Doch die Stimmung von Landwirt Uwe Hansen aus Niebüll entsprach nicht ganz dem Wetter. Als er 1990 den Betrieb übernahm, war er frohen Mutes. Heute sei sein Deckungsbeitrag pro Rind um gut die Hälfte gesunken. Zwar haben die Schlachtungen im ersten Halbjahr dieses Jahres wieder um 13 Prozent zugenommen und auch die Jungbullenpreise sind um 18 Prozent gegenüber dem Vorjahresniveau gestiegen. Doch davon profitieren nicht alle Rindermäster in gleicher Weise. Vor allem diejenigen nicht, die wie Uwe Hansen die männlichen Kälber aus der Milchviehproduktion mästen. Deshalb gibt der Landwirt seine Tiere in den Lebendviehexport. Aus gutem Grund, wie Dr. Dierk Boie, Vorstandssprecher der CG Nordfleisch, betont:
Im Moment erleben wir in diesem Sektor einen Boom, weil die Preise für die Jungbullen insgesamt so sind, dass wir sie als Fleisch im Moment in Drittländer nicht vermarkten können. Aber Lebendviehexporte rechnen sich durch die Exporterstattung noch recht gut.
Die traditionelle Weidemast wird damit nicht mehr honoriert. Obwohl es eigentlich diejenigen Tiere sind, die sich der Verbraucher im Idealfall vorstellt. Dierk Boie:
Die Problematik ist, dass zwischen dem, was der Verbraucher sagt, was er will, und zwischen dem, wie er handelt, liegen leider Welten. Und Fakt ist, dass der Weidebulle heute ein Produkt ist, das ich in der Regel nicht in den privaten Frischfleischkonsum vermarkten kann, sondern es ist eine Ware, die wir eigentlich nur in den Export schicken können. Das heißt, die Weidemast in der klassischen Form, wie wir sie an der Westküste finden, ist überaltert, es sei denn, der Staat zahlt irgendwelche Differenzbeiträge an die Landwirtschaft.
Das ist kaum zu erwarten. Denn die Osterweiterung steht vor der Tür. Dabei haben die deutschen Rindermäster aus der Sicht von Reimer Böge, CDU-Agrarexperte im EU-Parlament, unter bestimmten Bedingungen durchaus Chancen.
Die Frage der Wettbewerbsfähigkeit, der Leistungsfähigkeit hängt natürlich auch davon ab, welche nationalen und regionalen Rahmenbedingungen geschaffen werden im Zuge dieses internationalen Wettbewerbs. Das heißt, die Betriebe müssen Freiräume haben, ein Stück von der Leine gelassen werden. Dann können sie es packen.
Dabei müssen die Rindermäster nüchtern berücksichtigen, dass auf dem Markt nicht zu wenig, sondern zuviel Rindfleisch angeboten wird. Dies ist auch für Peter Harry Carstensen, designierter Agrarminister im Kompetenzteam von Edmund Stoiber, bei der anschließenden Diskussion der Landwirte und Agrarexperten auf der Rindermastbereisung im deutsch-dänischen Grenzgebiet das schwierigste Problem in der EU.
Wir haben keine Lösung gefunden in der Agenda 2000. Es passt nicht mit der Produktion und dem Verzehr. Wir haben eine bestimmte Menge an männlichen Kälbern, die jedes Jahr anfällt. Und es besteht wirklich die Sorge, dass die Rindfleischproduktion zu einer Abfallproduktion wird. Wir müssen Vertrauen bei den Verbrauchern schaffen. Aber wir müssen sicher auch im Bereich der Prämien Anreize schaffen, dass diese Bullen nicht zu schwer werden, weil eben bei einer bestimmten Anzahl von Tieren noch mehr Fleisch auf dem Markt kommt.
Deswegen wurde darüber diskutiert, ob es möglich ist, Tiere mit einem geringeren Gewicht auf den Markt zu bringen. Das heißt, die Bullen würden nicht im Schnitt 16 bis 18 Monate alt sein, sondern jünger. Von Vermarktungsseite wurde vehement widersprochen. Auch Rindermäster Hans Karstens aus Dithmarschen, der mit seinen rotbunten Bullen Erfolge erzielt hat, schüttelte den Kopf:
Meinen Betrieb habe ich anders aufgebaut. Bin in eine Nische gegangen, wo wir noch eine Rasse halten, die eine Fleischqualität und eine Masteigenschaft hat, die heute auch noch für den Markt ein marktgerechtes Produkt produziert. Ein Rind hat nun einmal nur eine Reife ab einer gewissen Altersklasse und ab einer gewissen Fleischfülle. Aber darunter gibt es aus Vermarktungssicht keine Möglichkeit.