Es wird keinen Schlafsaal mit Paulchen-Panther-Bettwäsche geben, David Bennent wird vermutlich nicht, wie die Castorf-Schauspieler, in der Küche aushelfen, und wir werden nicht auf roten Samtkissen lungern, dieses Jahr in Recklinghausen. Denn es wird wieder ein bisschen ernsthafter zugehen auf dem grünen Ruhr-Hügel. Frank Hoffmanns Thespiskarren sieht klassischer aus als der seines Vorgängers. Viel mehr Gemeinsamkeiten als den Vornamen haben Hoffmann und Castorf nicht. "Ich streue breiter", sagt Hoffmann:
Ich versuche, das zu zeigen, was ich im Theater liebe. Ich liebe gute Texte, ich liebe große Schauspieler, ich liebe besonders interessante Regisseure. Ich liebe auch, wenn Klassiker sehr anders inszeniert werden. Ich mag sehr neue Autoren, neue Stücke. Ich mag das Off-Theater, was nicht kodifiziert ist. Auf der einen Seite der Klassiker Lessing, auf der anderen Seite Fringe - in dieser Spannweite situiere ich die Ruhrfestspiele 2005.
Dazwischen situiert sich so einiges, und das ist ein bisschen das Problem. Aber von vorn: Frank Hoffmann hat zwei Eckpfeiler für sein Recklinghausen 2005 eingeschlagen: auf der einen Seite der Klassiker, Lessing. Der vor allem soll wohl das Gewerkschaftspublikum zurückbringen, das vor Frank Castorf das Weite gesucht hat. Der Chef wird zur Eröffnung "Minna von Barnhelm" inszenieren, aus Berlin reisen drei schon etwas abgehangene, aber viel beachtete Produktionen an: Michael Thalheimers inzwischen kanonische "Emilia Galotti", Claus Peymanns "Nathan der Weise" und die "Juden" in der Inszenierung von George Tabori. Der andere Eckpfeiler ist das junge Theater: Die Deutsche Akademie der Darstellenden Künste in Frankfurt versammelt für das Festival "Dramen und Talente" deutschsprachige Aufführungen von und mit jungen Künstlern; es wird drei Uraufführungen von Stücken von Kerstin Specht, Helmut Krausser und Christoph Nußbaumeder geben. Mit diesem Programmpunkt könnte Frank Hoffmann den Mülheimer Theatertagen ins Gehege kommen.
Außerdem sind ausgewählte Inszenierungen der Edinburgher und Prager Fringe-Festivals eingeladen. Dieser Fokus auf junges Theater unterscheidet Hoffmanns Programm am ehesten von dem seines Vorvorgängers Hansgünther Heyme. "Kleiner Heyme" haben Hoffmann nämlich manche bei seiner Kür zum Festspielleiter genannt, weil er früher schon in Recklinghausen inszenierte - und tatsächlich gibt es eine Reihe Ähnlichkeiten im Programm: die, wenn auch weniger starke, europäische Ausrichtung, das Setzen auf große Namen - Hannelore Hoger, Isabelle Huppert, Angela Winkler - und leider auch eine Ähnlichkeit, die am Ende der langen Ära Heyme zum Problem wurde: Es fehlt die inhaltliche Klammer. Hoffmann begründet das mit ästhetischer Offenheit:
Es ist nicht der Versuch gemacht worden, alles in einer Farbe zu malen. Trotzdem versuche ich, dem Festival die Identität zu geben, eine Unverwechselbarkeit. Die kann aber nicht darin bestehen, dass alles nur eine Farbe hat, nur eine Realität beschreibt. Wir leben in einer Welt, die völlig aufgebrochen ist und wir können nicht versuchen, mit einer Ästhetik, diese kaputte Welt zu beschreiben.
Die Kehrseite von Offenheit ist aber leider Beliebigkeit. Und wie sich Kabarett, Hiphop, Kinderoper und das Abschlusskonzert der "Prinzen" zu einer Identität fügen sollen, ist auf dem Papier erstmal schwer vermittelbar. Vielleicht hängt Hoffmann die Messlatte auch selbst etwas zu hoch, denn nach drei Monaten Vorbereitungszeit und bei heftig gekürzten finanziellen Mitteln hat wohl niemand ein bis ins Detail schlüssiges Programm erwartet. Wer Frank Hoffmann schon nach dieser Saison rechtet und richtet, der tut ihm den gleichen Tort an wie die Festspielgesellschafter Frank Castorf im vergangenen Jahr.
Aber eine Vision, eine Vorstellung davon wo es hingehen soll mit einem der wichtigsten deutschen Theaterfestivals, die hätte man sich schon gewünscht. Und die ist Frank Hoffmann bisher schuldig geblieben. So schrillt die Totenglocke den Ruhrfestspielen zwar nicht mehr so grell wie nach dem Castorf-Rauswurf. Doch gedämpft ist sie immer noch vernehmbar.
Ich versuche, das zu zeigen, was ich im Theater liebe. Ich liebe gute Texte, ich liebe große Schauspieler, ich liebe besonders interessante Regisseure. Ich liebe auch, wenn Klassiker sehr anders inszeniert werden. Ich mag sehr neue Autoren, neue Stücke. Ich mag das Off-Theater, was nicht kodifiziert ist. Auf der einen Seite der Klassiker Lessing, auf der anderen Seite Fringe - in dieser Spannweite situiere ich die Ruhrfestspiele 2005.
Dazwischen situiert sich so einiges, und das ist ein bisschen das Problem. Aber von vorn: Frank Hoffmann hat zwei Eckpfeiler für sein Recklinghausen 2005 eingeschlagen: auf der einen Seite der Klassiker, Lessing. Der vor allem soll wohl das Gewerkschaftspublikum zurückbringen, das vor Frank Castorf das Weite gesucht hat. Der Chef wird zur Eröffnung "Minna von Barnhelm" inszenieren, aus Berlin reisen drei schon etwas abgehangene, aber viel beachtete Produktionen an: Michael Thalheimers inzwischen kanonische "Emilia Galotti", Claus Peymanns "Nathan der Weise" und die "Juden" in der Inszenierung von George Tabori. Der andere Eckpfeiler ist das junge Theater: Die Deutsche Akademie der Darstellenden Künste in Frankfurt versammelt für das Festival "Dramen und Talente" deutschsprachige Aufführungen von und mit jungen Künstlern; es wird drei Uraufführungen von Stücken von Kerstin Specht, Helmut Krausser und Christoph Nußbaumeder geben. Mit diesem Programmpunkt könnte Frank Hoffmann den Mülheimer Theatertagen ins Gehege kommen.
Außerdem sind ausgewählte Inszenierungen der Edinburgher und Prager Fringe-Festivals eingeladen. Dieser Fokus auf junges Theater unterscheidet Hoffmanns Programm am ehesten von dem seines Vorvorgängers Hansgünther Heyme. "Kleiner Heyme" haben Hoffmann nämlich manche bei seiner Kür zum Festspielleiter genannt, weil er früher schon in Recklinghausen inszenierte - und tatsächlich gibt es eine Reihe Ähnlichkeiten im Programm: die, wenn auch weniger starke, europäische Ausrichtung, das Setzen auf große Namen - Hannelore Hoger, Isabelle Huppert, Angela Winkler - und leider auch eine Ähnlichkeit, die am Ende der langen Ära Heyme zum Problem wurde: Es fehlt die inhaltliche Klammer. Hoffmann begründet das mit ästhetischer Offenheit:
Es ist nicht der Versuch gemacht worden, alles in einer Farbe zu malen. Trotzdem versuche ich, dem Festival die Identität zu geben, eine Unverwechselbarkeit. Die kann aber nicht darin bestehen, dass alles nur eine Farbe hat, nur eine Realität beschreibt. Wir leben in einer Welt, die völlig aufgebrochen ist und wir können nicht versuchen, mit einer Ästhetik, diese kaputte Welt zu beschreiben.
Die Kehrseite von Offenheit ist aber leider Beliebigkeit. Und wie sich Kabarett, Hiphop, Kinderoper und das Abschlusskonzert der "Prinzen" zu einer Identität fügen sollen, ist auf dem Papier erstmal schwer vermittelbar. Vielleicht hängt Hoffmann die Messlatte auch selbst etwas zu hoch, denn nach drei Monaten Vorbereitungszeit und bei heftig gekürzten finanziellen Mitteln hat wohl niemand ein bis ins Detail schlüssiges Programm erwartet. Wer Frank Hoffmann schon nach dieser Saison rechtet und richtet, der tut ihm den gleichen Tort an wie die Festspielgesellschafter Frank Castorf im vergangenen Jahr.
Aber eine Vision, eine Vorstellung davon wo es hingehen soll mit einem der wichtigsten deutschen Theaterfestivals, die hätte man sich schon gewünscht. Und die ist Frank Hoffmann bisher schuldig geblieben. So schrillt die Totenglocke den Ruhrfestspielen zwar nicht mehr so grell wie nach dem Castorf-Rauswurf. Doch gedämpft ist sie immer noch vernehmbar.