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Noch keine Klarheit in der Brühe

Neue BSE-Skandale lassen ab und an Rindfleisch wie Blei in den Auslagen der Metzgereien liegen. Immer mehr Verbraucher wollen zumindest teilweise bewusst auf Fleisch verzichten, einige Menschen lehnen Fleischkonsum generell ab. Doch selbst in Produkten, die scheinbar gar nichts mit Fleisch zu tun haben - wie in Gemüsesuppen oder Joghurts - ist oft versteckt Fleisch enthalten. Hinter den E-Nummern, Bezeichnungen wie "Aroma", "Würzstoffe" oder "Stabilisatoren", verbergen sich oft Tierprodukte. Dabei suchen immer mehr Verbraucher gezielt nach fleischlosen, nach vegetarischen, Produkten. Die Lebensmittelhersteller und Handelskonzerne scheinen darauf noch überhaupt nicht eingestellt zu sein. Das legt zumindest eine Befragungsaktion, initiiert vom Vegetarier-Bund Deutschlands, nahe. Vegetarier wollten wissen: Was ist wirklich drin, in den Produkten - besonders in den Fertigprodukten, den Dosen und Tiefkühlpackungen. Noch keine Klarheit in der Brühe? Klaus Dierken berichtet:

von: Klaus Dierken |
    Die Zutatenlisten auf den Packungen sind oft völlig unzureichend - Kennzeichnung von Lebensmitteln, die kein Fleisch enthalten: Bisher Fehlanzeige. Zu diesem Ergebnis kommt der Vegetarier-Bund. Im April diesen Jahres hatte der Verein eine Postkartenkampagne gestartet, mit der Verbraucherinnen und Verbraucher sich direkt an Lebensmittelhersteller und Handelskonzerne wenden konnten. Mehrere tausend vorgedruckte Postkarten wurden beim Vegetarier - Bund angefordert. 200 Antwortschreiben, die Firmen an einzelne Verbraucher geschickt haben, liegen jetzt dem Vegetarier- Bund vor: So hatte sich zum Beispiel eine Vegetarierin aus der Nähe von Frankfurt am Main bei der Firma Dr. Lange und Co nach rein pflanzlichen Produkten im Angebot des Soßenherstellers gefragt. Als Antwort erhielt sie eine Liste, in der Hühnersuppe mit Nudeln als - so wörtlich: ovolactovegetabil bezeichnet wird. Wenn das stimmen würde, könnte diese Hühnersuppe zwar Eier und Milch enthalten - Hühnerfleisch aber nicht. Unglaubwürdig aus Sicht des Vegetarierbundes auch der Handelskonzern REWE: Frau S. aus Hamburg fragte nach vegetarischen Produkten in den zu REWE gehörenden Penny-Märkten. Sie bekam einen Brief aus der REWE-Zentrale in Köln. Darin heißt es:

    Leider ist es uns nicht möglich, ihrem Wunsch nach Kennzeichnung nachzukommen. Der Ursprung der Stoffe ist für den Hersteller unerheblich, solange sie den rechtlichen Bestimmungen entsprechen. Ein Hersteller muss auch bei der Wahl seiner Zutaten flexibel reagieren können.

    Eine Verbraucherin aus Düsseldorf wollte von IGLO-Langnese über das vegetarische Sortiment informiert werden. Sie bekam eine auf Allergiker zugeschnittene Liste zugeschickt, nach der die Geflügelprodukte und Fischgerichte frei von tierischen Bestandteilen sein sollen. Gestaunt hat auch Herr B. aus Tübingen: Laut einer Liste der Maggi-Produkte soll eine klare Fleischsuppe für Vegetarier geeignet sein. Sicherlich einige besonders krasse Beispiele. Solche Antworten sind für Menschen, die sich streng vegetarisch ernähren zwar sehr ärgerlich. Doch erwartet die Interessenvertretung der Vegetarier mit gerade mal 1600 Mitgliedern etwa, dass die Industrie sich auf eine kleine Minderheit einstellt? Armin Mück vom Vegetarier-Bund Deutschlands sieht das anders: Klarheit bei den Zutaten von Lebensmitteln sei im Interesse aller Verbraucher:

    Dafür, dass ein solcher Informationsbedarf besteht, spricht auch eine Forsa-Erhebung vom Ende der 90er Jahre: Danach essen immerhin neun Prozent der Befragten nie oder seltener als einmal im Monat Fleisch. Seit langem fordert der Vegetarier Bund deswegen eine Kennzeichnung von Lebensmitteln, die kein Fleisch einhalten. Bisher mit wenig Erfolg: Erst zwei verhältnismäßig kleine Lebensmittelhersteller kennzeichnen ihre Produkte freiwillig mit dem vom Vegetarierbund entwickelten Gütezeichen, dem sogenannten "V Label". Armin Mück hofft, dass hartnäckige Nachfragen der Verbraucher auch die großen Firmen in Zukunft dazu bringen, sich leichter in die Töpfe schauen zu lassen:

    Armin Mück: Wir wollen, dass die Konzerne Farbe bekennen, was sie in ihre Dosen reinpacken. Damit der Verbraucher entscheiden kann: esse ich das oder esse ich das nicht.