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Noch rechter als die PiS
Russlandfreundliche EU-Gegner im polnischen Sejm

Bei allen fragwürdigen Eingriffen in den Polnischen Rechtsstaat. Einige Grundkonstanten hat die PiS nicht angetastet. Etwa die enge Partnerschaft zu den USA. Nun ist eine Partei im Parlament, die nicht nur für einen Austritt aus der EU steht, sondern auch einen starken pro-russischen Flügel hat.

Von Florian Kellermann | 22.10.2019
Der EU-Abgeordnete Janusz Korwin-Mikke.
Bald Alterspräsident im Sejm? Janusz Korwin-Mikke von der sogenannten „Konföderation“ (dpa / PAP / Radek Pietruszka)
Janusz Korwin-Mikke wird nach 26 Jahren wieder polnischer Abgeordneter. Wenn sich seine Kollegen an die bisherigen Gepflogenheiten halten, dann wird er sogar Alterspräsident des Sejm. Eine groteske Situation, denn der 76-Jährige bezeichnet sich als Monarchist. Für die Demokratie hat er nur Spott übrig. Das bewies er unter anderem als EU-Abgeordneter.
Auch in Fragen der Außenpolitik gibt sich Korwin-Mikke für polnische Verhältnisse extravagant. Polen müsse nicht in der Nato bleiben und auch kein enges Verhältnis zu den USA pflegen, sagte er dem rechtsgerichteten Privatradio "wnet.fm":
"Wir müssen uns alle Möglichkeiten offen halten. Wir sollten den Amerikanern sagen: Wenn ihr dieses oder jenes nicht macht, dann halten wir uns eben an Russland. Wir könnten mit Russland einen Nichtangriffspakt schließen. Tatsache ist, dass wir im Moment eine Bedrohung für Russland darstellen. Die Flugzeuge vom Typ F-35, die wir in den USA kaufen wollen, sind für den Angriff konstruiert, nicht für die Verteidigung."
Souveränität als oberstes Prinzip
In zwei Punkten waren sich die Parteien im Sejm bisher einig: Die USA sind der wichtigste Partner in Verteidigungsfragen. Und Russland stellt eine immer größere Bedrohung dar.
Die Partei von Korwin-Mikke, die sogenannte "Konföderation", ist anderer Ansicht. Der Politologe Piotr Buras von der Denkfabrik "European Council on Foreign Relations" in Warschau:
"Ein völlig ahistorischer Gedanke oder ein absurder Gedanke: Man könne im 21. Jahrhundert als hundertprozentig souveräner Staat agieren und erfolgreich sein. Die Frage der Souveränität wird von der Konföderation als das ultimative Ziel betrachtet. Man muss sich von allen möglichen Bündnissen befreien."
Ein derart isoliertes Polen - das würde Russland in die Hände spielen, sagen Beobachter. Einige Politiker der Konföderation zeigen sich denn auch offen prorussisch. Korwin-Mikke reiste auf die von Russland annektierte Krim. Polen solle die Halbinsel als russisches Staatsgebiet anerkennen, forderte er. Ein anderer Spitzenpolitiker der Partei traf in Moskau einen russischen Journalisten, der vor vier Jahren wegen Spionageverdacht aus Polen ausgewiesen worden war.
Drei rechte Gruppen speisen die neue Partei
Die "Konföderation" ist aus drei ultrarechten Organisationen hervorgegangen. Die größte von ihnen ist die sogenannte "Nationale Bewegung". Ihr Anführer Robert Winnicki erklärte in Interviews, die EU sei für Polen gefährlicher als Russland. Denn:
"Die EU ist von dieser Krankheit befallen, dieser linksliberalen Haltung und das lässt sich wohl nicht mehr ändern. Sie muss durch eine andere Form der Zusammenarbeit ersetzt werden, der Zusammenarbeit von souveränen Nationalstaaten."
Treibt die Partei die PiS weiter nach rechts?
Austritt aus der EU, Nähe zu Russland und extreme Positionen in weltanschaulichen Fragen. Die Konföderation will Abtreibung ebenso verbieten wie Demonstrationen für die Rechte von gleichgeschlechtlichen Paaren. Hinzu kommt eine feindselige Haltung gegenüber Immigranten, auch den Arbeitskräften aus der Ukraine.
Damit werde die "Konföderation" im Parlament zu einem Problem für die rechtskonservative Regierungspartei "PiS". Sie habe plötzlich einen Konkurrenten rechts von sich, sagt Piotr Buras:
"Für die PiS wird es langfristig, strategisch sehr wichtig sein, sich einerseits in der Mitte der Gesellschaft zu behaupten, aber andererseits nicht zuzulassen, dass ein Teil der Gesellschaft in Richtung der Konföderation abdriftet. Aber wie dieser Spagat zu meistern ist, ist natürlich eine gute Frage."
An manchen Stellen könnte die PiS den Wählern der "Konföderation" entgegenkommen. Wenn schon nicht prorussisch könnte sie sich zumindest noch kritischer gegenüber dem Nachbarland Ukraine zeigen. Dort wurde nicht zufällig sehr besorgt über den Wahlerfolg der "Konföderation" berichtet.