Die Schirmherrschaft über die Multimedia-Horror-Show im Kunstverein von Hannover hat der spanische Schreckenskünstler Goya übernommen, mit dem Thema seines berühmtesten Kupferstichs: Der Traum der Vernunft gebiert Ungeheuer. Doch in Panik muss deshalb niemand geraten. Denn Sigmund Freud hat ja dem wohlig erschrockenen Publikum klar gemacht, dass im Unheimlichen das Heimelige steckt und die anscheinend unvereinbaren Gegensätze so gerne zusammenfallen. Täten sie das nicht, gäbe es kein Kindervergnügen auf der Geisterbahnfahrt, existierte kein Höllenspuk von Hieronymus Bosch, auch nicht die schwarze Romantik oder die genüsslich ausgekosteten Alpträume der Surrealisten. Und ebenfalls nicht der Schock-Korridor des Österreichers Hans Schabus, den der Kunstvereinsleiter Stephan Berg zusammen mit vier weiteren Spezialeinheiten für bedrohliche Phantasien ins Reich der Gespenster geschickt hat.
Der Gruselgang des Hans Schabus hat Platzangstqualitäten. 30 Meter bohrt sich der fensterlose Stollen durch die Ausstellung "Night Sites" und lädt mit psychologischem Hintersinn zu einer schaurigen Entdeckungsreise ins eigene Ich ein. Der Tunnelbauer zeigt hier das Gegenstück zum spektakulären Coup auf der diesjährigen Venedig-Biennale, wo er den österreichischen Pavillon unter einem gigantischen Gebirgsmassiv begrub. Im Inneren durchkletterten die Besucher ein Labyrinth aus Balken und Stiegen, um den Gipfelblick als ironische Perspektive auf den Tourismusschlager der Alpenrepublik zu genießen.
Ironiefrei ist auch die kunstvolle Miniaturwelt des amerikanischen Duos Jennifer und Kevin McCoy nicht. Auf Tischgestellen präsentieren die beiden, was sie mit der detailverliebten Geduld von Liebhabern elektrischer Modelleisenbahnen gebastelt haben: niedliche Szenerien aus properen Vorstadtsiedlungen, die von den Mittelschichten Amerikas bewohnt werden. Doch deuten Lampen und Überwachungskameras, die wie Kraken an tentakelhaften Drähten die falschen Idyllen umschlingen, den Einbruch des Unheils an. Tatsächlich liegt in einem Gartenhaus ein ermordetes Liebespaar. Einzelheiten der Bluttat sind auf Videoprojektionen zu sehen, die auf einer zweiten Ebene die Klischees populärer Fernsehserien kritisch aufs Korn nehmen.
Für Abwechslung im Parcours des alltäglichen Schreckens sorgen Propotionswechsel ebenso wie die Verlagerungen der Zugangsebenen. Die finnische Medienkünstlerin Eija-Liisa Ahtila montiert ihre Bilderzählungen von traumatisierten jungen Frauen mit mehreren Projektoren in der Art einer Fuge, während der Belgier Hans Op de Beeck auf einer Theaterbühne mit harmlosen Erinnerungen spielt, die sich mit Erlebnissen zum Fürchten verbunden haben. Wer die begehbare menschenleere Autoraststätte zu rabenschwarzer Nachtzeit betritt, schaut aus dem imaginären Fenster auf verlassene Straßen, die sich im Nichts verlieren. Der Betrachter sieht sich selbst in ein Gemälde des Einsamkeitsmalers Edward Hopper versetzt, das wie durch ein Wunder dreidimensionale Formen angenommen hat. Eine andere Filmproduktion ruft in einer unwirklichen Traumwelt verborgene Kindheitsängste wach: Da dreht sich ein düster verhangenes Karussell, das in winterlicher Kälte zu einem Folterinstrument mutiert.
Die politische Variante des Themas führen Stephanie Smith und Edward Stewart vor Augen. In ihrer kargen Kellerkulisse, bestückt mit harten Stühlen, nackten Glühbirnen und einer Tonbandanlage, könnten Verhöre von gewaltsam Verschleppten stattgefunden haben. Inspiriert sind die womöglich schmerzlichen Rituale, für die es keine Beweise gibt, von Erfahrungen, die Stewart im nordirischen Belfast gemacht hat. Doppelbödig und vieldeutig auch dieses Stück, das an Samuel Becketts Endspiele anknüpfen will. Es ist das intelligente Design, das das Gruselkabinett des Kunstvereins zwischen Show und Schrecken raffiniert in der Schwebe hält und zum Jahreswechsel die bösen Geister bannt und vertreibt.
Der Gruselgang des Hans Schabus hat Platzangstqualitäten. 30 Meter bohrt sich der fensterlose Stollen durch die Ausstellung "Night Sites" und lädt mit psychologischem Hintersinn zu einer schaurigen Entdeckungsreise ins eigene Ich ein. Der Tunnelbauer zeigt hier das Gegenstück zum spektakulären Coup auf der diesjährigen Venedig-Biennale, wo er den österreichischen Pavillon unter einem gigantischen Gebirgsmassiv begrub. Im Inneren durchkletterten die Besucher ein Labyrinth aus Balken und Stiegen, um den Gipfelblick als ironische Perspektive auf den Tourismusschlager der Alpenrepublik zu genießen.
Ironiefrei ist auch die kunstvolle Miniaturwelt des amerikanischen Duos Jennifer und Kevin McCoy nicht. Auf Tischgestellen präsentieren die beiden, was sie mit der detailverliebten Geduld von Liebhabern elektrischer Modelleisenbahnen gebastelt haben: niedliche Szenerien aus properen Vorstadtsiedlungen, die von den Mittelschichten Amerikas bewohnt werden. Doch deuten Lampen und Überwachungskameras, die wie Kraken an tentakelhaften Drähten die falschen Idyllen umschlingen, den Einbruch des Unheils an. Tatsächlich liegt in einem Gartenhaus ein ermordetes Liebespaar. Einzelheiten der Bluttat sind auf Videoprojektionen zu sehen, die auf einer zweiten Ebene die Klischees populärer Fernsehserien kritisch aufs Korn nehmen.
Für Abwechslung im Parcours des alltäglichen Schreckens sorgen Propotionswechsel ebenso wie die Verlagerungen der Zugangsebenen. Die finnische Medienkünstlerin Eija-Liisa Ahtila montiert ihre Bilderzählungen von traumatisierten jungen Frauen mit mehreren Projektoren in der Art einer Fuge, während der Belgier Hans Op de Beeck auf einer Theaterbühne mit harmlosen Erinnerungen spielt, die sich mit Erlebnissen zum Fürchten verbunden haben. Wer die begehbare menschenleere Autoraststätte zu rabenschwarzer Nachtzeit betritt, schaut aus dem imaginären Fenster auf verlassene Straßen, die sich im Nichts verlieren. Der Betrachter sieht sich selbst in ein Gemälde des Einsamkeitsmalers Edward Hopper versetzt, das wie durch ein Wunder dreidimensionale Formen angenommen hat. Eine andere Filmproduktion ruft in einer unwirklichen Traumwelt verborgene Kindheitsängste wach: Da dreht sich ein düster verhangenes Karussell, das in winterlicher Kälte zu einem Folterinstrument mutiert.
Die politische Variante des Themas führen Stephanie Smith und Edward Stewart vor Augen. In ihrer kargen Kellerkulisse, bestückt mit harten Stühlen, nackten Glühbirnen und einer Tonbandanlage, könnten Verhöre von gewaltsam Verschleppten stattgefunden haben. Inspiriert sind die womöglich schmerzlichen Rituale, für die es keine Beweise gibt, von Erfahrungen, die Stewart im nordirischen Belfast gemacht hat. Doppelbödig und vieldeutig auch dieses Stück, das an Samuel Becketts Endspiele anknüpfen will. Es ist das intelligente Design, das das Gruselkabinett des Kunstvereins zwischen Show und Schrecken raffiniert in der Schwebe hält und zum Jahreswechsel die bösen Geister bannt und vertreibt.