Die besten Turnerinnen der Welt sind sehr klein, sehr leicht und vor allem meist sehr jung. Sie trainieren rund 30 Stunden in der Woche und wenn alles gut geht, dann starten sie ein Mal in ihrer kurzen Karriere bei Olympischen Spielen. Ausnahmen bestätigen wie immer die Regel: Auch Oksana Chusovitina ist sehr klein und sehr leicht – ihr Körper ist von jenen der 15-jährigen Konkurrentinnen nicht zu unterscheiden. Doch Chusovitina ist 37 Jahre alt und wird in London an ihren sechsten Olympischen Spielen teilnehmen, und vorher nur ein Mal am Tag trainieren:
"Ich trainiere so ungefähr ab mittags, zwei oder zweieinhalb Stunden, dann habe ich Zeit für ein ganz normales Leben."# #
So ein ganz normales Leben hat Oksana Chusovitina eigentlich noch nie geführt. 1975 in Buchara geboren, begann sie als Achtjährige mit dem Turnen, "ein bisschen zu spät" wie sie heute sagt. Sie wurde Weltmeisterin für die Sowjetunion und gewann vor zwanzig Jahren in Barcelona mit der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten olympisches Mannschaftsgold, es folgten über ein dutzend internationale Medaillen an ihrem Spezialgerät, dem Sprung. Von der guten sowjetischen Grundausbildung profitiert sie bis heute:
"Ja, dies war eine ganz gute Zeit und eine ganz gute Schule, und für das Leben auch, weil da musst Du immer kämpfen."
Kämpfen musste Chusovitina auch, als bei ihrem dreijährigen Sohn Alisher 2002 Leukämie diagnostiziert wurde. Damals zog sie von Taschkent nach Köln, wohnte im Schwesternheim der Uni-Klinik und turnte weiter. Mit den im Turnsport mageren Preisgeldern und Spenden aus der internationalen Turnszene finanzierte sie die Behandlung. Das Interesse des Deutschen Turner-Bundes an einer Einbürgerung ließ nicht lange auf sich warten, schließlich gewann Chuso – wie sie in Deutschland genannt wird – 2003 wieder WM-Gold. Damals bereits mit der aus Weißrussland stammenden Kölner Trainerin Shana Poljakowa, aber eben für Usbekistan.
Die Einbürgerung gelang dann allerdings erst 2006 und obwohl sie bereits damals wahlweise als Turn-Oma oder als Grande Dame bezeichnet wurde, hat, zahlte sich das Engagement aus. Mit ihren weiterhin hervorragenden Sprüngen sicherte sie dem deutschen Frauenturnen die Olympiateilnahme in Peking und gewann dort selbst Silber. Der schönste Moment ihrer Karriere folgte gleich nach der Rückkehr:
"In Köln angekommen bin ich mit Alisher zum Krankenhaus gegangen und der Arzt hat gesagt: "Dein Sohn ist ganz gesund." Das war für mein Leben die schönste Nachricht und Zeit."
Alisher lebt momentan mit der Oma in Taschkent, Chusovitina betreibt dort eine Turnschule, um die sich ihr Mann Bachodir Kurpanow, ein ehemaliger Ringer, kümmert. Seit drei Jahren ist sie offiziell Cheftrainerin der usbekischen Turn-Nationalmannschaft, die häufig in Bergisch-Gladbach zum Training weilt – auch dies zweifellos eine weltweit einmalige Konstellation.
Zwei Achillessehnenabrisse und Bizepsabrisse in beiden Schultern hat sie bereits hinter sich. In London möchte sie trotzdem noch schwieriger springen als zuletzt beim EM-Silber in diesem Frühjahr. Eine weitere Medaille wäre damit durchaus denkbar, obschon mit Janine Berger, geboren 1996 und jüngste Sportlerin des deutschen Olympiaaufgebots, nun Konkurrenz im eigenen Team erwachsen ist. Was sicher ist: Eine 37-Jährige mit Medaillenchancen hat es im olympischen Turnen seit Jahrzehnten nicht gegeben.
Nach London allerdings ist endgültig Schluss, sagt Chusovitina:
"Ich kann sagen, ich bin schon alt, ich habe jetzt ein ganz tolles Leben, aber ich möchte mehr mit meinem Sohn, mit meinem Mann Zeit haben."
Wer wollte ihr diesen Wunsch nach dreißig Jahren als Turnerin verdenken?
"Ich trainiere so ungefähr ab mittags, zwei oder zweieinhalb Stunden, dann habe ich Zeit für ein ganz normales Leben."# #
So ein ganz normales Leben hat Oksana Chusovitina eigentlich noch nie geführt. 1975 in Buchara geboren, begann sie als Achtjährige mit dem Turnen, "ein bisschen zu spät" wie sie heute sagt. Sie wurde Weltmeisterin für die Sowjetunion und gewann vor zwanzig Jahren in Barcelona mit der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten olympisches Mannschaftsgold, es folgten über ein dutzend internationale Medaillen an ihrem Spezialgerät, dem Sprung. Von der guten sowjetischen Grundausbildung profitiert sie bis heute:
"Ja, dies war eine ganz gute Zeit und eine ganz gute Schule, und für das Leben auch, weil da musst Du immer kämpfen."
Kämpfen musste Chusovitina auch, als bei ihrem dreijährigen Sohn Alisher 2002 Leukämie diagnostiziert wurde. Damals zog sie von Taschkent nach Köln, wohnte im Schwesternheim der Uni-Klinik und turnte weiter. Mit den im Turnsport mageren Preisgeldern und Spenden aus der internationalen Turnszene finanzierte sie die Behandlung. Das Interesse des Deutschen Turner-Bundes an einer Einbürgerung ließ nicht lange auf sich warten, schließlich gewann Chuso – wie sie in Deutschland genannt wird – 2003 wieder WM-Gold. Damals bereits mit der aus Weißrussland stammenden Kölner Trainerin Shana Poljakowa, aber eben für Usbekistan.
Die Einbürgerung gelang dann allerdings erst 2006 und obwohl sie bereits damals wahlweise als Turn-Oma oder als Grande Dame bezeichnet wurde, hat, zahlte sich das Engagement aus. Mit ihren weiterhin hervorragenden Sprüngen sicherte sie dem deutschen Frauenturnen die Olympiateilnahme in Peking und gewann dort selbst Silber. Der schönste Moment ihrer Karriere folgte gleich nach der Rückkehr:
"In Köln angekommen bin ich mit Alisher zum Krankenhaus gegangen und der Arzt hat gesagt: "Dein Sohn ist ganz gesund." Das war für mein Leben die schönste Nachricht und Zeit."
Alisher lebt momentan mit der Oma in Taschkent, Chusovitina betreibt dort eine Turnschule, um die sich ihr Mann Bachodir Kurpanow, ein ehemaliger Ringer, kümmert. Seit drei Jahren ist sie offiziell Cheftrainerin der usbekischen Turn-Nationalmannschaft, die häufig in Bergisch-Gladbach zum Training weilt – auch dies zweifellos eine weltweit einmalige Konstellation.
Zwei Achillessehnenabrisse und Bizepsabrisse in beiden Schultern hat sie bereits hinter sich. In London möchte sie trotzdem noch schwieriger springen als zuletzt beim EM-Silber in diesem Frühjahr. Eine weitere Medaille wäre damit durchaus denkbar, obschon mit Janine Berger, geboren 1996 und jüngste Sportlerin des deutschen Olympiaaufgebots, nun Konkurrenz im eigenen Team erwachsen ist. Was sicher ist: Eine 37-Jährige mit Medaillenchancen hat es im olympischen Turnen seit Jahrzehnten nicht gegeben.
Nach London allerdings ist endgültig Schluss, sagt Chusovitina:
"Ich kann sagen, ich bin schon alt, ich habe jetzt ein ganz tolles Leben, aber ich möchte mehr mit meinem Sohn, mit meinem Mann Zeit haben."
Wer wollte ihr diesen Wunsch nach dreißig Jahren als Turnerin verdenken?