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Niederlage für den Energieriesen

Der Energiekonzern Vattenfall betreibt das Fernwärmenetz in Hamburg. Seine Monopolstellung muss der Energieriese nach einer neuen Entscheidung des Bundeskartellamts allerdings aufgeben.

Von Verena Herb |
    Der Energieversorger Vattenfall muss seine Fernwärmenetze für Dritte, also alle Wettbewerber öffnen. Das hat das Bundeskartellamt entschieden. Dies ist ein Gewinn für den Verbraucher, sagt Günter Hörmann, Leiter der Verbraucherzentrale Hamburg:

    "Mehr Wettbewerb ist immer gut für die Verbraucher. Und wir haben ja beim Strom und Gas ja mittlerweile den Wettbewerb als eine Selbstverständlichkeit wahrgenommen. Beim Fernwärmemarkt haben wir es aber überall in der Republik mit Monopolen zu tun. Und diese Entscheidung des Bundeskartellamts ist aus unserer Sicht eine Axt an dem Monopolmarkt."

    Die Verbraucherzentrale Hamburg hatte eine Anzeige wegen Wettbewerbs- und Kartellrechtsverstößen gegen Vattenfall beim Bundeskartellamt eingereicht. Und bezüglich der Abschottung der Fernwärmenetze gegenüber Konkurrenten recht bekommen.

    "Denn wir meinen, dass es doch eigentlich selbstverständlich sein müsste, dass man als Abnehmer sich den Lieferanten aussuchen können muss. Das ist beim Telefon so, das ist mittlerweile beim Strom und beim Gas so. Warum soll es nicht bei Fernwärme auch so sein?"

    In der Antwort des Bundeskartellamtes an die Verbraucherschützer heißt es: "Jedes Wärme erzeugende Unternehmen im Netzbereich hat gegenüber Vattenfall den Anspruch auf diskriminierungsfreien Zugang zum Fernwärmenetz und Durchleitung der erzeugten Wärme an Abnehmer." Eine Entscheidung, die Mitbewerber wie der Ökostromanbieter Lichtblick nur begrüßen kann. Dessen Sprecher Ralf Kampwirth:

    "Die Entscheidung, jetzt die Fernwärmenetze in Hamburg und übrigens auch alle anderen Fernwärmenetze in Deutschland zu öffnen für Wettbewerb, ist wirklich richtungsweisend. Denn damit fällt das letzte Monopol in der Energiewirtschaft. Wir haben _98 erlebt, wie das Strom- und Gasnetzmonopol gefallen ist und jetzt eben auch Fernwärme. Das ist für die Verbraucher und für die Energiewende ne ganz, ganz wichtige Richtungsentscheidung."

    Auch, wenn man nicht damit gerechnet hatte:

    "Tatsächlich sind wir jetzt positiv überrascht von der Stellungnahme des Bundeskartellamtes. Wir hatten eher erwartet, dass so ein Anstoß eher von der EU kommt. So war es ja vorher auch beim Strom und Gasnetz. Aber das ist natürlich jetzt ne sehr richtungsweisende Entscheidung und eigentlich auch naheliegend, wenn man sich die Entwicklung auf dem Energiemarkt anguckt. Wir brauchen einfach den Wettbewerb zum einen für faire Verbraucherpreise. Aber auch, um die Energiewende zu schaffen."

    Bisher hat Vattenfall nur aus seinen eigenen Kraftwerken Wärme ins Hamburger Netz eingespeist und versorgt zur Zeit rund 415 000 Wohneinheiten in der Hansestadt. Auch in Berlin hat Vattenfall das Monopol bei der Versorgung durch Fernwärme, während in anderen Kommunen meist die örtlichen Stadtwerke eine Alleinstellung haben. Das kann sich nun durch die Entscheidung des Bundeskartellamtes verschieben. Lichtblick werde wohlwollend prüfen, ob es in die Fernwärmeversorgung einsteigen kann. Sprecher Ralf Kampwirth:

    "Für Lichtblick ist die Nutzung des Fernwärmenetzes ne ganz klare Option. Wir haben ja das Projekt unserer sogenannten Zuhause-Kraftwerke, wo wir heute dezentral Strom und Wärme erzeugen. Und die Wärme derzeit dezentral speichern. Wenn wir diese Wärme künftig im Fernwärmenetz speichern und darüber die Kunden versorgen, sind wir mit unserem Konzept, was wir da verfolgen, nämlich Schwarmstrom zum Ausgleich schwankender Windenergie zu erzeugen, nochmal deutlich flexibler. Also auch für uns ne ganz klare Option."

    Allerdings könne man davon ausgehen, dass dieser Prozess noch einige Zeit dauern wird. Günter Hörmann, Geschäftsführer von der Verbraucherzentrale Hamburg:

    "Es ist jetzt ne spannende Frage, wie Vattenfall das ermöglicht oder ob es sich auf den Standpunkt stellt, dass dies technisch und rechtlich nicht möglich sei. Das war bisher nach unserer Kenntnis die Aussage von Vattenfall."

    Der schwedische Energiekonzern wollte sich auf Anfrage des Deutschlandfunks nicht äußern. In einer kurzen Pressemitteilung heißt es nur: Man werde sich mit dem Thema Durchleitung beschäftigen.

    Linktipp:
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