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Noch kein Krieg

Noch kein Krieg, aber auch nicht mehr Frieden. Besorgniserregend sind die Meldungen, die gegenwärtig aus Südossetien kommen. Seit 1990 verharrt die winzige georgische Provinz in Hab-Acht-Stellung. Sie will die Unabhängigkeit, aber niemand erkennt sie an. Nicht Georgien, von dem sich Südossetien lösen möchte und auch Russland nicht, obwohl es stillschweigende Schutzmacht ist.

Von Sabine Adler und Gesine Dornblüth | 20.08.2004
    Nun droht Krieg auszubrechen. Seit knapp zwei Wochen wird tagsüber verhandelt und nachts geschossen, den bewaffneten Auseinandersetzungen ging ein Krieg der Worte voraus.

    Nikolai Baranow, Sprecher der von Russland dominierten Friedenstruppe in Südossetien, beunruhigen die nächtlichen Scharmützel, vor allem, weil längst nicht mehr nur aus Kalaschnikows gefeuert wird.

    Gestern, am Mittwoch, wurde ein Beobachtungsposten unter Beschuss genommen, auf dem sich Vertreter aller Seiten befanden, der Beschuss dauerte bis morgens und was das Schlimmste ist: Es wurde Artillerie eingesetzt.

    Wer das Feuer eröffnete und damit den kurz zuvor ausgehandelten Waffenstillstand verletzte, lässt sich nicht feststellen. Beide Seiten beschuldigen sich gegenseitig, der georgische Verteidigungsminister Giorgi Baramidse zeigt gar in eine dritte Richtung.

    Nach unseren Erkenntnissen drang die Gruppe von russischem Territorium nach Südossetien ein. Allerdings können wir nicht sagen, dass das Kräfte sind, die in offiziellem russischen Auftrag handeln.

    Der Verdacht von Baramidse sorgte für Verwirrung, denn wenn nicht die Südosseten oder die Friedenstruppen als erste gefeuert haben - die georgische Seite hatte er von vornherein ausgeschlossen - wer dann? Das Wort von einer imaginären dritten Kraft machte die Runde.

    Von Söldnern, die die Schmugglermafia bezahlt, ist die Rede, auch von angeworbenen russischen Kossaken, unter denen es acht Tote geben soll.
    Seit dem Ende der Sowjetunion muss Georgien um seinen Bestand fürchten. Adscharien, Abchasien und auch Südossetien ließen mehr oder weniger stark Ambitionen erkennen, sich loszulösen.
    Südossetien wollte gar über die Autonomie hinaus den Anschluss an Russland. Präsident Eduard Kokoity hat mehrfach die Staatsduma in Moskau gebeten, über den Anschluss Südossetiens an das russische Nordossetien zu beraten und Südossetien damit heim nach Russland zu holen. Die Appelle sind in den vergangenen Monaten dringlicher geworden.

    Anders als der langjährige georgische Präsident Schewardnadse ist sein Nachfolger Michail Saakschwili bereits jetzt, kurz nach seinem Amtsantritt, willens, das jahrelang ungelöste Problem endlich anzupacken. Und weil Saakaschwili nicht die geringste Neigung verspürt, Südossetien gehen zu lassen, kam es zu einem Aufschrei in der abtrünnigen Provinz.

    Auch der russische Politologe Michail Alexandrow vom Institut für die Länder der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten, alles andere als ein nüchterner Beobachter, stimmt in das entsetzte Wehklagen mit ein.
    Die Provokation begann vor einigen Monaten, genau am 31. Mai, als georgische Truppen im südossetisch-georgischen Konfliktgebiet stationiert wurden, ohne zuvor die Gemeinsame Kontrollkommission darüber zu informieren. Dann, nach den Protesten von russischer und südossetischer Seite, wurde ein Teil dieser Truppen abgezogen, ein Teil verblieb dort. Damit begann sich das Bild abzuzeichnen, wie sich der Präsident Michail Saakaschwili die Entwicklung vorstellt. Er wollte offensichtlich die Kontrolle über Südossetien, wenn auch nicht mit militärischer Gewalt so doch mit Hilfe der Anwesenheit bewaffneter georgischer Truppen erlangen. Sie nahmen Umgehungsstraßen unter ihre Kontrolle und weiteten das von ihnen überwachte Gebiet stetig aus. Der südossetischen Seite blieb genaugenommen nichts weiter übrig, als sich entweder zu fügen und ihr Territorium militärisch kontrollieren zu lassen oder aber diese Posten zu attackieren. Und genau das ist geschehen. Georgien tritt als Aggressor auf und denkt nicht daran, seine bewaffneten Kräfte aus dem Konfliktgebiet abzuziehen.

    Auch für den Vertreter des südossetischen Präsidenten Kokoity, Dmitri Medojew, trägt Tiflis die Verantwortung für die Zuspitzung der innergeorgischen Spannungen.

    Die gegenwärtige Verschärfung der Situation hat ihren Anfang mit der sogenannten samtenen oder auch Rosenrevolution genommen, als Michail Saakaschwili im November vorigen Jahres an die Macht kam. Wir beobachten seit dieser Zeit die Bestrebungen, die Rolle der Gemeinsamen Kotrollkommission zu nivellieren oder sie sogar völlig zu liquidieren. Wenn man die Gemeinsame Kontrollkommission auflöst, läutet man zugleich Abzug der Friedenstruppen ein, denn damit würde man ihnen das Mandat entziehen. Und es ist unübersehbar, dass Georgien auch auf den Abzug der russischen Stützpunkte drängt.

    Um den Konflikt in Südossetien zu verstehen, muss man weit in die Geschichte zurückgehen. Früher einmal gehörte ganz Ossetien zum Russischen Reich. Kurz nach der Gründung der Sowjetunion aber wurde das Gebiet geteilt. Südossetien fiel der neuentstandenen georgischen Sowjetrepublik zu, Nordossetien der russischen Sowjetrepublik. Als die UdSSR Anfang der 90er Jahre zusammenbrach, erklärte sich Südossetien für unabhängig. Es kam zum Krieg mit Georgien, den Georgien verlor. Seitdem tun die Separatisten in Südossetien so, als hätten sie einen eigenen Staat.

    Ein Besuch in Zchinvali, der Hauptstadt von Südossetien. Vieles erinnert hier noch an die Sowjetunion. Es gibt eine Stalinstrasse. Ausländische Besucher stehen unter Beobachtung.

    Obwohl die Republik mit weniger als 100 000 Einwohnern winzig ist, verfügt sie dennoch über einen Präsidenten und auch ein Regierungskabinett. Das ist freilich so klein, dass die meisten Ministerien auf einem Flur eines Verwaltungsgebäudes Platz finden.

    Der südossetische Außenminister, Murat Dschioeff, telefoniert gerade. Hinter seinem Schreibtisch hängt ein Fähnchen mit dem Wappen der Kaukasusrepublik: Ein goldener Löwe vor weißen Bergen.

    Mehr als zehn Jahre ließ die georgische Regierung unter Ex-Präsident Eduard Schewardnadse die Separatisten in Südossetien gewähren. In dem korrupten Staat hatte niemand wirklich Interesse, Konflikte zu lösen. Zu viele waren daran beteiligt, aus dieser unklaren Gemengelage Profit zu schlagen. Durch Südossetien verläuft eine der Hauptverkehrsstraßen zwischen Georgien und Russland. Jahrelang wurden Benzin, Zigaretten, Lebensmittel und Alkohol zu Minimalzöllen aus Russland nach Südossetien eingeführt und gelangten - unter Umgehung des Zolls - ins restliche Georgien. Von dem Geschäft profitierten alle, korrupte Clans in Georgien ebenso wie in Südossetien. Ganz ähnlich verhielt es sich mit den beiden anderen abtrünnigen Gebieten, Abchasien und Adscharien.

    Michail Saakaschwili will Georgien jetzt um jeden Preis wieder einen. Im Frühjahr gelang ihm ein erster Etappensieg, als er die Kontrolle über Adscharien zurückgewann. Ohne Blutvergießen. Nun steht offenbar Südossetien auf dem Plan. Doch da wird Saakaschwili keinen Erfolg haben, beteuert der Außenminister von Südossetien, Murat Dschioeff.

    Man darf keine Parallelen ziehen zwischen dem, was in Tiflis und in Adscharien geschehen ist, und der Situation in Südossetien. Weil Südossetien kein Teil Georgiens ist. Was in Adscharien passiert ist, war eine innere Angelegenheit Georgiens. Adscharien gehörte immer zu Georgien und hat niemals seinen Austritt erklärt. Südossetien dagegen hat schon vor Jahren seine Unabhängigkeit erklärt. Es hat nie zu dem Georgien gehört, das heute als solches international anerkannt wird. Alles, was über die "territoriale Integrität" Georgiens und Separatismus im Zusammenhang mit Südossetien gesagt wird, ist falsch. Wir haben die territoriale Integrität Georgiens nicht verletzt, weil wir nie dazu gehört haben, und dementsprechend sind wir auch nie aus Georgien ausgetreten.

    Die internationale Gemeinschaft ist allerdings anderer Ansicht. Kein Staat der Welt erkennt Südossetien an. Die Georgier hätten die Osseten immer unterdrückt, sagen die Osseten. Tiflis kennt die Vorbehalte und kommt den Osseten entgegen. Sie sollen eine weitgehende Autonomie erhalten, verspricht die Regierung.

    Doch die Osseten betrachten das Angebot aus Tiflis mit Argwohn - wie überhaupt alle Versuche Saakaschwilis, das Vertrauen der Südosseten zurückzugewinnen. Im Frühsommer kündigte er zum Beispiel Rentenzahlungen an die Südosseten an.
    Er ließ Medikamente ausgeben und Düngemittel an die Bauern in Südossetien verteilen. Von einem Tag auf den anderen wurden in Tiflis Radio- und Fernsehsendungen in ossetischer Sprache für die Bevölkerung der abtrünnigen Region aus dem Boden gestampft. Genützt hat das nichts. Der südossetische Außenminister Murat Dschioeff:

    Diese Sendungen sind nicht auf ossetisch, sondern auf quasi-ossetisch. Die sprechen irgendeine völlig unverständliche Sprache. Ich habe die Sendungen ein paar Mal gehört und habe mich regelrecht erschreckt. Das ist kein Ossetisch, die machen sich im Gegenteil über das Ossetische lustig.

    Auch bei den einfachen Leuten kommen die Bemühungen der neuen georgischen Regierung schlecht an, zumindest bei den Osseten, die den weitaus größten Teil der Bevölkerung ausmachen.

    In der Nähe des Bahnhofs der südossetischen Hauptstadt Zchinvali schwatzen ein paar Frauen auf der Straße. Der Bahnhof wirkt ebenso marode wie das ehemalige Zementwerk daneben. Eine Ruine. Die Eisenbahngleise sind von Gras überwuchert, Züge fahren hier schon lange nicht mehr ein. Als die Georgier im Frühsommer begannen, die im Krieg zerstörte Bahnlinie von Tiflis nach Südossetien zu reparieren, wurden sie von südossetischen Bewaffneten gestoppt. Der Wiederaufbau der Strecke scheiterte kurz vor dem hauptstädtischen Bahnhof. Die wartenden Frauen weinen der Bahnstrecke keine Träne nach, erklärt eine, die in Kittel und Pantoffeln forsch an das Mikrofon tritt.

    Wozu brauchen wir eine Eisenbahnlinie? Wir brauchen keine Verbindung nach Georgien. Natürlich nicht. Früher sind wir nach Tiflis gefahren, jetzt wollen wir das nicht mehr. Das ist ein zweiter Gamsachurdia, dieser Saakaschwili. Was sollen wir mit dem?

    Sviad Gamsachurdia war der erste Präsident des unabhängigen Georgien. Der fanatische Nationalist hatte Anfang der 90er Jahre den Krieg mit Südossetien begonnen.

    Die Regierung in Südossetien redet zwar von staatlicher Unabhängigkeit, meint aber den Anschluss an Russland. Schon jetzt ist in Südossetien fast alles russisch. Es gilt der Rubel statt der georgische Lari. Überall hört man russisch, und sogar die Uhren gehen nach Moskauer Zeit, eine Stunde Zeitunterschied zu Georgien. Darüber hinaus besitzen - nach offiziellen südossetischen Angaben - 90 Prozent der Südosseten einen russischen Pass. An einer der Hauptstrassen von Zchinvali hängt noch ein Plakat von der russischen Präsidentenwahl im März. "Unser Präsident heißt Putin" steht da drauf. Die Osseten, die laut Völkerrecht eigentlich Georgier sind, nahmen daran teil und Wladimir Putin kassierte ihre Stimmen mit ein.

    Die starke Achse Zchinvaaali - Moskau möchte Tiflis brechen, davon sind die prorussischen Südosseten und die russischen Nationalisten in Moskau überzeugt. Sie vermuten, dass hinter der schärferen Gangart gegenüber Südossetien und Moskau letztlich die USA stecken. Seit amerikanische Militärberater georgische Soldaten ausbilden, US-Truppen georgisches Territorium für ihren Antiterrorkampf nutzen dürfen und erst recht seitdem Saakaschwili an der Macht ist, sei die Stimmung in Tiflis noch amerika-freundlicher geworden, als sie es ohnehin schon unter Eduard Schewardnadse war. Der hatte mit seiner Offenheit Washington gegenüber immer auf die Mitgliedschaft in der NATO gehofft und damit Moskau verärgert. Saakaschwili, Schewardnadses Ziehsohn, der ihn dann so undankbar vom Thron stürzte, hat in den USA studiert und als eine der ersten Amtshandlungen eine Millionen-Dollar-Hilfe von Washington in Empfang genommen.

    Dass Saakaschwili energischer als Schewardnadse auf den Abzug der russischen Militärstützpunkte aus Georgien pocht, hat allerdings weniger mit seinem US-freundlichen Kurs, als vielmehr mit einer internationalen Verpflichtung zu tun, die Russland 1999 schon abgegeben hat, aber nur zögernd einlöst. Tiflis reagiert darauf mit unverhohlener Ungeduld, in Zchinvali mag man so viel Härte den Moskauer Freunden gegenüber nicht.

    Die bedächtige Hauptstadt Südossetiens geht in ihrem Norden unmerklich in ein Dorf über, in Tamara Scheeeeni. Hier ist es schon ein Uhr mittags wie in Tiflis, in Zchinvali wenige Schritte von dem Dorf entfernt hingegen noch zwölf wie in Moskau. Drei Männer spielen Backgammon. Einer sitzt auf einem Benzinkanister. Tamara Scheeeeni ist ein georgisches Dorf. Vor dem Haus weht eine georgische Fahne, aber zu den Osseten haben sie ein gutes Verhältnis, meinen die Männer, selbst Georgier.

    Wir leben gut mit den Osseten zusammen. Wir gehen auf Beerdigungen und auf Hochzeiten zu ihnen, sie kommen zu uns. Der ganze Konflikt ist von den Politikern gemacht. Nehmen wir die Rentenzahlungen: Natürlich wollen die Osseten ihre Rente aus Georgien bekommen. Aber sie haben Angst, sie anzunehmen. Wenn die Regierung davon erfährt, werden sie wahrscheinlich verhaftet.

    Auch die südossetische Regierung trägt ihr Scherflein dazu bei, den Konflikt mit Tiflis am Kochen zu halten. Mit einer Politik der Nadelstiche.
    An diesem Tag sollte ein Kinderchor aus Tiflis nach Zchinvali kommen, erzählen die Männer. Aber die Südosseten hätten die kleinen Sänger nicht über die innergeorgische Grenze gelassen.

    Die Georgier in Südossetien, aber auch in Tiflis befürchten, dass Südossetiens Unabhängigkeit nur den ersten Schritt auf dem Weg zur Einverleibung in die Russische Föderation darstellt, für den südossetischen Außenminister Murat Dschioeff ist dies kein Schreckenszenario, sondern ein erstrebenswertes Ziel.

    Fast die gesamte Bevölkerung Südossetiens hat einen russischen Pass. Gemäß der russischen Verfassung stehen diese Menschen unter dem Schutz des russischen Staates. Sie haben Putin gewählt. Er muss seine Staatsbürger beschützen.

    Bei aller offenen oder versteckten Unterstützung durch Russland scheut sich Moskau dennoch, den Südosseten entgegenzukommen und die Vereinigung mit Nordossetien zu vollziehen. Grund ist der Krieg in Tschetschenien, bei dem die Separatisten die Unabhängigkeit von Russland erzwingen wollen.
    Den südossetischen Separatisten nachzugeben und die Loslösung von Georgien gutzuheißen, hieße, auch den Tschetschenen freien Lauf gewähren zu müssen. Das will Russlands Präsident Putin unter keinen Umständen.

    Der russische Dumaabgeordnete Dmitri Rogosin, ein bekannter Nationalist, ist ein Verfechter des Anschlusses von Südossetien an Russland. Immer wieder greift er die russische Regierung an, die für seine Begriffe zu schwerfällig auf die Eskalation an der südrussischen Grenze reagiert.

    Wir verstehen, dass es ein Reglement gibt, das der Regierung bis zu fünf Tagen Zeit gibt, ehe sie sich vor der Duma äußert. Aber wenn wir dieser Logik folgen, dann hätte die Regierung nach dem Überfall Deutschlands auf die Sowjetunion am 22. Juni 1941 erst am 27. Juni darauf reagiert. Wir reden hier von Krieg, einem möglichen Krieg. Saakaschwili geht soweit, wie man ihn lässt. Deshalb ist es notwenig ihn bereits heute aufzuhalten, je härter, desto besser.

    Dass die Wogen in der russischen Duma so hoch schlugen, hatte mit dem in der Tat hitzköpfigen Auftreten des jungen georgischen Präsidenten zu tun. Saakaschwili hatte russischen Touristen angeraten, in diesem Sommer keinesfalls Abchasien, die ebenfalls noch immer abtrünnige Provinz, zu besuchen.

    Die russischen Touristen sollten hören, was ich zu sagen habe. Abchasien ist derzeit kein Ort für Urlaub. In Abchasien herrscht Krieg. Jedes Schiff mit sogenannten russischen Touristen, das ohne Einwilligung der georgischen Behörden in den Hafen von Suchumi einläuft, wird unter Beschuss genommen oder versenkt.

    Der russische Parlamentarier Andrej Kokoschin erlebte dann, dass diese Drohung wahr gemacht wurde, allerdings hielt er sich nicht auf einem Schiff, sondern in Südossetien auf, als sein Wagen unter Beschuss geriet. Für den russischen Nationalisten Rogosin ein gefundenes Fressen.

    Der Beschuss ist eine Provokation, für die Tifis die volle Verantwortung trägt. Eine solche Flegelei russischen Parlamentariern gegenüber wird hoffentlich endlich jene in der Kremlpartei Vereintes Russland überzeugen, sich unserer Position anzuschließen und mit uns für die Vereinigung von Abchasien und Südossetien mit Russland einzutreten.

    Seit den blutigen Unruhen Anfang der 90er Jahre wachen eine vierseitige Kontrollkommission, bestehend aus Georgiern, Süd- und Nordosseten sowie Russen und die von Russen dominierte Friedenstruppe über den brüchigen Frieden in der abtrünnigen Provinz.

    Michail Saakaschwili ist von der Wirksamkeit dieser bestehenden Deeskalationsmechanismen offenbar wenig überzeugt und will stattdessen das Ausland über Russland hinaus in die Konfliktlösung mit einbinden, erklärt sein Premier Surab Schwanija.

    Wir sind äußerst besorgt über die Zuspitzung der Situation. Es ist jetzt nicht die Frage, wer von wo aus das Feuer eröffnet hat. Präsident Saakaschwili hat sich heute in einer eiligen Bitte an die Vertreter der Weltöffentlichkeit gewandt, eine Dringlichkeitskonferenz zu Südossetien einzuberufen.

    Russlands Außenminister Lawrow lehnt ein solches Südossetien-Krisenforum ab, die USA dagegen unterstützen den Vorschlag Saakaschwilis.
    In nur wenigen Wochen sind die Spannungen zwischen Südossetien, Tiflis und Moskau so stark gewachsen, dass heute niemand sagen kann, ob es sich nur um Drohgebärden oder Vorboten eines neuen bewaffneten Konfliktes handelt.

    Für die meisten besorgten Beobachter lautet das Gebot der Stunde, keinen Krieg zuzulassen, alles zu unternehmen, um weiteres Blutvergießen zu verhindern. Tiflis hat in der vergangenen Nacht den ersten Schritt getan und seine Truppen aus Südossetien zurückgezogen. Eine Geste, die hoffen lässt.