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Noch ein weiter Weg

Ganz weit oben, auf der Ebene der europäischen Bildungsminister wurde 1999 der Bologna-Prozess zur europaweiten Vereinheitlichung von Studieninhalten und -abschlüssen eingeleitet. Umsetzen müssen ihn aber letzten Endes die Institute und Fächer vor Ort: Germanisten wie Bauingenieure, Physiker wie Kulturmanager. Vertreter dieses Faches haben jetzt in Potsdam diskutiert, wie weit man auf dem Weg nach Bologna im Kulturmanagement vorangekommen ist.

Von Claudia van Laak | 24.11.2006
    Stefanie Seege kommt aus Helsinki. Die Kulturmanagement-Studentin hat für ein Jahr die Hochschule gewechselt, studiert jetzt an der Fachhochschule Potsdam. Unter anderem, um Deutsch und Englisch zu lernen. Leider musste sie feststellen, dass kaum Lehrveranstaltungen in Englisch angeboten werden.

    " Nein, überhaupt nicht, hier an der Universität war es auch kompliziert mit den Kursen. Obwohl ich dasselbe Fach studiere, sind die Lehrveranstaltungen nicht vergleichbar. Also es ist schwer festzulegen, wie viel muss ich hier arbeiten, um die gleiche Zahl von Punkten zu bekommen, die ich in Finnland bekommen würde. "

    Nicht nur Stefanie Seege hat Probleme mit dem Uniwechsel. Deshalb hat das Europäische Netzwerk der Kulturmanagement-Studiengänge untersucht, wie weit der Bolognaprozess in den einzelnen Ländern und Universitäten vorangeschritten ist. Das Ergebnis: Die Titel sind gleich, die Inhalte höchst unterschiedlich. Professor Hermann Voesgen, derzeit Präsident des Europäischen Netzwerks.

    " Die Vergleichbarkeit der Studiengänge ist überhaupt nicht gegeben. Der Titel ist zwar gleich, dass also der Umstellungsprozess weit fortgeschritten ist, also Bachelor und Master, aber dass sich dahinter höchst unterschiedliche Modelle, also Studienmodelle verbergen. "

    So dauert der Bachelor in Deutschland drei Jahre, in Spanien vier Jahre. Ein Teil der Hochschulen setzt mehr auf Wissenschaft, der andere mehr auf eine Vermittlung von Fertigkeiten etwa im Bereich Marketing oder Veranstaltungsorganisation. Stefanie Seege kann das nicht verstehen. Die finnische Studentin wartet ungeduldig auf eine europäische Anpassung.

    " Ich kann wirklich nicht einsehen, dass es so schwierig sein soll, dasselbe System zu benutzen, das doch genau definiert ist. Wir haben zum Beispiel auf die verschiedenen Websites der Kulturmanagement-Hochschulen geguckt. Sie sind meistens nur in der Landessprache, die Potsdamer ist nur auf Deutsch, man sieht keine vergleichbaren Dinge. "

    Diese Kritik richtet sich an Hermann Voesgen, Professor am Studiengang Kulturarbeit der FH Potsdam. Noch wird der Studiengang mit einem Diplom abgeschlossen, ist nicht auf Bachelor und Master umgestellt. Das liegt vielleicht auch daran, dass Voesgen kein Freund des Bologna-Prozesses ist.

    " Das ist eindeutig ein Rückschritt für uns. Aber das hat ja keinen Sinn, dass jetzt kulturkritisch zu lamentieren, wie das andere Fachbereiche tun. Der Prozess ist da und wir müssen gucken, was uns wichtig ist an dem Fach, wie wir das sichern und wie wir das weiterentwickeln. "

    So wehrt er sich dagegen, mehr Lehrveranstaltungen in Englisch anzubieten. Deutsche Kulturgeschichte, deutsche Literaturwissenschaft in Englisch, das kommt für den Professor nicht infrage. Luca Zan von der Universität Bologna sieht das ganz anders. In seinem Kulturmanagement-Studiengang wird nur noch Englisch gesprochen, auch wenn es um Italien geht.

    " Sonst sind wir raus aus dem wissenschaftlichen Markt. Nur acht Prozent aller wissenschaftlichen Veröffentlichungen im Bereich Management sind nicht in Englisch. Der lokale Markt allein reicht nicht, er leidet darunter, dass er raus ist aus der Debatte, raus aus dem Bereich, in dem die wichtigen Theorien und Publikationen diskutiert werden. "

    Zum Abschluss der Konferenz werden die Vertreter des Europäischen Netzwerks der Kulturmanagement-Studiengänge Empfehlungen an die EU-Kommission abgeben. Die zwei wichtigsten Punkte: Die Studiengänge wollen weiter interdisziplinär arbeiten und die jetzigen Freiräume für Studierende und Dozenten sollen nicht einer Standardisierung zum Opfer fallen.