrand oder Schorf vermeiden, müssen meist Pflanzenschutzmittel eingesetzt werden. Eine Alternative wären Apfelsorten, die gegen Krankheiten resistent sind.

Von Michael Stang |
    Der Weg vom Büro ins Treibhaus ist kurz. Vier Treppen hinunter in den Keller und zwei Minuten später steht Cesare Gessler zwischen seinen schorfresistenten Apfelpflänzchen.

    "Das ist jetzt Massenvermehrung. Zum Beispiel hier ist dieser obere Teil aufgepfropft. Und aus dem wächst dann innerhalb von zwei bis drei Monaten ein Baum heran."

    Im Institut für integrative Biologie der ETH Zürich forscht Cesare Gessler an einer neuen Richtung in der Pflanzenzüchtung. Er schleust krankheitsresistente Gene in Äpfel ein. Der Clou seiner als Cisgenetik bezeichneten Technik ist, dass die abwehrfähigen Gene ausschließlich von alten Wildapfelsorten stammen. Auf diese Weise sollen bislang anfällige Äpfel vor dem gefürchteten Schorf geschützt werden. Da Gessler und seine Kollegen nur Gene von kreuzbaren Wildäpfeln wie Santana oder Topas nehmen, enthalten die mit gentechnischen Methoden verbesserten Pflanzen weiter nur Apfelgene. Dadurch gibt es ihm zufolge nicht die Probleme, die die Transgenetik mit sich bringt. Dort werden vor allem in Mais und Baumwolle Gene von Bakterien oder Viren eingeschleust, die unabwägbare Risiken mit sich bringen. Da alte Apfelsorten gegen Apfelschorf resistent sind, müssten die mithilfe der Cisgenetik behandelten neuen Apfelsorten auch nicht mehr wie bislang üblich zehn bis 15 Mal pro Saison mit Fungiziden gespitzt werden.

    "Ich habe keine Gene, die von etwas Fremden stammen, darin. Also, meine Frage natürlich an diese Leute, die dagegen sind: Warum ist das nicht der Weg, den wir verfolgen können?"

    Schorfresistente Äpfel auf konventionelle Art zu züchten, ist nicht möglich, da bei jeder Kreuzung eine neue Apfelsorte entsteht. Somit kann es mit herkömmlichen Methoden keinen resistenten Gala oder Golden Delicious geben. Bei der Cisgenetik könnten jedoch die schorfresistenten Gene die Apfelsorte mit ihrem jeweiligen Aussehen und Geschmack erhalten und zugleich zwei Drittel der bislang benötigten Fungizide eingespart werden. Die Methode sei im Prinzip ausgereift. Lediglich der Einbauort der Gene ist noch zufällig. Aber auch diese Hürde sei nur noch eine Frage der Zeit.

    "In fünf bis zehn Jahren wird man gezielt Gene einbauen können. Ich werde fähig sein ein Gen, ein Allel müsste man sagen, das nicht funktioniert, mit einem funktionellen zu ersetzen."

    Das Projekt ist nach knapp zehn Jahren fast beendet. Nur noch einige Tests an den kleinen Bäumchen stehen an. Dann schauen die Forscher, wo bei jeder Pflanze die Gene eingefügt wurden, ob es Unterschiede bei den einzelnen Bäumchen gibt und ob diese tatsächlich gegen Apfelschorf resistent sind. Anschließend müssen die Pflanzen vernichtet werden. In Europa sind keine Feldversuche erlaubt. Aber nicht nur politische Hürden seien zu überwinden. Vielmehr mache ihm die dogmatische Denkweise der Gentechnikgegner zu schaffen. In den vergangenen Jahren habe Cesare Gessler sämtliche Kritikpunkte, wie etwa das Einschleusen artfremder Gene, aus der Welt geschafft.

    "Und dann, sind wir immer noch gegen die Technologie? Weil, da gibt es plötzlich keine Argumente mehr. Wenn ich ihnen nicht genau sage, was sie anschauen müssen, kann niemand genau feststellen, dass das eine genetische Pflanze ist. Wenn ich eine Gala hinauspflanze, das kann mir niemand beweisen. Nur durch Assoziation kann einer sagen: ‚Das ist ja gar nicht möglich, dass diese Gala resistent ist gegen Schorf.' Demzufolge muss es eine genetisch veränderte Pflanze sein. Aber nachweisen kann ich es, aber nicht ein anderer."

    Das nächste Projekt ist bereits gestartet. Schon in zwei bis drei Jahren sollen Äpfel wie die Sorte Gala mithilfe der Cisgenetik auch gegen Feuerbrand resistent werden. Ob sich diese Methode durchsetzen wird, ist weiter nicht abzusehen.